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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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etwas an seinen Bewegungen merkwürdig, denn er zuckte nur ziellos hin und her. Alice ritt dichter heran und stellte fest, dass sich das Tier in einer der engen Maschen des Zauns verfangen hatte und sich wegen seiner geschwungenen Hörner nicht selbst befreien konnte.
    »Ach, das arme Ding«, murmelte Alice, stieg rasch ab und band die Zügel des Pferdes am Zaun fest.
    Die Bewegung hinter ihm versetzte den Widder in Todesangst, und er versuchte erneut, die Hörner aus dem Zaun zu ziehen. Doch wieder blieben sie zwischen den engen Maschen stecken. Vorsichtig näherte sich Alice dem Tier, dessen Kräfte zu erlahmen drohten. Sie überlegte, ob sie zum Haus zurücklaufen und eine Drahtschere holen oder den Widder lieber selbst befreien sollte, und entschied sich für die zweite Möglichkeit.
    »Du musst den Kopf des blöden Viehs nach vorne schieben und ihn dann drehen, damit er freikommt. Dann sollte er eigentlich durchrutschen – vorausgesetzt, du schaffst es, dass das Biest sich bewegt«, hatte sie einen Freund von Onkel Ray einmal zu Ben sagen gehört. Allerdings handelte es sich um einen sehr großen Widder, und sie war nur ein kleines Mädchen. Unbeirrt griff Alice in die dichte Wolle am Hals des Widders und schob. Doch das verängstigte Tier wich sofort mit vor Schreck geweiteten Augen zurück. Zehn Minuten lang mühte sich Alice ab, aber der Widder war viel zu schwer und zerrte immer weiter, sodass sich seine Hörner wieder und wieder im Maschendrahtzaun verkeilten. Selbst als der Widder zu erschöpft war, um sich zu sträuben, hing er mehr im Zaun als zu stehen, und sein Kopf wog zu viel, als dass Alice ihn in die richtige Position hätte bringen können.
    Als Alice klar wurde, dass sie so nicht weiterkam, fasste sie einen schnellen Entschluss. Sie betete, dass das Tier noch leben würde, wenn sie zurückkam, sprang auf den Rücken des Pferdes und grub ihm die Fersen in die Flanken. Sie wünschte, es wäre so schnell gewesen wie Sherry, als sie in rasender Geschwindigkeit zum Haus zurückgaloppierte. Sie stürmte in die Sattelkammer und sah sich nach einer Drahtschere um. Doch es war keine zu entdecken.
    Alice zwang sich zur Ruhe und suchte systematisch den Schuppen ab, bis sie das Gesuchte gefunden hatte. Gerade preschte sie auf dem Pferd zurück zur Weide, als Hal und Ray im Pickup eintrafen. Ohne auf ihre ärgerlichen Rufe zu achten, zwang Alice das widerstrebende Pferd zum Galopp. Der Widder hing hilflos im Zaun, als sie vom Pferd sprang. Seine müden Augen waren glasig vor Angst. Alice stemmte sich gegen den gewaltigen Kopf des Tiers, zwängte den unnachgiebigen Draht zwischen die Klingen des Drahtschneiders und drückte. Zu ihrer Erleichterung gab der Draht nach. Zwei weitere Schnitte, und der Widder war frei. Als er bemerkte, dass der Widerstand verschwunden war, taumelte er erschrocken davon. Zu Alices Erstaunen graste er schon wenige Minuten nach diesem schrecklichen Erlebnis so friedlich, als wäre nichts geschehen. Mit einem Auflachen sank Alice zu Boden. Doch schon im nächsten Moment wurde sie von wütendem Gebrüll unsanft in die Wirkichkeit zurückgeholt.
    »Was zum Teufel bildest du dir eigentlich ein, du dummes Ding!«
    Triumphierend blickte Alice auf und sah Hals und Onkel Rays vorwurfsvolle Mienen. »Ich habe ihn befreit. Das dämliche Tier ist im Drahtzaun hängen geblieben und hätte sich fast umgebracht. Doch jetzt merkt man ihm schon nichts mehr an.« Alice wies auf den Widder, der immer noch friedlich weidete. Die beiden Männer betrachteten das Loch im Zaun, an dem noch Wollfäden hingen, und schließlich die Drahtschere auf Alices Schoß, und Hals Worte erstarben ihm auf den Lippen. Erstaunen malte sich auf seinem Gesicht, und sein Tonfall hatte sich stark verändert, als er schließlich das Wort ergriff.
    »Da warst du aber ziemlich geistesgegenwärtig. Ich denke, ich bin dir etwas schuldig.« Er lächelte Alice verkniffen zu. Inzwischen hatte Alices Hochstimmung nachgelassen. Langsam stand sie, die Drahtschere in der Hand auf, und starrte Hal verstockt an.
    »Keine Ursache, Mr. Tyson. Vielleicht sollten Sie öfter nach Ihren Tieren sehen.«
    »Das habe ich mir wahrscheinlich selbst eingebrockt, du Frechdachs.« Hal lachte rau auf. »Weil wir es gestern so eilig hatten, die Herde auf höher gelegenes Gelände zu treiben, hatten wir keine Zeit, uns um ihn zu kümmern. Wahrscheinlich hat er sich während der Nacht im Zaun verfangen.« Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Du

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