Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
Vom Netzwerk:
geholt und gesund gepflegt. Doch in diesem Fall ist jede Hoffnung vergeblich. Ich entsichere mein Gewehr und halte das Ende des Laufs an den Kopf des Kängurus. »Sorry«, murmle ich und drücke ab.
    Tiere töten zu müssen ist eine der unangenehmeren Seiten des Landlebens. Sei es ein verletztes Känguru oder ein krankes Schaf – es kostet mich jedes Mal größte Überwindung, die Waffe anzusetzen. Einen schnellen, möglichst schmerzlosen Tod zu garantieren ist aber oft das Einzige, was ich für ein Tier noch tun kann. Und vielleicht sicherzustellen, dass sein Sterben nicht ganz nutzlos war. So lade ich das Känguru auf meinen Pick-up und bringe es nach Hause. Am anderen Morgen nehme ich es aus und zerlege es. Max, unser neues Familienmitglied, ein Schäferhund-Welpe, sitzt daneben und kann es kaum erwarten. Wochenlang werden wir nun kein Hundefutter kaufen müssen – was in den meisten Fällen auch Känguru ist. Obwohl auf den Dosen »Rind« oder »Huhn« steht.
    Wir hatten Max vor vier Wochen gekauft, von einem erstklassigen Züchter, in der Hoffnung, ein Schäferhundgenie wie »Inspektor Rex« aus der gleichnamigen österreichischen Fernsehserie zu erwerben. Doch weit gefehlt. Je länger dieser Hund bei uns lebt, desto mehr bin ich überzeugt: Wir haben aus dem Wurf von fünf Welpen ausgerechnet den Deppen gegriffen.

KAPITEL 31
    Die Geschichte über Max beginnt allerdings mit Oskar. Oder Oski, wie wir ihn nannten. Ich sah die Anzeige in der Greentown Post : »Wurf von fünf Jack- Russell-Terriern. 50 Dollar pro Stück.« Es war Liebe auf den ersten Blick. Der kleine weiße Hund mit dem braunen Fleck auf der Stirn lebte sich schnell bei uns ein. Bald machte keiner von uns auch nur einen Schritt nach draußen, ohne dass ihm Oski folgte. Er hatte einen guten Charakter, der Kleine. Lebhaft, lustig und neugierig.
    Zu neugierig, wie sich herausstellen sollte.
    »Oski ist von einer Schlange gebissen worden«, sagte Christine am Telefon. »Was soll ich tun?« Der Hund hatte bei einem Spaziergang eine Braunschlange gesehen. Und typisch für einen Jack-Russell griff er sie an. Natürlich war das Reptil schneller. Für mich hätte das Drama kaum zu einem ungünstigeren Zeitpunkt kommen können. Ich war in Perth am Flughafen, nur Minuten vor dem Abflug zurück nach Canberra, völlig übermüdet und genervt. Nach einer anstrengenden Reportage in den westaustralischen Eisenerzminen erwartete mich zu Hause ein volles Haus – oder ein volles Shed, sollte ich wohl besser sagen. Auf unserem Grundstück standen Zelte, Campingtrailer und Wohnwagen. Ein Dutzend Freunde und Bekannte waren bereits in Wombat Creek eingetroffen, um am nächsten Tag Christines Geburtstag zu feiern. 40 Jahre alt und immer noch schön wie 20! Doch obwohl ich mich darauf freute, unsere Freunde wiederzusehen, hätte ich mir ein ruhiges Wochenende gewünscht. »Ich weiß doch auch nicht, was wir tun sollen«, sagte ich, »wie geht es ihm denn?« Christines Antwort ließ wenig Gutes erahnen: »Er spuckt Blut und ist apathisch.«
    Es ist die Frage, die sich jeder Bauer in Australien früher oder später stellen muss: Soll ich den Hund, die Kuh, den Stier oder das Schaf, das von einer Schlange gebissen wurde, dem Tierarzt bringen? Oder soll ich die Entscheidung über Leben und Tod der Natur überlassen? Die meisten Australier auf dem Land würden sich für die zweite Variante entscheiden. Es ist durchaus möglich, dass ein Tier einen Schlangenbiss überleben kann – im Fall eines kleinen Hundes wie Oski allerdings ist das wenig wahrscheinlich. Die Kosten für eine Behandlung durch den Tierarzt aber sind enorm hoch.
    Trotzdem sagte ich: »Bring ihn zum Doktor.« Dann stieg ich ins Flugzeug.
    Dies ist ein hartes Land, ein gnadenloses sogar gelegentlich, ein Land mit seinen eigenen Gesetzen. Ich habe einen Bauern kennengelernt, der seinen alten Hunden die Gurgel durchschneidet, wenn sie nach Jahren treuer Dienste als Schäferhunde alt und verbraucht sind. »Die kosten mich ja sonst nur noch Geld, weil ich sie weiter füttern muss«, so seine Begründung. So weit würde ich nie gehen. Aber ich will ehrlich sein: Unter normalen Umständen würde ich das Schicksal spielen lassen. Aber schließlich liebten wir den kleinen Oski. Und zu Hause warteten unsere Freunde gespannt auf meine Entscheidung.
    Als ich vier Stunden später in Canberra landete, meldete mir Christine am Telefon, der Hund liege beim Arzt auf der Intensivstation. Eine Intensivstation für

Weitere Kostenlose Bücher