Weit wie das Meer
Garrett, warum die letzten drei Wochen so schwer für ihn gewesen waren. Er wußte, daß seine Angst größtenteils von seinem Traum herrührte, aber jetzt, an Theresas Seite, belastete er ihn nicht mehr. Jedesmal wenn Theresa lachte oder seine Hand drückte, verscheuchte sie die finsteren Gedanken, die ihn in ihrer Abwesenheit gequält hatten.
Auf dem Heimweg kauften sie beim Mexikaner um die Ecke ein paar Gerichte zum Mitnehmen.
»Eine hübsche Wohnung«, sagte Garrett, als er bei Kerzenschein am Boden ihres Wohnzimmers hockte. »Ich weiß nicht warum, aber ich hatte sie mir kleiner vorgestellt. Dabei ist sie größer als mein Haus.«
»Das wohl kaum, aber sie ist ideal für uns zwei. Und außerdem praktisch.«
»Wegen der vielen kleinen Restaurants gleich um die Ecke?«
Sie lachte. »Genau. Wie du weißt, bin ich keine berühmte Köchin.«
Der Lärm der Straße war deutlich zu hören - Reifenquietschen, Gehupe, Sirenen.
»Ist es immer so ruhig?« fragte er.
Sie nickte. »Freitag und Samstag abends ist es schlimm - sonst kann man es aushalten. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich dran.«
»Wie wär’s mit etwas Musik?« fragte Garrett.
»Gern. Welche Art von Musik?«
»Beide Arten.« Er legte eine dramatische Pause ein. »Country und Western.«
Sie lachte. »Hab ich beides nicht, tut mir leid.«
Er schüttelte den Kopf. »Sollte nur ein Witz sein, aber ich warte seit Jahren auf die Gelegenheit, ihn anzubringen.«
»Na, dann mußt du ja jetzt überglücklich sein. Aber zurück zu meiner Frage - welche Art von Musik magst du?«
»So ziemlich alles.«
»Jazz vielleicht?«
»Warum nicht?«
Theresa entschied sich für die John-Coltrane-CD, die sie in Provincetown gekauft hatte.
»Wie gefällt dir Boston bislang?« fragte sie und hockte sich wieder auf den Boden.
»Gar nicht so übel für eine Großstadt. Nicht so unpersönlich, wie ich befürchtet hatte, und viel sauberer. Ich hatte mir wohl ein falsches Bild gemacht, na, du weißt schon - nur Menschenmengen, nur Beton und Wolkenkratzer, nichts Grünes weit und breit und Bettler an jeder Straßenecke. Aber es ist überhaupt nicht so.«
Sie lächelte. »Wir haben zwar keine Strände wie ihr, dafür hat die Stadt eine Menge anderes zu bieten: das weltberühmte Symphonieorchester, die vielen Museen, die Parks - wir haben sogar einen Segelclub.«
»Ich kann verstehen, warum es dir hier gefällt«, sagte Garrett.
»Ja, es gefällt mir, und Kevin auch.«
»Du sagtest, er ist im Fußball-Lager?« fragte er, um das Thema zu wechseln.
»Ja, er will in seine Schulmannschaft aufgenommen werden. Ich weiß nicht, ob er’s schafft, aber er meint, er hat einen ganz guten Schuß.«
»Scheint ja ’ne richtige Sportskanone zu sein, dein Sohnemann.«
Sie nickte, schob die leeren Teller beiseite und rückte näher zu Garrett hin. »Nun aber genug von Kevin«, sagte sie sanft. »Es gibt noch anderes, über das es sich lohnt zu sprechen. «
»Zum Beispiel?«
Sie küßte ihn. »Zum Beispiel über das, was ich jetzt, wo wir endlich allein sind, gern tun würde.«
»Nur drüber reden?«
»Du hast recht«, flüsterte sie. »Reden ist Silber, Handeln ist Gold.«
Am nächsten Tag zeigte Theresa ihm weitere Attraktionen der Stadt, darunter das italienische Viertel mit seinen engen Gassen und vielen Straßencafes. Bei einer Tasse Cappuccino wollte Garrett Näheres über ihre Arbeit erfahren.
»Kannst du deine Kolumnen nicht genauso gut zu Hause schreiben?« fragte er.
»Später vielleicht, jetzt aber noch nicht.«
»Warum nicht? «
»Erstens, weil es nicht im Vertrag vorgesehen ist. Außerdem habe ich sehr viel mehr zu tun als nur am Computer zu sitzen und zu schreiben. Oft muß ich Leute interviewen, manchmal sogar reisen. Wenn ich über ein medizinisches oder psychologisches Thema schreibe, muß ich viel recherchieren, und dazu stehen mir in der Redaktion mehr Möglichkeiten zur Verfügung als zu Hause. Außerdem muß ich erreichbar sein. Bei vielen meiner Themen geht es um zwischenmenschliche Beziehungen, und ich bekomme häufig Anrufe. Wenn ich zu Hause arbeiten würde, würden viele Leute abends anrufen, und dann hätte ich noch weniger Zeit für Kevin.«
»Wirst du auch jetzt manchmal zu Hause angerufen?«
»Hin und wieder. Aber meine Nummer steht nicht im Telefonbuch, deshalb kommt es nicht allzu oft vor.«
»Bekommst du auch manchmal verrückte Anrufe?«
Sie nickte. »Das ergeht allen Kolumnenschreibern so. Da rufen Leute in der Redaktion an mit
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