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Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Titel: Weit Gegangen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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verlangt, ich solle sie anrufen, damit ihr und mir klar wird, dass wir füreinander bestimmt sind. Ich schaue mir das Foto an, das er als Anlage beigefügt hat, und sie ist durchaus attraktiv. Sehr langes Haar, ein ovales Gesicht, ein V-förmiges Lächeln, schöne Zähne. Diese Frau, so versichert mir Samuel, würde sofort die Chance ergreifen, nach Amerika zu kommen, um meine Frau zu werden.
    Da ich ohnehin schon online bin, beschließe ich, eine E-Mail an alle zu schicken, deren Adressen ich im Kopf habe. Ich würde sie anrufen, aber sämtliche Telefonnummern sind in meinem gestohlenen Handy gespeichert. Ich habe nur wenige auswendig gelernt. Ich erinnere mich an die E-Mail-Adressen von Gerald und Anne, von Mary Williams, Phil, Deb Newmyer und Achor Achor – er wird die Nachricht an alle anderen weiterleiten. Inzwischen ist mir egal, wer davon erfährt.
    Hallo Freunde,
    ich möchte euch mitteilen, dass ich kürzlich in meiner Wohnung von zwei gefährlichen Personen überfallen wurde. Die Angreifer fragten, ob sie mein Telefon benutzen könnten, und als ich die Wohnungstür öffnete, bedrohten sie mich mit vorgehaltener Pistole, traten mich ins Gesicht, gegen die Stirn und in den Rücken, bis ich das Bewusstsein verlor. Sie nahmen mein Handy, die Digitalkamera, Scheckbücher und über fünfhundert Dollar in bar mit. Gott sei Dank haben sie mich nicht erschossen. Eine Zeit lang wurde ich von einem Jungen bewacht, von dem ich glaube, dass es ihr Sohn war, Michael.
    Da mein Handy weg ist, habe ich eure Telefonnummern nicht mehr. Bitte schickt sie mir, dann rufe ich euch morgen an. Ich brauche alle Informationen neu.
    Gott segne euren Tag.
    Mit freundlichen Grüßen
    Valentino Achak.
    PS: Bitte gebt mir auch eure Geburtsdaten.
    Ich gebe vor zu wissen, wer ich bin, Dorsetta, aber ich weiß es einfach nicht. Ich bin kein Amerikaner, und es wird immer schwerer, mich als Sudanesen zu bezeichnen. Ich habe nur sechs oder sieben Jahre dort gelebt, und ich war so klein, als ich das Land verließ. Aber ich kann in den Sudan zurückkehren. Vielleicht sollte ich das tun. Das Land hat deutlich zu verstehen gegeben, dass es die Lost Boys im Südsudan braucht. »Wer soll dieses Land neu aufbauen, wenn nicht ihr?«, fragt man. Es ist eine schier unglaubliche Wendung des Schicksals, dass wir Jungen, die wir von Lager zu Lager getrieben wurden und die Hälfte unserer Kameraden unterwegs verloren, jetzt als die Hoffnung unseres Volkes gelten. Obwohl wir Jobs haben wie diesen und um die 8,50 Dollar die Stunde verdienen, sind wir wesentlich reicher als die meisten Bürger unseres Landes. Wir leben in Wohnungen und Häusern, die höchstens einem Rebellenoffizier und seiner Familie vorbehalten gewesen wären. Und so gefährlich unsere Reisen auch waren, letztlich sind wir die bestausgebildete Bevölkerungsgruppe in der Geschichte des Südsudan.
    Meine Freunde, die den Sudan besucht haben, um ihre Familien wiederzusehen und sich eine Frau zu suchen, können es durchweg nicht fassen, wie primitiv das Leben dort ist. Ein Leben ohne Autos, Straßen, Fernseher, Klimaanlagen, Supermärkte. In meinem Heimatort gibt es kaum Strom, wenn jemand über Elektrizität verfügt, kommt sie von Generatoren oder Solargeräten. In größeren Städten gibt es inzwischen solche Annehmlichkeiten wie Satellitentelefone, doch alles in allem ist das Land viele Hundert Jahre hinter dem Lebensstandard zurück, an den wir inzwischen gewöhnt sind. Ein Mann, den ich kenne, trank Wasser aus dem Fluss, wie alle das tun, und lag dann eine Woche lang im Bett und hatte das Gefühl, alles zu erbrechen, was er in einem Jahr gegessen hatte. Vielleicht hat unsere Zeit in Amerika uns ja geschwächt.
    Was hatte mich bloß geritten, Dorsetta, so kurz nach meinem Unfall schon wieder in ein Fahrzeug zu steigen, diesmal, um nach Kitale zu fahren? Noch immer tat mir alles weh, und ich hatte kein großes Verlangen danach, wieder auf dieser Straße unterwegs zu sein, aber die Fahrt war seit Monaten geplant, und ich konnte die Jungen nicht enttäuschen. Dreißig von ihnen, zwei Mannschaften von Neunjährigen, sollten in Kitale gegen dortige Teams antreten. Üblicherweise handelte es sich dabei um Freundschaftsspiele, unsere Jungen waren gegen die kenianischen Mannschaften chancenlos. Aber es ging nicht darum zu gewinnen, es ging darum, aus dem Lager rauszukommen, und so kam es, dass ich am 5. September, nur wenige Wochen nach dem Unfall, wieder in einen Bus stieg.
    Diesmal handelte es

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