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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
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kann, wie wir in den kommenden Jahren erleben sollten, ein Premierminister die Nation sogar gegen den erklärten Willen der Öffentlichkeit in den Krieg führen. Und niemand kann wirklich etwas dagegen tun. John Howard folgte dem damaligen amerikanischen Präsidenten George W. Bush 2003 gegen den ausdrücklichen Wunsch der Bevölkerung in den Irak-Krieg. Er wusste genau: Sind australische Soldaten einmal vor Ort, wird jede Kritik am Einsatz als Kritik an den Truppen interpretiert. Und die Soldaten kritisieren will auch in Australien niemand.
    Politiker werden nicht müde, den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen, welch großen Einfluss das Volk auf die Gestaltung des Schicksals der Nation habe. »Wir haben die beste Demokratie der Welt« ist ein Spruch, den ich in 20 Jahren unzählige Male hören sollte, im Fernsehen, im Radio, bei Veranstaltungen – von Politikern. Aber nie vom Mann auf der Straße. Dort fühlt man sich sehr oft machtlos. Denn in Tat und Wahrheit stellen Bürger ihren Vertretern mit dem Wahlzettel alle drei Jahre einen Persilschein aus.
    Dabei diente die australische Demokratie sogar als Vorbild für andere Länder. Als sich die sechs ehemaligen britischen Kolonien 1901 zusammenschlossen, übernahm das neue Commonwealth of Australia ein schon von Kolonialparlamenten verfolgtes Grundprinzip: Jeder Bürger solle eine Stimme haben. Zu Beginn hatten die Kolonien – heute sind es die Bundesstaaten – noch ein wesentlich weniger demokratisches System gehabt: das Wahlrecht für Mitglieder gewisser sozialer Klassen, für Wohlhabende, Adlige, Grundstückbesitzer. Wie im Mutterland Großbritannien. Nach Amtsmissbrauch, Korruption und der Einschüchterung von Wählern kamen schließlich Reformen. Die Kolonie Victoria führte 1855 als Erste die geheime Wahl an der Urne ein, ein System, das als »die australische Wahl« rund um den Globus bekannt wurde und Schule machte. Südaustralien schaffte die Bevorzugung privilegierter Personen bei der Machtzuteilung ab und gab zuerst allen erwachsenen Männern eine Stimme, dann, im Jahr 1892, auch den Frauen. 1899 folgte Westaustralien dem Beispiel. Im Jahr 1902, ein Jahr nach der Gründung des modernen Bundesstaates Australien, erhielten alle Australierinnen das Recht, sich für das nationale Parlament aufstellen und wählen zu lassen. Außer die Aborigines natürlich. Die mussten noch sechs Jahrzehnte warten, bis sie die gleichen Rechte hatten wie nicht-indigene Australierinnen und Australier.
    Heute basiert das australische Regierungssystem, wie das vieler Länder, auf einem Zweikammernprinzip. Australien hat ein Repräsentantenhaus und einen Senat. Abgeordnete aus diesen beiden Kammern, die der Partei angehören, die am meisten Wählerstimmen erhält, bilden automatisch die Regierung – gelegentlich in Koalition mit Unabhängigen oder Mitgliedern kleinerer Parteien. Minister – selbst der Premierminister – bleiben trotz ihres Amtes Abgeordnete ihres Wahlkreises. Im Senat spielen Minderheitsparteien oft das Zünglein an der Waage. Das ist durchaus im Sinne des Erfinders: Das Oberhaus soll als Prüfstelle für Gesetzesentscheide dienen, die im Unterhaus getroffen werden. Im Gegensatz zu Mitgliedern des Repräsentantenhauses, die alle drei Jahre gewählt werden müssen, genießen Senatoren eine Amtsperiode von sechs Jahren.
    Auch sonst gleicht das australische System in vielem dem anderer Demokratien. Auch im australischen Regierungskabinett gelten Verschwiegenheit und Solidarität: Was sich dort abspielt, wie Entscheide getroffen werden, welche Minister dagegen opponierten, welche sie begrüßten, darf nicht nach außen dringen. Damit soll die Stabilität der Regierung garantiert werden. Wie die Vereinigten Staaten, aber im Gegensatz zum ehemaligen Mutterland Großbritannien hat Australien eine geschriebene Verfassung. Sie regelt die Verantwortlichkeiten der nationalen Regierung, die Außenbeziehungen, den Handel, die Verteidigung und die Einwanderung. Den Regierungen der einzelnen Bundesstaaten bleibt der Rest: Verkehr etwa, Ausbildung, Gesundheitsversorgung. »Das amerikanische Modell des Föderalismus, wie es James Madison zwei Jahrhunderte vorher beschrieben hatte, beeinflusste die Autoren der Verfassung stark«, erklärt Richard Eccleston, Politologieprofessor an der University of Tasmania. Doch trotz des Engagements von führenden Politikern, die sich für die politische Unabhängigkeit und Vielfalt der damaligen Kolonien einsetzten, »entwickelte sich

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