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Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Titel: Weit Gegangen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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Plastikumhüllung von einem Fahrrad entfernen soll – dass ein derartiger Ort Angriffen, Hungersnöten und anderen Bedrängnissen hilflos ausgeliefert ist. Und da ist einiges dran. In mancherlei Hinsicht haben wir uns nur schwer anpassen können. Und ja, wir lebten in einer abgeschiedenen Welt. Dort gab es kein Fernsehen, musst du wissen, und du kannst dir bestimmt unschwer vorstellen, welche Auswirkungen das auf dein Gehirn haben würde, das doch ständige Stimulation braucht.
    Wenn mein Traumtag in den Nachmittag übergeht, lehne ich mich an meine Schwester Amel, die dabei ist, Korn zu mahlen. Das habe ich oft getan, weil das Anlehnen und das, was damit einherging, mir große Freude bereiteten. Während sie auf dem Boden hockt, lehne ich mich an sie, Rücken an Rücken. – So kann ich nicht arbeiten, du kleiner Affe, sagt sie.
    – Ich kann nicht aufstehen, sage ich. – Ich schlafe.
    Sie roch so gut. Du weißt vielleicht nicht, wie das ist, eine wohlriechende Schwester zu haben, aber es ist himmlisch. Also lehne ich mich an sie, tue so, als ob ich schlafe, schnarche sogar, bis sie sich nach hinten wirft und ich durch die Luft fliege.
    – Los, geh Amath besuchen, knurrt sie.
    Gute Idee! Ich hege besondere Gefühle für Amath. Amath ist so alt wie meine Schwester, viel zu alt für mich, aber der Vorschlag, sie zu besuchen, kommt mir sehr gelegen, und wenige Minuten später sehe ich sie im Hof ihrer Familie sitzen. Sie ist allein und siebt Hirse. Sie sieht erschöpft aus, nicht nur von der Arbeit, sondern auch, weil sie sie allein machen muss.
    Sobald ich sie erblicke, höre ich auf, gleichmäßig zu atmen. Andere Mädchen in ihrem Alter achten nicht darauf, was ich sage oder tue. Für sie bin ich ein Junge, ein Kind, ein Eichhörnchen. Aber Amath ist anders. Sie hört mir zu, als wäre ich ein bedeutender Mann, als seien meine Worte von Bedeutung. Und sie ist ein ungewöhnlich schönes Mädchen, mit hoher Stirn und kleinen glitzernden Augen. Wenn sie lächelt, zeigt sie ihre Zähne nicht. Sie ist das einzige Mädchen, das ich kenne, das so lächelt – und ihr Gang! Sie federt beim Gehen seltsam nach, bleibt länger auf den Fußballen als andere, was zu einem fröhlichen Wippen führt, das ich gelegentlich selbst ausprobiert habe. Wenn ich sie nachahme, fühle ich mich auch beschwingter, obwohl mir nach einer Weile die Waden wehtun. An den meisten Tagen trägt Amath ein leuchtend rotes Kleid mit dem Bild eines milchweißen Vogels darauf und englischen Buchstaben, die wie in einen Fluss gestreute Blumen drum herum verteilt sind. Ich weiß, dass Amath und ich niemals heiraten können, denn bei ihren begehrenswerten Eigenschaften wird sie längst vergeben sein, bis ich so weit bin. Schon jetzt hat sie fast das nötige Alter erreicht, und wahrscheinlich ist sie innerhalb eines Jahres verheiratet. Doch bis dahin kann sie noch mir gehören. Obwohl ich immer zu schüchtern war, um mich lange mit ihr zu unterhalten, ging ich einmal, in einem Anflug von übersteigertem Mut oder Sorglosigkeit, einfach zu ihr, und das wird nun Teil meines Lieblingstags.
    – Achak! Wie geht’s dir, junger Mann?, fragt sie gut gelaunt.
    Sie nannte mich oft junger Mann, und wenn sie das tat, wusste ich gleich in jeder Hinsicht, was es bedeutet, ein Mann zu sein. Ich war ganz sicher, es zu wissen.
    – Es geht mir gut, Amath, sage ich, mit möglichst förmlichem Tonfall, was Amath imponiert, wie ich aus Erfahrung weiß. – Kann ich dir helfen? Ich hätte Zeit, falls du Hilfe brauchst. Falls ich dir irgendwie helfen kann …
    Ich weiß, dass ich ins Plappern komme, aber ich kann es nicht ändern. Rasch stampfe ich mit einem Fuß auf, würde mir am liebsten die Zunge aus dem Mund schneiden. Jetzt muss ich nur noch eine Möglichkeit finden, meinen Gedanken zu Ende zu bringen, und dann aufhören.
    – Kann ich dir in irgendeiner Weise behilflich sein?, frage ich.
    – Du bist so ein Gentleman, sagt sie und behandelt mich wie immer mit großer Ernsthaftigkeit. – Du kannst mir tatsächlich helfen. Würdest du mir etwas Wasser holen? Ich muss bald anfangen zu kochen.
    – Ich hole welches vom Fluss!, sage ich, und meine Füße sind schon unruhig, wollen losrennen.
    Amath lacht und verbirgt dabei ihre Zähne. Habe ich sie mehr geliebt als alle anderen? Kann es sein, dass ich sie mehr geliebt habe als meine eigene Familie? Mir wurde oft klar, dass ich sie jedem anderen Menschen vorziehen würde, selbst meiner Mutter. Sie verwirrte mich,

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