Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Titel: Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Rothenberg
Vom Netzwerk:
sagte ich, »im Gegenteil. Ich habe viel gelernt. Zum Beispiel, dass es bei der Interaktion mit Objekten weniger darum geht, die Kontrolle über den Gegenstand zu erlangen, sondern vielmehr darum, sich selbst zu kontrollieren. Und jeder Gegenstand, der auf der Erde gefunden und gesammelt wird, wird zum ›Seelen‹-Besitz seines Finders. Da hast du’s.«
    Das war tatsächlich eine ziemlich coole Regel, die wahrscheinlich das spurlose Verschwinden vieler Socken und Diamanten erklären konnte.
    »Wie clever«, schnaubte Patrick.
    »Außerdem habe ich gelernt, dass man nie auf leeren Magen beamen sollte.« Ich griff nach meinem Softeis und schleckte extra unanständig und laut schmatzend den Löffel ab. »So, jetzt, nachdem wir das geregelt hätten …«
    »Nichts jetzt«, erwiderte er. »Zum letzten Mal, du wirst nicht zurückgehen.«
    »Zum letzten Mal, du bestimmst nicht über mich.«
    »Wer sagt das?«
    »Du selbst hast das gesagt. Ich bestimme über mich, erinnerst du dich? Ich bin bereit, wenn ich sage, dass ich bereit bin. Du willst mich nicht begleiten? Schön! Ich brauch dich nämlich nicht.« Ich nahm noch einen großen Löffel Eis und verwöhnte meine Zunge mit schokoladiger Süße. »Ich brauche niemanden.«
    »Wow.« Patrick schüttelte den Kopf. »Das war ziemlich herzlos, Ricotta.«
    »Paradox, nicht wahr?«
    »Ach, was soll ’ s«, sagte Patrick. Er schnappte sich mein Softeis und löffelte es in Windeseile aus. »Nirgends ist es so schön wie zu Hause.«

22
    every time I see you falling,
    I get down on my knees and pray

    Wenn man von einem megahohen Ort wie etwa einem Flugzeug, einem Wolkenkratzer oder einer Brücke herunterfällt, dann hat man, so heißt es, gar keine Zeit, in Panik zu geraten. Weil man gar nicht richtig verarbeiten kann, was beim Fallen passiert. Und bis man unten ankommt (du lieber Himmel!), ist man bereits tot vom Schock des Fallens.
    Soll ich euch was sagen, Leute? Das ist eine Lüge.
    Als ich diesmal in die Tiefe fiel, schienen sich die Sekunden zu dehnen. Ich wusste, dass mir der Wind um die Ohren pfiff, aber ich konnte ihn nicht hören. Ich wusste, dass meine Glieder sich im leeren Raum bewegten, aber ich konnte es nicht spüren. Ich wusste, dass die dunkle, betonharte Meeresoberfläche auf mich zuraste, aber ich hatte zu viel Angst, um hinzusehen. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie etwas so Furchterregendes erlebt.
    Stell dir vor, es sei ein Spiel, rief mir Patrick zu. Dann ist es auch eines.
    Ein SPIEL ? Bist du verrückt?!
    »Jetzt pass mal auf, Ricotta!«, rief er, beamte sich vor mich und schnitt mir den Weg ab.
    »Hey!«, schrie ich. »Pass doch auf!«
    Plötzlich war mein alter Wettkampfeifer geweckt.
    Das hättest du lieber sein lassen! Jetzt bist du erledigt – ein toter Mann.
    Ich streckte die Arme nach vorn und schoss wie ein Pfeil abwärts, vorbei an orangefarbenen Stahlseilen und riesigen Stahlträgern mit Nieten, groß wie mein Kopf.
    »Und noch was!«, rief ich, als ich ihn fast erreicht hatte. »Nenn mich nicht Ricotta!«
    Der Ozean raste auf uns zu, kam näher und näher.
    Neunzig Meter.
    Dreißig Meter.
    »Wahoooo!«, jubelte Patrick. »Cheeseburger, ich spür die Gier! Die Gier nach Tempo in mir!«
    Zwanzig Meter.
    »Los geht’s!« Er zog die Knie an den Körper und presste das Kinn auf die Brust. »Wasserbombe!!«
    Jetzt war er vollkommen übergeschnappt. Wir fielen viel zu schnell. Vom Kunstspringen wusste ich, wie übel es ausgehen konnte, wenn man die Wasseroberfläche nicht genau im richtigen Winkel traf. Ich versuchte, meinen Körper so gerade und vertikal wie möglich zu halten. Kopf nach unten, Arme zusammen, die Zehen zum Himmel.
    Drei Meter.
    Ich kniff die Augen zusammen und machte mich für den Aufprall bereit.
    Ein Meter.
    Für einen kurzen Moment hörte ich nichts als das Pochen meines Herzens – oder vielmehr die Erinnerung daran. Dann sauste ich plötzlich durch ein riesiges Wurmloch, einen Wirbel aus Planeten und Sternen und dem zeitlosen Ozean, bis ich kopfüber in die schwarze, sternenlose Nacht tauchte. Eine intergalaktische Waschmaschine, die auf Schleudern geschaltet war.
    Doch als ich mich der alles verschlingenden Dunkelheit ergab, entzündete sich in meinem Hirn von Neuem ein alles dominierender, brennender Gedanke.
    Jakob.
    Wenn ich ihn nicht haben konnte, sollte ihn niemand haben.

    »Hey, Ricotta, lebst du noch? Na ja, nicht leben im wörtlichen Sinn … Ach, du weißt, was ich meine.«
    Ich hielt mir den Bauch und

Weitere Kostenlose Bücher