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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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ihre Nichte auf die Wange. »Du hast Glück, dass sie so eine treue Seele ist.«
    »Ich hatte in vielen Dingen Glück«, erwiderte Alice leise, steckte Tante Bea ein Bündel Geldscheine in die Tasche und hielt Vicky die Hand hin. »Das ist ein verspätetes Geburtstagsgeschenk von uns. Ich wollte dir eigentlich etwas Besonderes besorgen, aber ich hatte vor lauter Arbeit keine Zeit dazu.« Als Bea das Bündel herausholte und das Geld zählte, blieb ihr der Mund offen stehen. Alice hatte ihr dreihundert Dollar geschenkt. Rasch faltete sie die Banknoten zusammen und wollte sie Alice zurückgeben.
    »Sei nicht albern, Alice. Du nimmst Kredite bei der Bank auf und verteilst das Zeug dann, als wüchse es an den Bäumen«, schimpfte Bea.
    »Okay, dann ist es eben kein Geburtstagsgeschenk«, entgegnete Alice unbeirrt. »Ich gebe es euch, weil ich dich und Ray liebe und weil ihr so viel für mich und meine kleine Familie getan habt. Ich möchte euch für euer Vertrauen danken, dass ich es mit MerryMaid schaffen werde.« Ihre Augen funkelten gefährlich. »Und wenn ihr mich zwingt, es zurückzunehmen, fühle ich mich beleidigt. Außerdem weiß ich genau, dass Vickys neues Kleid nicht aus einem Billigladen ist, ganz zu schweigen von Bens neuen Schuhen.« Beas Miene wurde ein wenig versöhnlicher. »Bitte, Tante Bea, kann ich dir nicht ein kleines bisschen helfen?«
    Tante Bea wurde von Rührung ergriffen. »Ich frage mich, ob deine Mutter noch ganz richtig im Kopf ist«, meinte sie zu Vicky und umarmte die beiden fest.
    Als Alice und Vicky nach Hause kamen, schlief Ben tief und fest, und Marigold sterilisierte in der Waschküche Milchflaschen. Alice schlich sich in das fröhlich gestaltete Zimmer, um ihren dreijährigen Sohn zu küssen, und überbrachte Marigold anschließend die gute Nachricht.
    »Haben die Jungs die Windmühle wieder hingekriegt?«, fragte sie dann, womit sie Fraser und Jimmy meinte, während Marigold noch die frohe Botschaft verdaute. Vicky war verschwunden, um für ihr Kätzchen ein Nest im Heuschober vorzubereiten.
    »Prima!« Marigold tauchte die letzte Flasche in die Sterilisierlösung. »Ich hatte auch einen wundervollen Tag!«, sprach sie weiter und strahlte übers ganze Gesicht. »Komm, ich zeige es dir.« Sie packte Alice an der Hand und zog sie mit. Erst am Eingang eines der Ställe wurde sie langsamer, legte den Finger an die Lippen und bedeutete Alice still zu sein. Alice warf einen Blick in den provisorischen Pferch im Stall, dessen Boden mit Stroh bedeckt war. Dort in der Dämmerung lag, schlafend und in eine warme Decke gekuschelt, ein schneeweißes Lämmchen, an dessen Bäuchlein noch die schwarze Nabelschnur hing.
    »Fraser hat es gefunden, als er mit Jimmy die Windmühle repariert hat. Es ist ein Waisenkind. Als er das klägliche Blöken hinter einem Busch hörte, hat er es mitgenomen und hergebracht. Dann hat er mir gezeigt, wie man es füttert.«
    Man konnte Marigolds Glück fast mit Händen greifen. Kurz wurde Alice von Neid überwältigt, als sie sich an den Tag erinnerte, an dem Robert ihr die beiden verwaisten Lämmer geschenkt hatte. Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen.
    Erstaunt über ihre Reaktion, blickte Marigold sie an. »Fühlst du dich nicht wohl?«, fragte sie erschrocken.
    Alice blinzelte, nickte und zwang sich, ihre glücklich strahlende Freundin anzulächeln.
    »Es war ein langer Tag, und vermutlich habe ich mir mehr Sorgen um die Farm gemacht, als ich mir eingestehen wollte. Außerdem werde ich immer sentimental, wenn ich ein verwaistes Lamm sehe.«
    »Das arme Ding war am Verhungern«, erklärte Marigold, deren Gedanken immer noch um das Lämmchen kreisten. Offenbar freute sie sich darüber, sich um ein weiteres kleines Lebewesen kümmern zu können. Alice tätschelte Marigold die Schulter und versuchte, die quälenden Erinnerungen zu vertreiben.
    Fraser begleitete Alice auch zur nächsten Privatauktion Sie fand Ende August statt und war viel größer als die, die sie im April besucht hatten. Hunderte von Mutterschafen und unzählige Widder standen zum Verkauf. Alice bekam Herzklopfen, als sie mit Fraser auf die riesigen Pferche zuging, in denen die Schafe unruhig den gelben Staub aufwirbelten. Das Stimmengewirr der Auktionatoren und Sprecher, das Gefuchtel der Ausgucker, die vertrauten Gerüche und die spöttischen Kommentare der Käufer hatten etwas an sich, das Alice immer in Begeisterung versetzte. Allerdings würde sie, wie sie sich gleichzeitig enttäuscht

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