Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
er als Einziger, denkt daran. Das war es.«
Ronald blickte zögernd von seiner Tochter zu seinem Vater. Seine Augen wurden feucht vor Dankbarkeit und Erleichterung. Jetzt brauchte er Jim nicht mehr zu verschweigen.
» Ich lasse euch drei jetzt allein, damit ihr über alles sprechen könnt.« Angus erhob sich mühsam.
» Danke.« Anthony schüttelte Angus die Hand. Er war sich der Verantwortung, die Angus ihm übertrug, bewusst. » Ich werde dich nicht enttäuschen.«
» Das weiß ich, mein Junge, das weiß ich. Pass ein bisschen auf sie auf.«
Er nickte zu Ronald und Sarah. » Vor allem aber…«
» Ich werde sie beschützen, Angus.«
» Die Farm ist eine schwierige Geliebte. Sie stellt dich auf den Prüfstand, bis sie dir fast den Hals bricht. Aber wenn du sie vorsichtig und konservativ behandelst, belohnt sie dich am Ende. Wir sehen uns später.« Er lächelte leise.
» Danke, Großvater«, rief Sarah, als er den Raum verließ.
Anthony legte Sarah die Hand auf die Schulter. » Ich lasse euch zwei allein.«
» Gute Idee«, stimmte Ronald zu.
» Schlechte Idee«, widersprach Sarah. » Setz dich, Anthony. Wenn wir die Farm alle zusammen leiten wollen«, sie lächelte Anthony und ihren Vater an, » dann wird es langsam Zeit, dass wir aufrichtig zueinander sind.« Anthony setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. » Ich habe Jim kennengelernt. Er ist ein guter Mann.«
» Weiß er, wer du bist?«
» Noch nicht, Dad, aber er wird es erfahren. Wenn der richtige Zeitpunkt kommt.«
» Wäre er denn an Wangallon interessiert?«, fragte Anthony.
» Vielleicht. Das Land liebt er jedenfalls«, erwiderte Sarah. » In Nord-Schottland gibt es nur kleine Höfe, und es ist ziemlich karg da.«
Ronald kratzte sich am Kopf. » Eines Tages wird Jim von seinem Anteil an Wangallon erfahren müssen.«
Sarah blickte ihn an. » Meinst du nicht, Dad, dass er zuerst einmal seinen wirklichen Vater kennenlernen sollte?«
» Damit dieser Jim ein Teil von Wangallon wird, muss Angus gehen«, unterbrach Anthony sie. » Ich würde sagen, wir sollten uns das nicht zu bald wünschen.« Es war ihm ein wenig unbehaglich, bei diesem emotionalen Vater-Tochter-Gespräch dabei zu sein.
» Ja, das finde ich auch«, erwiderte Ronald. Außerdem wussten sie ja gar nicht, was Jim wollte. Vielleicht wollte er gar keine neue Familie. Allerdings würde er den Anteil an Wangallon wohl kaum ausschlagen.
» Dad, du solltest Mum dort oben lassen und nach Hause kommen. Hilf uns, Wangallon zu führen, wie Großvater es von uns erwartet.«
Ronald blickte auf seine Hände, die auf dem Tisch lagen. Seine Großeltern hatten hier gegessen, ihre Kinder großgezogen. Er selbst hatte hier unter den wachsamen Blicken seiner Mutter lesen und schreiben gelernt. Ein Tintenfleck, der nicht mehr zu entfernen war, war der Beweis, ebenso wie ein tiefer Kratzer, den er aus Langeweile und Rebellion mit seinem Taschenmesser in die Tischplatte geritzt hatte. Er fuhr mit den Fingern über das Holz.
» Nach Camerons Tod war Wangallon kein Zuhause mehr. Es war lediglich ein Ort, der meiner Familie das Leben genommen hatte. Vielleicht hat ja das Wissen, dass in Schottland noch ein Junge lebte, zu meinem Jammer beigetragen. Mein Sohn, meine Mutter Angie, selbst Sue, Wangallon hat sie mir alle genommen. Ich konnte einfach nicht mehr hierbleiben, und die Überschwemmung bot mir schließlich den Vorwand, zu gehen.« Ronald blickte seine Tochter an. » Ich wollte auch dich schützen, denn für mich war der Traum, Wangallon fortzuführen, mit deinem Bruder gestorben.«
Sarah berührte die Hand ihres Vaters. » Dad, für diese Tode ist niemand verantwortlich. Komm nach Hause, Dad. Wir brauchen dich. Komm nach Hause.«
» Ich glaube nicht, dass deine Mutter mitkommt. Sie ist mittlerweile zu krank. Es wäre sicher schwierig.«
» Ich weiß, dass es hart ist, Dad, aber es ist das Beste so. Das Hospiz ist sehr, sehr gut.«
» Vielleicht könnten wir ja etwas für sie finden, das näher am Wasser liegt. Sie liebt das Wasser, Sarah.«
Sarah ergriff die Hand ihres Vaters und hielt sie fest. Neben sich spürte sie Anthonys Wärme. Sie dachte an das Land und wie lange sie gebraucht hatte, um zu begreifen, dass es ihre Heimat war.
Angus schmunzelte. Auf Zehenspitzen schlich er den Flur entlang, bis er außer Hörweite war. Dann schenkte er sich einen guten Schluck Whiskey ein. In Sarahs Zimmer öffnete er die Schublade an der alten Truhe seines Vaters und legte einen seidenen Beutel
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