Weit wie das Meer
daß wir irgendwann drüber reden müssen, aber wir kennen uns noch nicht lange genug, um Zukunftspläne zu schmieden.«
Deanna musterte ihre Freundin mit mütterlichem Argwohn. »Aber offenbar lange genug, um dich in ihn zu verlieben, oder?«
»Das schon«, sagte Theresa zugeben.
»Dann weißt du auch, daß diese Entscheidung auf dich zukommt, ob du’s nun willst oder nicht?«
»Ja, schon«, sagte Theresa nach einem Zögern.
Deanna legte ihr die Hand auf den Arm.
»Und was wäre, wenn die Entscheidung lautete: Boston verlassen oder ihn verlieren?«
Theresa dachte nach. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte sie und sah Deanna hilfesuchend an.
»Darf ich dir einen Rat geben?« fragte Deanna.
Theresa nickte.
»Wenn du das sichere Gefühl hast, daß Garrett dir die Liebe geben kann, die du brauchst, dann mußt du alles tun, um ihn zu halten. Wahre Liebe ist selten, und nur sie gibt dem Leben einen Sinn.«
»Aber gilt das gleiche nicht auch für ihn? Sollte er nicht genauso bereit sein, Opfer zu bringen?«
»Natürlich.«
»Und was bedeutet das für mich?«
»Das bedeutet für dich, daß du dasselbe Problem hast wie vorher und daß du ernsthaft darüber nachdenken mußt.«
In den nächsten beiden Monaten nahm ihre Beziehung eine Entwicklung, mit der beide nicht gerechnet hatten, obwohl sie es hätten voraussehen müssen.
Sie richteten ihre Arbeit so ein, daß sie sich in dieser Zeit dreimal treffen konnten, jedesmal für ein Wochenende. Einmal flog Theresa nach Wilmington, wo sie die beiden Tage ganz für sich allein hatten. Zweimal reiste Garrett nach Boston, von wo aus es gleich weiter zu Kevins ›Auswärtsspielen‹ ging, was Garrett jedoch nichts ausmachte - im Gegenteil, er war einer der begeistertsten Fans von Kevins Mannschaft.
»Wie kommt es, daß ich aufgeregter bin als du?« fragte er Theresa in einem der spannendsten Augenblicke des Spiels.
»Warte, bis du die ersten hundert Spiele gesehen hast, dann kannst du die Frage selbst beantworten«, sagte Theresa lachend.
Jedesmal wenn sie zusammen waren, schien nichts anderes auf der Welt zu zählen. Meist schlief Kevin eine Nacht bei einem Freund, so daß sie wenigstens ein Weilchen allein sein konnten. Sie verbrachten die Zeit mit Gesprächen, mit Lachen und mit viel Liebe, wobei es eine Menge nachzuholen gab. Über die Zukunft ihrer Beziehung aber verloren sie kein Wort. Sie lebten nur für den Augenblick, und keiner war sicher, was er vom anderen zu erwarten hatte. Nur ihrer Liebe waren sie sich sicher.
Weil sie sich aber so selten sahen, gab es in ihrer Beziehung mehr Höhen und Tiefen, als sie je erlebt hatten. Garrett litt ganz besonders darunter. Schon nach wenigen Tagen des Alleinseins wurde er regelrecht depressiv.
Er wollte einfach mehr Zeit mit ihr verbringen, als möglich war. Jetzt, da der Sommer und damit die Hauptsaison zu Ende war, konnte er sich leichter freinehmen als sie. Und obwohl seine meisten Angestellten fort waren, gab es für ihn im Laden nur wenig zu tun.
Ganz anders sah Theresas Zeitplan aus, allein schon wegen Kevin. Er ging wieder zur Schule, spielte am Wochenende Fußball, und so war es für Theresa äußerst schwer, sich freizumachen. Garrett wäre durchaus bereit gewesen, öfter nach Boston zu kommen, aber Theresa hatte einfach keine Zeit für ihn. Mehrmals hatte er ihr eine weitere Reise vorgeschlagen, doch aus diesem oder jenem Grunde hatte sie ablehnen müssen.
Dabei wußte Garrett von Paaren, die vor weit größere Probleme gestellt waren als sie beide. Sein Vater hatte ihm erzählt, daß er und seine Mutter oft Monate nichts voneinander gehört hatten. Er war zwei Jahre bei den Marines in Korea gewesen und danach hatte er, wenn die Garnelenfischerei zu wenig einbrachte, auf Frachtern gearbeitet, die nach Südamerika fuhren. Manchmal erstreckten sich diese Reisen über mehrere Monate. Der einzige Trost, der seinen Eltern in solchen Zeiten blieb, waren die wenigen Briefe. Garretts und Theresas Situation war damit gar nicht zu vergleichen, und doch war sie nicht leicht zu meistern.
Er wußte, daß die geographische Entfernung zwischen ihnen ein Problem war, doch er hatte nicht den Eindruck, als würde sich in naher Zukunft etwas daran ändern. So wie er es sah, gab es nur zwei Lösungen: Er konnte zu ihr ziehen, oder sie konnte zu ihm ziehen. Ganz gleich, wie er es betrachtete - und wie sehr sie sich liebten -, es lief immer auf diese beiden Alternativen hinaus.
Dabei glaubte er zu wissen, daß Theresa
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