Weites Land der Träume
einem leeren Bett auf. Als ihr der Geruch des gestrigen Abendessens mit Macht in die Nase stieg, musste sie sich ins Bad schleppen und sich übergeben.
Nachdem sie sich den Mund abgewischt hatte, setzte sie sich unsicher auf und wartete, bis ihr Magen sich wieder beruhigt hatte. In diesem Moment hörte sie den Wagen davonfahren. Sie taumelte in die Küche und bereitete sich eine Tasse heißen süßen Tee. Teddy hatte ihr einen hastig bekritzelten Zettel neben den Herd gelegt.
»Habe vergessen, dir zu sagen, dass ich die nächsten beiden Tage in Oxford bin. T.«
Alice sank auf einen Stuhl und brach in Tränen aus. Er wollte das Baby nicht und hatte heute Morgen kein Wort mit ihr gesprochen. Sie konnte den Schmerz kaum ertragen. Vorsichtig betastete sie ihren Bauch.
»Ich freue mich auf dich«, flüsterte sie. Dann legte sie die Arme auf die Tischplatte und vergrub das Gesicht in ihnen.
»Jemand zu Hause?«
Erschrocken hob Alice den Kopf, als eine elegante Erscheinung in der Tür auftauchte.
»Lässt du immer die Vordertür offen, damit jeder einfach hereinspazieren kann?«
»Harry!«, rief Alice aus. Zerzaust und tränenüberströmt sprang sie auf und warf sich ihrer Freundin in die Arme. »Was machst du denn hier?«
»Dich besuchen, du Dummerchen.« Harry umarmte Alice und bemerkte dabei das Durcheinander und den Zustand, in dem sich ihre Freundin befand. »Du siehst ja zum Fürchten aus. Was ist passiert?«
Rasch strich Alice sich die zerzausten Locken glatt und rückte ihren verrutschten Morgenmantel zurecht. Sie hoffte, dass sie nicht nach Erbrochenem roch.
»Du bist dafür so hinreißend wie eh und je. Was hältst du von einer Tasse Tee? Oder möchtest du ein Stück kalten Fasan?« Ihr Lachen erstarb.
»Wollen wir höfliche Konversation betreiben, oder erzählst du mir jetzt, warum du aussiehst wie frisch vom Bus überfahren?«, fragte Harry, suchte sich eine saubere Tasse und nahm einen Stapel Zeitungen vom Stuhl, damit sie sich setzen konnte. Alice ließ sich auch auf einen Stuhl sinken.
»Ich bin im dritten Monat schwanger.«
»Das ist ja wundervoll!«, rief Harry aus, sprang auf und fiel ihrer Freundin um den Hals. »Ich auch! Roody schwebt im siebten Himmel.«
»Das freut mich für euch beide«, erwiderte Alice und biss sich auf die Unterlippe.
»Ganz im Gegenteil zu Teddy«, mutmaßte Harry.
Alice nickte. »Er will das Baby nicht. Oh, Harry, ich fühle mich ja so elend«, stieß sie hervor, und Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Beschützend schlang sie die Arme um den noch nicht gewölbten Bauch.
»Am besten trinken wir jetzt eine Tasse Tee. Hast du Kekse im Haus? Ich verhungere.« Nachdem Alice die runde Keksdose geholt hatte, nahm Harry sich vier Stück. »Okay, und jetzt raus mit der Sprache.« Alice berichtete ihr von dem katastrophalen Abendessen, Teddys Reaktion, seiner geplanten Reise in die Türkei, dem Zettel und auch davon, dass er nach Oxford gefahren war, ohne sich von ihr zu verabschieden.
»Eigentlich wundert mich das nicht. Teddy ist ein Schatz, aber er hat die Angewohnheit, sich in Dinge hineinzusteigern, die ihm etwas bedeuten, und dann gibt es bei ihm kein Halten mehr. Und seine größte Leidenschaft bist nun einmal du. Von Anfang an schon wollte er dich mit niemandem teilen. Aber wenigstens hat er dir einen Zettel hinterlassen.«
»Warum musste er ausgerechnet gestern Abend noch arbeiten? Ich habe ihn bis spät nach Mitternacht telefonieren gehört.«
»Das ist seine andere große Leidenschaft, du Dummerchen. Weil er den Schock nicht verkraftet hat, hat er sich in die Arbeit geflüchtet. Seit ich ihn kenne, redet er nur über sein Forschungsprojekt. Mit seinen Ergebnissen will er die Welt verändern.«
Sie beschrieb eine großartige Geste. Alice konnte ein Lachen nicht unterdrücken.
»Vielleicht hast du ja Recht«, räumte Alice ein und putzte sich die Nase. Dank Harrys Erklärung hatten sich einige ihrer Befürchtungen gelegt. »Aber warum fühle ich mich trotzdem nicht besser?«
»Weil du schwanger bist, du Gänschen. Wir beide sind schwanger, und unsere Hormone schlagen Purzelbäume. Vor zwei Wochen habe ich Roody eine Riesenszene gemacht, weil er sich geweigert hat, um zwei Uhr morgens loszugehen, um mir ein Glas Essiggurken zu kaufen.«
Trotz ihrer Tränen musste Alice kichern. »Und nach dem zu urteilen, was du mir gerade erzählt hast, hättest du dir keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können, liebe Freundin«, fuhr Harry fort. »Er betrachtet
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