Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
wir nicht miteinander reden?« Er berührte sie an der Schulter.
» Was vorbei ist, ist vorbei.«
» Was ist vorbei?« Anthony steckte die Hände in die Taschen. » Könntest du dich vielleicht ein bisschen weniger kryptisch ausdrücken?«
Eine Hupe ertönte. » Die Trucks sind da«, sagte Sarah. Sie konnte sein Verhalten nicht eine Minute länger ertragen. Ganz offensichtlich hatten Anthony und ihr Großvater alles schon zwischen sich ausgemacht. Anthony behielt seine lebenslange Position auf Wangallon, und ihr Großvater sorgte dafür, dass der Name Gordon für die Farm erhalten blieb.
» Verdammt.« Anthony stieg in seinen Wagen, wendete in Richtung der Hauptstraße und beleuchtete mit seinen Scheinwerfern die Weide, damit die Truckfahrer genug sehen konnten.
Zwei Stunden später fuhren sie zurück nach Wangallon. Anthony war erschöpft. Er versuchte, einen Sender einzustellen, gab aber schließlich auf und schaltete das Radio aus. Irgendwie war nach dem Picknickrennen etwas passiert, das für Sarah riesige Bedeutung hatte. Sie kam ihm so vor, als ob sie das Interesse verloren hätte. Ja sicher, sie hatte heute Nachmittag mitgearbeitet, aber sie war nicht bei der Sache gewesen. In den letzten Tagen war aus dem lebhaften, streitlustigen Mädchen eine zurückhaltende Frau geworden, die er kaum wiedererkannte. Anthony wusste nicht, was er davon halten sollte. Er wusste nur, dass es die größte Dummheit seines Lebens gewesen war, sie zu küssen. Er musste die Angelegenheit unbedingt klären.
» Ich möchte mit dir…«, er zögerte, » …über die Zukunft sprechen.« Er biss die Zähne zusammen. Er hatte das Gefühl, mit einem Stock in einem Bienenkorb zu stochern.
Sie mochte ihn. Das konnte sie jetzt zugeben. Aber er hatte sie enttäuscht. Er war davon ausgegangen, dass sie Wangallon zuliebe eine Verbindung mit ihm eingehen würde. Kannte er sie so wenig?
» Ich möchte, dass wir Freunde sind«, sagte er vorsichtig.
» Das mit dem Rennen tut mir leid. Ich war betrunken«, stieß Sarah hervor.
» Ich auch«, antwortete er, fast zu schnell. Er seufzte erleichtert, aber in seinem Bauch hatte er ein seltsam hohles Gefühl. Wenigstens hatten sie schon die halbe Strecke nach Hause hinter sich. Im Licht der Scheinwerfer sah man Bäume und Kängurus am Straßenrand. Anthony musste hin und wieder bremsen, um die Tiere nicht zu überfahren, die waghalsig über die Straße hüpften. Den Rest der Fahrt verbrachten sie schweigend. Anthony hätte gerne eine unbeschwerte Bemerkung gemacht, aber es fiel ihm beim besten Willen nichts ein.
» Wenn ich heirate, soll es aus Liebe geschehen. Ich möchte wissen, dass der Mann an meiner Seite mich um meiner selbst willen liebt und nicht, weil er durch mich an mein Land herankommt.«
Anthony schwieg, bis er den Wagen vor der Farm angehalten hatte. » Was?«
» Du kannst es ja gerne leugnen, aber Großvater hat mir gesagt, welche Bedingungen mit meinem Erbe verknüpft sind, und ich lehne ab.«
» Ist dir eigentlich klar, wie lächerlich das klingt? Einen Letzten Willen kann man doch nicht einfach ablehnen. Außerdem habe ich mit deinem Erbe gar nichts zu tun.«
Sie blickte ihn ungläubig an. » Du hast dir wahrscheinlich gedacht, du könntest es ja mal versuchen, nachdem ich dieses Jahr häufiger als sonst nach Hause gekommen bin. Schließlich haben wir eine gemeinsame Vergangenheit und…«
Anthony stieg aus dem Wagen, kam auf ihre Seite und öffnete die Beifahrertür. » Ich glaube, du gehst jetzt besser ins Haus, Sarah.«
» Warum? Willst du dir nicht anhören, was ich dir zu sagen habe?«
Er wartete, bis sie ausgestiegen war. Es war schon spät, und sie waren beide müde.
» Anthony…«
» Nicht.« Er hob die Hand. Einen weiteren Streit mit ihr konnte er jetzt nicht ertragen.
» Ich dachte, du solltest es wissen«, sagte sie, als er sich wieder ans Steuer setzte. » Ich bin verlobt und werde heiraten.« Jetzt war es heraus.
Anthony öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber in seinem Kopf herrschte völlige Leere. » Herzlichen Glückwunsch«, stieß er schließlich hervor. Dann legte er den ersten Gang ein und fuhr los.
Beim Frühstück wurde Sarah noch nicht einmal richtig wach, als sie von dem starken Tee trank, den ihr Großvater sich immer aufbrühte. Er stand auf und trat ans Küchenfenster. » Deine Großmutter hat hier vor dreißig Jahren eine Passionsfrucht gepflanzt. Die Bienen umschwirrten sie, kamen aber irgendwie nicht nahe genug an die Blüten. Die
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