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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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leise über den Dielenboden nach draußen, um sich, in die Decke gewickelt, auf die Veranda zu setzen. Die Luft war kühl, und ein kräftiger Nachtwind zerzauste ihm die Haare. Um diese Stunde, in einer mondlosen Nacht, in der nur die Sterne ihm Gesellschaft leisteten, konnte er beinahe glauben, dass er alles hatte, was er wollte. Schwer lehnte er auf den instand gesetzten Milchkisten-Stuhl und zog sich die Decke bis zum Kinn hoch, damit ihm warm wurde.
    Hamish war zufrieden mit seinen Leuten, zufrieden mit seinem Anwesen, und vor allem war er zufrieden mit seinen Schafen. Es waren nicht mehr nur einzelne Flecken wie Wolken am Himmel, sondern sie bedeckten das Land, und auf ihren Rücken wuchs das wertvollste Material, Wolle. Früher einmal hatte er überlegt, ob er Rinder kaufen und verkaufen sollte, aber er hatte sich dann schnell für Schafe entschieden. Das Risiko war geringer, und es steckte viel mehr Geld darin: Es gab immer mehr Menschen auf der Welt, und sie alle brauchten Kleider.
    Was das Personal anging, so hatte Matthew Reynolds recht gehabt. Man musste sich ihre Loyalität sichern, und das erreichte man hier draußen nur durch Geld. Die Einsamkeit seiner Grenzreiter führte oft dazu, dass sie ihre Posten verließen, deshalb versuchte Hamish, nur verheiratete Männer einzustellen. Den Frauen zahlte er dann über den Lohn ihrer Männer hinaus ein Grundgehalt; und dafür kochten die Frauen für ihre Männer und hatten ein Auge auf sie. Er führte auch ein Rotationssystem ein, so dass die Paare jedes Jahr in eine andere Grenzhütte zogen. Es war eine simple Strategie, bei der unzuverlässige Männer rasch ausgetauscht wurden. Und sie wurde noch wertvoller dadurch, dass Boxer seine Leute fest im Griff hatte.
    Hamish wickelte sich noch fester in die Decke ein und legte sich flach auf den Fußboden. Die Schmerzen in seinem Rücken ließen ein wenig nach. Er verstand besser als die meisten, warum die Aborigines auf ihrem angestammten Grund und Boden bleiben wollten. Mit ihrem Wissen über ihre heimische Umgebung waren sie für ihn von unschätzbarem Wert. Sie lasen mühelos Spuren, wussten jederzeit, wo sie Wasser finden konnten, und wo sie nach verloren gegangenen Tieren suchen mussten.
    Hamish drehte sich auf die Seite und stützte den Kopf in die Hand. Gedankenverloren betrachtete er die Sterne. Ein Bild, geformt wie ein Kessel mit einem Griff erregte seine Aufmerksamkeit. Die Sterne, die die Umrisse bildeten, leuchteten hell am blauschwarzen Himmel. Für den Rest seines Lebens würde dieses Sternbild ihn an seine Reise in dieses großartige südliche Land erinnern. Obwohl er am Anfang nicht gewusst hatte, was vor ihm lag, war Wangallon sein Lebenswerk und würde es immer bleiben. Dafür konnte er sich bei seiner schönen, untreuen Mary und seinem toten Bruder bedanken. Die eine hatte ihm den Anlass gegeben, um neu anzufangen, und der andere die Hartnäckigkeit, um Erfolg zu haben. Jetzt war er fast einunddreißig und hatte vier Söhne unter neun Jahren. Aber all das reichte noch nicht. Unter seiner Obhut standen über sechzig Seelen. Und doch verbrachte er seine Nächte entweder damit, in den Sternenhimmel zu blicken, oder mit einem schwarzen Mädchen namens Milly. Hamish seufzte, als er an das süße Gesicht von Claire Whittaker dachte.

Winter, 1867
    Wangallon Station
    Abdul war durch nicht näher erklärte Umstände aufgehalten worden und würde erst in über einem Monat, zu Beginn der Schafsschur, eintreffen. Sein Brief traf gleichzeitig mit einer Schachtel getrockneter Feigen ein, einem schwer beschädigten Klavier, genügend Tapeten, um das gesamte Haus zu dekorieren, und zwei prachtvollen Stoffballen, einer hellblau und einer in der Farbe von Teerosen. Hamish probierte sofort eine Feige, spuckte sie aber angewidert wieder aus.
    Rose freute sich darüber, ihre Tage mit Nähen füllen zu können. Seit sie in Wangallon war, bestand ihre tägliche Uniform aus einer weißen oder cremefarbenen Bluse und einem Rock von noch nicht einmal einem Meter Durchmesser. Davon besaß sie vier: einen cremefarbenen, einen grauen, einen braunen und einen hellgrünen. Gelegentlich band sie sich noch ein Halstuch um, als Ergänzung zu ihren anderen Accessoires: einem schmalen Gürtel, flache, braune Schnürschuhe und Strümpfe. Jetzt aber würde sie zwei neue Abendkleider mit Krinolinen von fast zwei Metern Durchmesser besitzen. Passende eng anliegende, hoch geschlossene Blusen mit Puffärmeln mit acht kleinen Knöpfen,

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