Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)
von Trockenperioden, die schließlich von heftigen, flutartigen Regenfällen abgelöst werden.
So weit, so normal.
Doch Länge und Intensität der Dürreperioden und der anschließenden Fluten, sie haben sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft. »Jahrhundertdürren«, »Jahrhundertfluten« – plötzlich gibt es sie alle paar Jahre. Für den größten Teil der Wissenschaftler ist klar: Von Menschen verursachter Klimawandel ist für die Eskalation der natürlichen Wetterextreme verantwortlich. Trotzdem spaltet kaum ein Thema die Bevölkerung in Australien so wie die Frage, ob der Einfluss des Menschen auf die Natur tatsächlich so groß ist, so groß sein kann. Während in Europa heute jedes Kind über Klimawandel Bescheid weiß, dominieren in Australien Klimawandelskeptiker und -leugner die Debatte.
Es brauchte den heißesten Sommer in der Geschichte – Januar 2013 –, es brauchte die höchsten je in Australien gemessenen Tagestemperaturen von über 50 Grad, bis es wissenschaftliche Berater der australischen Regierung zum ersten Mal wagten, öffentlich einen Zusammenhang zwischen den Wetterextremen und dem Klimawandel zu ziehen. Die globale Erwärmung, so international anerkannte Experten, sei mit ein Grund für den »wütenden Sommer« gewesen. »Klimawandel verschärft die Gefahren für Waldbrände«, so auch Professor Tim Flannery, der Präsident der Klimakommission. Doch diese Schreckensbotschaft wurde einmal mehr abgeschmettert – von den üblichen Kritikern. Von einem ganzen Heer konservativer Kommentatoren, von Politikern, von der australischen Rohstoffindustrie, einem der größten Verursacher und Exporteure von Klimagasen auf der Welt. Zuoberst auf der Liste der Schuldigen aber stehen die Medien. Ich lese: »Von 800 Artikeln zum Thema ›Wetter‹, die in australischen Zeitungen während der heißesten Woche im Januar 2013 veröffentlicht wurden, diskutierten nur gerade zehn die Problematik der globalen Erwärmung.« Die offensichtliche Manipulation der öffentlichen Meinung zu einem Problem, das langfristig die Existenz der Nation bedroht, und die daraus folgende Ignoranz weiter Teile der Bevölkerung – sie sollten mich nicht nur beruflich beschäftigen, sondern zunehmend auch ganz privat. Nicht nur wird in Zukunft die harte Arbeit auf dem Land bei den steigenden Temperaturen noch härter. Die Gefahr von Buschfeuern ist für uns nichts, über das man einfach nur in der Zeitung liest. Unser Grundstück besteht zum größten Teil aus trockenem Eukalyptuswald. Und unser Wohnwagen steht mittendrin.
KAPITEL 17
Mick ist am Telefon. »Ich gratuliere«, sagt er, »du bist stolzer Besitzer von 90 Schafen.« Ich steige ins Auto und fahre los. Ein Lastwagen hatte die Tiere auf unserer Wiese abgeladen. Ohne mich, wie eigentlich abgemacht, zu benachrichtigen, um mir Zeit zu geben, die Schafe in Empfang zu nehmen. Schafe, die von einem Laster geladen werden, sind in der Regel schwieriger zu kontrollieren als ein Sack Flöhe. Doch zum Glück war Mick zu Hause. Er konnte gerade noch alle Tore unseres Grundstücks schließen, sonst wären die Tiere wohl abgehauen. Mick ist wirklich der beste Nachbar, den man sich nur wünschen kann.
Zwei Stunden später werde ich von einer Herde gutgenährter Merinoschafe empfangen. Die Tiere grasen ruhig und schenken mir wenig Beachtung. Ein gutes Zeichen. Die Schafe sind offenbar gesund, haben keine Flöhe oder Würmer, die sie nervös machen würden. Und sie scheinen sich vom Stress des Transports gut erholt zu haben. 20 Euro habe ich pro Tier bezahlt, ein guter Preis. Bei hoher Nachfrage kann ein qualitativ hochwertiges Wollschaf durchaus auch für 50 Euro den Besitzer wechseln. Doch die Dürre zwingt viele Bauern dazu, ihre Herden zu verkleinern. Der Überschuss an Tieren geht auf die Wochenmärkte, von wo der Großteil direkt in die Schlachthöfe transportiert wird. Schafe, die nicht im Supermarkt enden, werden von einem Viehhändler im Auftrag eines Käufers ersteigert. Auch in Greentown findet jede Woche eine Auktion statt. Meine Schafe stammen, so stelle ich später fest, von einem Nachbarn. Hätte ich die Tiere direkt von ihm gekauft, hätte ich wohl nur etwa 10 Euro bezahlt. »You win some, you lose some. That’s life«, sagt Mick. Mal gewinnst du, mal verlierst du. So ist das Leben. Mick verkörpert totale Geduld und Gelassenheit. Bewundernswert. Den Mann kann nichts erschüttern, nichts ärgern. An einem Herzinfarkt wird er wohl nicht
Weitere Kostenlose Bücher