Weites Land der Träume
ansteckend.
»Aber vergiss nicht, dass du sie selbst versorgen musst«, mahnte Thomas und drückte Alice liebevoll an sich. »Du musst sie füttern und tränken, sie nach den Ausritten striegeln und den Stall ausmisten.«
»Aber natürlich! Daddy, sie ist ja so schön!«, rief Alice aus und ließ die Hände noch einmal über Scheherazades glatte goldbraune Flanken gleiten. »Wo hast du sie denn her?« Plötzlich verdüsterte sich ihre Miene und sie sah ihren Vater besorgt an. »Was ist mit Onkel Ray?« Sie senkte die Stimme. »Nie im Leben wird er mir erlauben, sie zu behalten. Kannst du nicht mit ihm reden, Daddy? Bitte, bitte!«
»Selbstverständlich erlaubt er es dir, Prinzessin«, erwiderte Thomas unbekümmert. Noch während er sprach, näherte sich von hinten ihr Onkel, und sein Schatten fiel auf Vater und Tochter. Flehend blickte Alice in sein wettergegerbtes finsteres Gesicht. Von dem Funkeln, das sie vorhin in seinen Augen wahrgenommen hatte, war nun nichts mehr zu sehen. Ohne auf sie zu achten, wandte sich Ray an Thomas.
»Hallo, Thomas. Wem gehört denn das Pferd?« Er zog die Pfeife aus der Tasche und schlug sie in seine Handfläche. »Das Tier hat sicher eine Stange Geld gekostet. Sieht nicht aus wie ein gewöhnlicher Gaul.« Er steckte die Pfeife in den Mund.
»Hallo, Ray. Wie geht es dir«, begrüßte Thomas seinen Schwager gelassen. Ray blieb abwartend stehen.
»Mir«, beantwortete Thomas Rays Frage schließlich, um das beklemmende Schweigen zu brechen. »Ich habe mir bei meiner letzten Stelle ein bisschen was extra verdient.« Er tippte sich viel sagend an die Nase und warf Ray einen verschwörerischen Blick zu. »Ich habe sie für meine Prinzessin gekauft. Sie hat es verdient.« Er zwinkerte Alice zu.
»Ach, ja«, erwiderte Ray finster. »Für Alice also.« Als Alice seinen ärgerlichen Tonfall hörte, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken.
»Ja! Für meine Kleine«, antwortete Thomas strahlend.
»Nicht, solange ich noch etwas mitzureden habe«, gab Ray mürrisch zurück und nahm die Pfeife aus dem Mund. »Ich kann kein gottverdammtes Pferd gebrauchen, das mir den Garten aufwühlt.«
Nachdem er die Pfeife wieder zwischen die Lippen gesteckt hatte, warf er der Stute einen erbosten Blick zu. Alice hielt den Atem an.
»Stell dich doch nicht so an, Ray. Mach dem Mädchen doch die Freude«, flehte Thomas aufgeregt.
Die Falte zwischen Onkel Rays Augen wurde tiefer. »Ich glaube, ich habe dieses Pferd schon mal gesehen«, verkündete er.
»Das kann nicht sein«, platzte Thomas heraus. »Ich habe es ehrlich in einer Wette gewonnen.«
Onkel Ray zog die Augenbrauen hoch. »Kann durchaus sein, aber das ändert gar nichts. Was willst du jetzt damit machen?«
»Wie ich schon sagte, ist es ein Geschenk für Alice.« Die beiden Männer sahen Alice an. Ray machte schon den Mund auf, doch da bemerkte er Alices enttäuschte Miene. Er überlegte es sich anders, klopfte seine Pfeife aus und steckte sie wieder ein.
»Ich weiß nicht, was mit dir los ist, Thomas Ferguson. Es gibt einfach Leute, die überall, wo sie hinkommen, nur für Schwierigkeiten sorgen.« Ray seufzte laut auf. »Und jetzt müssen wir uns einen gottverdammten Pferdeanhänger leihen, um das dämliche Vieh nach Hause zu schaffen. Schließlich können wir es schlecht hier zurücklassen.« Er wandte sich zum Gehen.
»Heißt das, du sagst ja, Onkel Ray?«, rief Alice und hüpfte auf und nieder.
»Nicht ja, sondern vielleicht«, erwiderte er zögernd. »Wir müssen zuerst mit deiner Tante sprechen. Aber das Tier kommt mir irgendwie bekannt vor.«
Er kratzte sich am Ohr. »Bist du sicher, dass du sie ehrlich erworben hast?«
»Es könnte nicht ehrlicher sein«, antwortete Thomas lachend und versetzte Alice einen Rippenstoß. »Schau, ich habe dir ja gesagt, dass es kein Problem wird, Scheherazade zu behalten.« Er sah Ray an. »Alice hat sich schon Sorgen gemacht.«
»Scheherazade! Was ist denn das für ein Name für ein Pferd?«
Ray schüttelte den Kopf.
»Ich könnte sie ja Sherry nennen. Das ist kürzer«, schlug Alice hoffnungsvoll vor. »Ich verspreche, mich um sie zu kümmern, Onkel Ray.«
Ray musterte ihr aufgeregtes Gesicht. »Du weißt auf alles eine Antwort, was, junges Fräulein«, meinte er, doch sein Tonfall war freundlicher geworden. »Und jetzt gehen wir am besten zu Elders und schauen, ob wir dort einen Anhänger mieten können.« Er hatte die Pfeife wieder im Mund. »Aber irgendwas gefällt mir trotzdem nicht an
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