Weit wie das Meer
»Mir ist einfach danach.«
»Bist du aufgeregt wegen ihres Besuchs?«
»Nein.«
»Dad, du brauchst nicht jemanden zu spielen, der du nicht bist. Ich bin sicher, Theresa mag dich, egal wie du gekleidet bist.«
»Heißt das, ich darf mich für deine Freundin nicht schick machen?«
»Natürlich darfst du das.«
»Dann ist das Thema erledigt. Ich brauche nämlich nicht deinen Rat, sondern will nur wissen, ob die Krawatte zum Hemd paßt.«
»Tut sie.«
»Gut.«
Sprach’s und verschwand, die Krawatte schon halb gelöst, wieder im Schlafzimmer. Garrett sah ihm belustigt nach, als er seinen Vater rufen hörte.
»Was ist?« fragte Garrett.
Jeb steckte den Kopf durch die Tür. »Du wirst doch wohl auch eine Krawatte tragen, oder?«
»Das hatte ich eigentlich nicht vor.«
»Dann besinn dich eines anderen. Theresa soll nicht den Eindruck gewinnen, daß ich meinem Sohn keine Manieren beigebracht habe.«
Am Tag vor ihrer Ankunft half Garrett seinem Vater bei den Vorbereitungen. Er mähte den Rasen, während Jeb Hochzeitsgeschirr und Silberbesteck, das er so gut wie nie benutzte, auspackte und spülte. Als er die einzige weiße Tischdecke in die Waschmaschine steckte, trat Garrett in die Küche und schenkte sich ein Glas Wasser ein.
»Wann genau kommt sie morgen?« wollte Jeb wissen.
Garrett leerte das Glas in einem Zug.
»Ihr Flugzeug landet um zehn. Das heißt, wir sind gegen elf bei mir.«
»Um wieviel Uhr möchte sie essen?«
»Ich weiß nicht.«
»Du hast sie nicht gefragt?«
»Nein.«
»Wie soll ich dann wissen, wann der Truthahn in den Backofen gehört?«
»Laß uns am Abend so gegen sieben Uhr essen.«
»Willst du nicht lieber noch mal anrufen und fragen?«
»Es ist doch nicht so wichtig, Dad.«
»Für dich vielleicht nicht. Aber für mich ist es die erste Begegnung mit Theresa, und wenn ihr beide heiratet, möchte ich nicht, daß ihr euch später über mich lustig macht.«
Garrett hob die Augenbrauen. »Wer hat gesagt, daß wir heiraten?«
»Niemand.«
»Und warum sagst du’s dann?«
»Weil…« sagte Jeb hastig, »weil ich dachte, einer von uns beiden müßte es ja tun.«
Garrett starrte seinen Vater an. »Du denkst also, ich sollte sie heiraten?«
Jeb machte eine wegwerfende Handbewegung. »Was ich denke, spielt keine Rolle. Wichtig ist, was du denkst.«
Als Garrett spät abends sein Haus betrat, hörte er schon an der Tür das Telefon klingeln. Er stürzte hin und hob ab. »Garrett?« fragte Theresa. »Du bist ja ganz außer Atem.«
»Hallo, Theresa, ich komme gerade zur Tür herein. Mein Vater hat mich den ganzen Tag mit Beschlag belegt, um sein Haus für morgen auf Hochglanz zu bringen - er freut sich wahnsinnig, dich endlich kennenzulernen.«
Ein unbehagliches Schweigen folgte. »Weißt du, wegen morgen…« sagte sie schließlich.
Er spürte, wie sich seine Kehle zusammenschnürte. »Was ist wegen morgen?«
Ihre Antwort kam nur zögernd. »Es tut mir schrecklich leid, Garrett… Ich weiß gar nicht, wie ich’s dir beibringen soll, aber ich kann morgen nicht nach Wilmington kommen. «
»Ist was passiert?«
»Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Es ist nur in letzter Minute etwas dazwischengekommen - eine wichtige Konferenz, an der ich teilnehmen muß.«
»Was für eine Konferenz?« fragte Garrett automatisch.
»Für meinen Job.« Sie hielt erneut inne. »Ich weiß, es klingt furchtbar, aber ich würde nicht hinfliegen, wenn’s nicht so wichtig wäre.«
Er schloß die Augen. »Worum geht es bei der Konferenz?«
»Es ist für die Top-Leute der Medienbranche - sie treffen sich dieses Wochenende in Dallas. Deanna meint, ich solle unbedingt teilnehmen.«
»Hast du gerade erst davon erfahren?«
»Nein… Das heißt, ja… Ich wußte von der Konferenz, aber ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß man mich hinschickt. Kolumnenschreiber sind normalerweise nicht eingeladen, doch Deanna hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit ich sie begleiten kann.« Sie zögerte. »Es tut mir wirklich leid, Garrett, aber das ist eine einmalige Chance für mich.«
Er antwortete nicht sofort. »Ich verstehe«, sagte er schließlich.
»Nun bist du mir böse, stimmt’s?«
»Nein.«
»Sicher?«
»Ganz sicher.«
An seinem Ton konnte sie erkennen, daß das nicht stimmte, doch ihr fiel nichts ein, um ihn zu trösten. »Sagst du deinem Vater, daß es mir leid tut?«
»Ich sag’s ihm.«
»Kann ich dich am Wochenende anrufen?«
»Wenn du willst.«
Am nächsten Tag aß
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