Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
Pflanze hatte kaum eine Frucht. Oh, natürlich wollte sie wachsen und hier draußen, wo so vieles aufgibt und stirbt, leben, aber sie gestattete es sich nicht.« Seine Miene war angespannt. » Sie konnte einfach die kleinen Bienen nicht nahe genug an sich heranlassen. Schließlich wich das Leben aus ihr. Zuerst trieb sie keine Blüten mehr, dann verwelkte die gesamte Pflanze und starb.« Seine Hände, deren Rücken von Altersflecken bedeckt waren, umklammerten den Rand des Spülbeckens. Die Sonne ging auf und sandte ihre Strahlen in die Küche, und er kniff die dunkelblauen Augen zusammen.
Sarah schob ihren Becher Tee weg. Sie konnte nicht lügen. Außerdem musste sie jetzt auch an Jeremy denken. » Großvater, ich wollte dir sagen, dass ich zu gegebener Zeit, irgendwann in der Zukunft, zumindest die Hälfte von Wangallon verkaufen werde.«
» Diese Pflanze war stur, und wahrscheinlich hatte sie auch ein bisschen Angst: wie du, Sarah. Du siehst dein Schicksal, zweifelst aber an deinen Fähigkeiten. Und du vertraust zu sehr auf die Meinung anderer.«
» Meine Fähigkeiten hast du doch bezweifelt, an dem Tag, als du Wangallon an Cameron übergeben hast.« Sarah hätte sich am liebsten geohrfeigt. Warum erwähnte sie das jetzt? Es war doch völlig irrelevant.
» Du warst nicht die Älteste.«
» Und ich war ein Mädchen.«
» Blödsinn!«
» Ach ja? Wenn ich ein Junge gewesen wäre, hättest du mir Wangallon vermacht, schließlich bin ich zu hundert Prozent eine Gordon.« Es war das erste Mal, dass sie darüber sprach, wie unfair sie damals das Verhalten ihres Großvaters gefunden hatte.
» Und was hält dich jetzt ab?«
» Du kommst etwa vier Jahre zu spät. Und deine Gründe jetzt haben nicht zwangsläufig etwas damit zu tun, was du von mir hältst.«
Seine Augen blitzten. Er schwieg und schluckte dann mühsam seine Wut herunter. » Ich habe Wangallon mein ganzes Leben lang geschützt, ich habe viel Dummheit erlebt und das Vertrauen in meinen eigenen Sohn verloren. Niemand vom Blut dieser Familie wird ein bequemes Leben führen. Denk an das, was ich gesagt habe, und dann denk an deinen Bruder.«
» Das tue ich ja. Ich bin zweite Wahl, Großvater. Das war ich, als Cameron noch lebte, und ich bin es jetzt immer noch.« Sarahs Hände zitterten, und sie legte sie in den Schoß. Ihr Großvater räusperte sich, verschränkte die Arme vor der Brust und richtete sich auf. Seine weißen Haare umgaben seinen Kopf wie ein Heiligenschein. Sarah wäre am liebsten weit weg gewesen, so hart und unerbittlich war sein Blick. Sie hatte das Gefühl, im Küchenstuhl zu versinken.
» Wen du heiratest, ist deine Sache. Und, ja, dein Vater hat angerufen und schon damit geprahlt. Aber wenn du das wirklich vorhast, wenn du wirklich Wangallon verkaufen willst, dann hinterlasse ich es dir nicht. Dann erhältst du bei meinem Tod hunderttausend Dollar, mehr nicht. Der Besitz wird verkauft mit allen Mitgliedern unserer Familie, die hier begraben sind, und der Erlös für wohltätige Zwecke gespendet.«
Sarah blickte ihn schockiert an. » Ich würde doch ein Teil verkaufen müssen. Siehst du denn nicht, wie schwer du es mir machst, Großvater? Ich kann deine Forderung, hier fünf Jahre lang zu leben, nicht erfüllen.« Ihr Hals war wie ausgedörrt.
Angus rieb sich nachdenklich das Kinn. » Doch, das kannst du, Mädchen.«
» Warum?«, flüsterte sie benommen. » Wegen Jeremy?«
» Hah!« Angus schnaubte verächtlich. » Himmel, Mädchen, gut zehn Prozent einer Herde sind immer das Futter nicht wert. Das ist wie bei der Zucht von Hereford-Rindern. Jeremy wäre der Erste, der zum Metzger ginge.« Sarah wurde blass. Angus zuckte mit den Schultern. Er hatte es nicht mehr nötig, höflich zu sein. Das war ein Privileg des Alters. » Sarah, mein Vater hat zu viel verloren, als er Wangallon gekauft und aufgebaut hat. Herrgott, Mädchen, das Blut deines Bruders ist in diese Erde geflossen. Red dir doch nicht ein, dass man seine Vorfahren einfach vergessen könnte. Das hier ist Gordon-Land, Mädchen, solide, zuverlässig, lukrativ. Ich würde es lieber dem Obdachlosenasyl schenken, als zuzulassen, dass es verkauft und verschwendet wird. Ohne Wangallon gibt es auch keine Familie, Sarah. Früher einmal hattest du genug Verstand, um das zu begreifen. Hoffentlich findest du ihn wieder, bevor es zu spät ist.«
» Aber, Großvater…«
» Kein Aber, du hast jetzt lange genug in der Stadt gehockt.« Er hob die Hand. » Du triffst jetzt endlich
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