Weites Land der Träume
wir auf höher gelegenes Gelände treiben können, aber jetzt ist das Problem, es mit Futter zu versorgen. Im schlimmsten Fall könnten wir noch die Pferde nehmen, doch das würde ich lieber vermeiden, weil es so viel länger dauert.«
»Geschieht dir recht, du Dreckskerl«, murmelte Alice leise.
»Wenigstens haben wir die Widder in die Koppel am Haus bringen können«, fuhr Hal fort, während die drei Männer das Getriebe in den Pickup luden. »Aber selbst da war die Gefahr noch nicht gebannt. Das beste Tier musste ich vorgestern noch einmal verlegen, da eine Überschwemmung drohte. Ein furchtbarer Sturschädel, aber er bringt mir eine Menge Geld ein.«
»Dann sollten wir wohl besser anfangen, alter Junge, anstatt hier herumzustehen wie die Tratschweiber«, knurrte Ray. »Wir werden den Großteil des Tages brauchen, um das Getriebe wieder hinzukriegen, und das auch nur, wenn das Problem dort liegt, wo ich es vermute. Alice, geh ins Haus und mach dich dort nützlich.«
»Richte meiner Frau aus, wir würden uns freuen, wenn nachher ein schöner heißer Tee auf dem Tisch steht«, fügte Hal hinzu. Mit diesen Worten sprangen die Männer mit den Hunden in den Wagen und fuhren los.
Alice schnitt eine Grimasse, als sie dem Pickup nachblickte. Heißer Tee auf dem Tisch! Zum Teufel damit. Würde ihr Leben auch so aussehen, wenn sie erst einmal erwachsen war? Kochen, Waschen und Nähen? Nicht, solange sie noch ein Wörtchen mitzureden hatte. Widerstrebend trottete sie ins Haus.
Doch zu ihrer Erleichterung war Mrs. Tyson nicht zu Hause, und alles war blitzsauber. Auf dem Tisch lag ein Zettel mit der Nachricht, das Abendessen bestehe aus Aufschnitt, Brot und Obstkuchen und befände sich in der Speisekammer – ein eindeutiger Hinweis darauf, dass Mrs. Tyson Wert auf ihre Unabhängigkeit legte. Alice lachte auf. Außerdem bedeutete es, dass sie den ganzen Nachmittag für sich haben würde. Die Zeit reichte, um Sherry zu finden, falls sie noch auf der Farm war. Rasch eilte Alice hinaus, um die Sattelkammer zu suchen. Als sie die Tür des zweiten Schuppens öffnete, sagte eine Stimme hinter ihr: »Hier ist niemand außer mir.« Alice wirbelte herum und stand vor einem Aborigine-Mädchen mit leuchtenden dunklen Augen, das schätzungsweise in ihrem Alter war.
»Wer bist du?«
»Ich komme manchmal her, um auszuhelfen.«
»Ich bin Alice. Du weißt nicht zufällig, ob es hier irgendwo ein goldbraunes Pferd mit einer weißen Nase gibt, das auf den Namen Flying Start hört?«
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich bin nur manchmal hier, wenn die Frau vom Chef Besuche macht.«
»Oh«, erwiderte Alice. »Tja, ich habe noch etwas vor. Also, bis später.«
Alice steuerte auf den nächsten Schuppen zu, in der Hoffnung, endlich den richtigen entdeckt zu haben. Sie hatte Erfolg. An der Wand hingen verschiedene Zaumzeuge, Sättel und Peitschen. Ohne auf die Sättel zu achten, griff Alice nach einem Zaumzeug und näherte sich selbstbewusst einer Gruppe von Pferden, die am anderen Ende der Weide graste. Allerdings versank sie schon auf halbem Wege bis zu den Knöcheln im Schlamm. Zu ihrer Erleichterung war das Mädchen bei ihrer Rückkehr verschwunden. Nachdem Alice in ein Paar zu großer Gummistiefel geschlüpft war, machte sie sich wieder auf den Weg zu den Pferden. Obwohl sie wegen der Stiefel nur langsam vorankam, hatte sie ihr Ziel nach einer Weile erreicht. Die treuen Arbeitspferde scheuten nicht vor Alice zurück, und so brauchte sie nicht lange, um einem das Zaumzeug überzustreifen und sich auf seinen Rücken zu schwingen.
Es war wundervoll, endlich wieder zu reiten. Allerdings konnte sie in den nächsten beiden Stunden keine Spur von Sherry entdecken und kehrte enttäuscht zur Koppel zurück. Ihre Beine taten weh vom Antreiben des Pferdes, und die Stiefel hatten ihr die Füße wund gerieben, doch den größten Schmerz empfand sie in ihrem Herzen. Tja, wenigstens würde sie nicht mehr lange hier bleiben müssen, denn die Männer hatten gesagt, sie wollten noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu Hause sein. Langsam ritt sie entlang der Hügel hinter dem Haus und ließ das Pferd nach Belieben grasen. Gerade hatte sie beschlossen umzukehren, als sie in einer Ecke der Koppel eine massige graue Gestalt bemerkte. Da sie sonst nichts zu tun hatte, trieb sie das Pferd zum Trab an. Als sie näher kam, erkannte sie, dass es sich um einen ausgewachsenen Widder handelte, der mit den Hörnern den Drahtzaun bearbeitete. Allerdings war
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