Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast
wieder mir zu. »Kinder! Was wissen die schon?«
Ich ignorierte ihn und überflog den letzten Absatz. Dann klappte ich das T&J zu und schob es ihm über den Tisch hin. »Bitte schön. Fertig.«
»Na?«, sagte er. »Was hast du heute gelernt?«
»Du meinst, außer der Tatsache, dass du nach Pfeffersalami stinkst?«
»Vielen Dank.«
»Keine Ursache.«
»Was hast du noch gelernt?«
»Dass deine M…«
»Sag jetzt nicht, dass meine Mutter nach Pfeffersalami stinkt.«
Ich zog eine Grimasse. »Sie tut es aber.«
Er seufzte und deutete auf meine Kette. »Die gefällt mir übrigens. Das wollte ich dir schon lange sagen.«
Nachdenklich drehte ich die Goldkette zwischen den Fingern.
Er sah mich eine Weile schweigend an. »Woher hast du sie?«
Ich antwortete nicht.
»Heikles Thema?«
»Ich möchte zur Brücke«, platzte ich heraus.
»Wie bitte?« Patrick lehnte sich erschrocken zurück. »Und wozu, wenn ich fragen darf?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube einfach, dass ich dazu bereit bin.«
Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Was ist?« Ich spürte, wie meine Wangen zu glühen begannen.
»Ich wundere mich nur«, sagte er mit einer Extraportion Sarkasmus. »Gefällt es dir eigentlich zu leiden?«
Ich starrte ihn böse an.
»Mal ehrlich? Ist das so?«
»Nein«, murmelte ich.
Er zog eine Augenbraue hoch. »Das ist witzig. Ich glaube nämlich, das tut es doch. Ich glaube, du liebst es zu leiden.«
»Und ich glaube, du bist ein Idiot.«
»Bin ich das?«
»Ja«, sagte ich. »Ein riesengroßer sogar.«
»Idiot oder nicht, du wirst nicht hingehen. Du bist noch nicht bereit.«
»Ach nein?«, schoss ich zurück. »Wer sagt denn, dass du das entscheiden kannst?«
»Ich«, antwortete er, wobei er sich zu mir vorbeugte. »Ich sage das. Seit du dich entschlossen hast, alle Logik und Vernunft über Bord zu werfen.«
»Ich will nur …«
»Was?«, unterbrach er mich. »Was willst du? Sie wieder zusammen sehen? Sie glücklicher sehen ohne dich? Glaubst du wirklich, du verkraftest das?« Er lehnte sich zurück. »Ich glaube es jedenfalls nicht.«
»Ich kann mich nicht erinnern, dich nach deiner Meinung gefragt zu haben«, motzte ich.
»Nun, ich kann mich nicht daran erinnern, dass du mich gefragt hättest, als du dich entschieden hast, monatelang hier herumzusitzen und Trübsal zu blasen. Denn das war für mich wirklich ein Riesenspaß.«
Monatelang.
Er hatte recht. Die Zeit verstrich hier beinahe unmerklich. Ein schäbiger kleiner Plastikweihnachtsbaum stand noch im Eckfenster des Slice, obwohl Weihnachten längst vorbei war. Ich war nun schon so lange tot, dass mich die Menschen zu Hause wahrscheinlich bereits zu vergessen begannen. Und ich stellte mir vor, wie jüngere Schüler in den Jahrgangsstufen nachrückten und im Highschool-Jahrbuch mein Foto sahen. Wahrscheinlich kam ich ihnen ein bisschen aus der Mode gekommen vor. Abgelaufen. Wie meine pinkfarbene, hautenge Jeans, die ich in der achten Klasse voller Stolz getragen hatte und jetzt niemals mehr anziehen würde.
Würg!
»Oh«, giftete ich zurück. »Bitte verzeih mir, wenn ich dir den Spaß verderbe. Und das, wo du offensichtlich so schrecklich viel zu tun hast.«
Er warf die Hände in die Luft. »Was hast du vor? Willst du die armen Kinder vielleicht an die Bahngleise ketten? Sie im offenen Meer ertränken? Oder in einen abgelegenen Graben werfen?«
Ich schenkte ihm ein breites Grinsen. »Wie schön, dass wir uns endlich verstehen.«
»Komm schon«, seufzte er. »Ich weiß, dass du dich betrogen fühlst und am Boden zerstört bist und alles, aber glaubst du nicht, dass es an der Zeit wäre, die Sache auf sich beruhen zu lassen? Nach dem Motto ›leben und leben lassen‹?«
»Ich soll die Sache auf sich beruhen lassen?«, fragte ich. »Wie kannst du so etwas überhaupt sagen? Du weißt, was sie mir angetan haben!« Ich schüttelte fassungslos den Kopf. »Es ist mir egal, was du denkst, ich werde sie damit jedenfalls nicht davonkommen lassen. Sie haben eine Strafe verdient.«
»Hör zu, du Unglücksrabe.« Patrick sah mich streng an. »Gegen einen kleinen Denkzettel habe ich überhaupt nichts, aber du hattest deinen Spaß. Was vorbei ist, ist vorbei. Das wirst du irgendwann akzeptieren müssen, und bis dahin werde ich deinen Hang zur Stalkerin und deine wütenden Hormone nicht weiter unterstützen.« Er wies mit einem Kopfnicken auf das Buch. »Du hast nichts gelernt, nicht wahr?«
»Oh«,
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