Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
deine Entscheidung, Sarah, und hörst auf, so herumzuhampeln. Ich weiß, dass es nicht immer leicht für dich war, aber du musst endlich einmal zu deiner Verantwortung stehen. Dass du ein Mädchen bist, bedeutet nicht, dass du dich einfach aus der Verantwortung stehlen kannst. Es mag sein, dass die Welt bei einer Erbfolge Eier verlangt. Ich nicht. Du bist die nächste in der Erbfolge, und du kannst es annehmen oder bleiben lassen. Aber denk an eines. Ich will eine Gordon, und wenn du Wangallon nicht haben willst, bekommen es die Hunde.« Er schlug so fest mit der Faust auf den alten Holztisch, dass die Teebecher umkippten und sich der Inhalt des kleinen Milchkännchens über die Tischplatte ergoss.
Erschreckt blickte Sarah ihrem Großvater nach, als er wütend aus der Küche stampfte.
Winter, 1987
Castlereagh Street, Sydney
» Hunderttausend Dollar?« Jeremy lief in seinem Büro wie ein wütender Terrier auf und ab. » Mann, ihr seid ja alle komplett wahnsinnig. Glaubt ihr, die Farm wird ewig bestehen? Gute Jahre, schlechte Jahre, bla, bla, bla. Und alle paar Jahre gibt es einen Toten, und dann sagen alle: › Scheiße, das ist hart ‹ . Und danach geht es wieder zurück zu den Fliegen und der verdammten Hitze. Ach, zum Teufel!«
Müde und schmutzig ließ Sarah seine Tirade über sich ergehen. Sie war direkt vom Flughafen in Jeremys Kanzlei gefahren, weil sie sich Rat und Unterstützung von ihm erwartete. Unbehaglich trat sie von einem Fuß auf den anderen und umklammerte ihre braune Lederhandtasche.
» Dein Bruder hat wahrscheinlich Glück gehabt, Sarah. Er ist früh genug ausgestiegen. Er brauchte nicht mehr mit anzusehen, wie du dich vom Erbe kontrollieren lässt oder deine Mutter verrückt geworden ist. Scheiße!«
Er ließ sich schwer in seinen Ledersessel sinken, stand aber sofort wieder auf. » Ich hätte wissen müssen, dass so etwas passiert. Verdammt! Na ja, dann nimm einfach die Hunderttausend und steig aus. Natürlich wäre das Geld toll gewesen, aber wir kommen schon durch. Ich liebe dich ja nicht wegen deines Erbes.« Hektisch schob er Aktenmappen zusammen und stapelte sie auf seinem Schreibtisch auf. » Der alte Bastard kommt sich wohl vor, als würde er immer noch zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts leben.«
Eine Kristallkaraffe stand rechts auf dem Schreibtisch, und auf der anderen Seite lag ein großer Briefbeschwerer aus Glas. Zum ersten Mal fiel Sarah auf, wie groß Jeremys Büro war und wie unglaublich leer.
» Jeremy, bitte, ich weiß, dass du aufgebracht bist. Ich ja auch. Ich habe Großvaters Angebot abgelehnt und ihm gesagt, dann soll er die Farm eben verschenken, aber ich versuche doch nur, rational vorzugehen. Ich kann Wangallon nicht einfach wegwerfen, und genau das verlangst du von mir.«
Jeremy blickte sie an, als habe sie einen Eimer mit eiskaltem Wasser über ihm ausgekippt. » Es ist doch nur zu deinem Nutzen, Sarah.«
» Ach ja?«
Sarah versuchte, ruhig zu bleiben. » Ich kann verstehen, dass der Busch nichts für dich ist, aber du musst auch verstehen, dass ich nicht einfach ein Multimillionen-Erbe ausschlagen kann; eine Farm, die seit Generationen im Besitz meiner Familie ist.«
Erneut begann Jeremy, die Unterlagen aufzuschichten, aber seine Bewegungen wurden langsam kontrollierter. » Wenn du die Bedingungen deines Großvaters akzeptieren würdest, müsstest du nach Wangallon ziehen und Anthony als Verwalter behalten, bis die Zeit abgelaufen ist, die dein Großvater dir gesetzt hat. Willst du das?«
» Ich könnte alle zwei Wochen nach Sydney kommen, und du könntest mich auch ab und zu besuchen«, bot sie hoffnungsvoll an.
» Was? Fünf Jahre lang? So wollte ich meine Verlobungszeit eigentlich nicht verbringen, Sarah.«
» Aber du willst doch auch nicht, dass ich das viele Geld einfach wegwerfe, oder?«
Jeremy lachte. » Oh, Sarah, du hast wirklich die seltene Gabe, dir die Dinge schönzureden. Du und ich, wir wissen doch beide, dass es nicht um das Geld geht. Es geht um Wangallon. Du willst die Farm nicht verlieren, und es soll sie auch kein anderer haben. Wenn du nicht dorthin zurückgehst, wirst du nie glücklich sein, Sarah. Das begreife ich langsam. Und selbst wenn du scheiterst, was ich bezweifle, musst du es zumindest versucht haben.«
» Jeremy, hör mir zu…«
» Ich brauche Struktur in meinem Leben, Sarah. Ich brauche jemanden, der mich genauso braucht wie ich ihn. Und ich kann nicht hinter einer Farm mit einem Stück Land zurückstehen.« Wieder
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