Weites Land der Träume
die Arme. Nur Katie fehlte, Bea und Ray waren sich einig gewesen, dass es angesichts der vielen hübschen Burschen, die es hier gab, besser war, wenn sie in diesem Jahr in Sydney blieb.
Bei Sonnenuntergang hielt Vater O’Reilly einen Gottesdienst ab, traute zwei Paare und taufte vier Babys. Die Frauen verteilten zum Abendessen köstliche Kuchen und Kannen voller Tee. Als Alice und Bea ihren Kuchen anschnitten, kündigte lauter Jubel die Ankunft des Bierlasters an, und alle halfen mit, die Bierfässer herauszurollen. Nachdem sämtliche Fässer entladen waren, bildeten sie zwischen dem Laster und dem Ausschank eine Reihe, die so lang war wie die Rennbahn selbst. Schließlich gingen alle müde, aber zufrieden zu Bett.
Am nächsten Tag half Alice Bea, unzählige Steaks zu grillen und riesige Mengen Kartoffeln zu schälen. Es kümmerte sie nicht, dass ihr der Rücken wehtat, dass ihr der Qualm des Grillfeuers in den Augen juckte und dass sie sich schon zwei Mal am Teekessel die Finger verbrannt hatte. Für sie waren die Rennen ein großartiges Ereignis.
Am dritten Tag der Rennen schob Alice mit leicht zitternden Händen ihr widerspenstiges schwarzes Haar unter den breitkrempigen Buschmannhut, während Ben Sherrys Zügel festhielt. Sie fragte sich, ob sie diesmal nicht zu weit gegangen war, sich zu den Rennen für Männer unter fünfundzwanzig anzumelden. Erst vor einigen Wochen hatte man sie gewaltsam aus einem Schafstall geworfen, und kurz zuvor war sie dabei erwischt worden, wie sie versucht hatte, sich in eine Widderauktion einzuschleichen. Onkel Ray war gar nicht erfreut gewesen. Doch sie steckte entschlossen das Hemd, das Ben sich von einem Freund geliehen hatte, in den Bund ihrer Jeans und zog mit trotziger Miene den Gürtel fest. Männersache! Wenn man sie nicht ständig mit diesem Wort gequält hätte, hätte sie sich vielleicht gar nicht dazu verleiten lassen, die Wette anzunehmen. Inzwischen meldeten sich auch bei Ben erste Zweifel.
»Ich glaube, es ist doch keine so gute Idee, Alice. Die anderen Kerle sind fast doppelt so groß wie du, und die meisten haben inzwischen ordentlich getankt.«
»Du darfst mich jetzt nicht im Stich lassen, Ben«, protestierte Alice mit zusammengebissenen Zähnen. »Außerdem ist es sowieso schon zu spät. Larry hat meinen Namen notiert. Und wenn die Burschen voll sind, reiten sie vielleicht in die falsche Richtung.« Selbstbewusster, als sie sich fühlte, lachte sie auf und rückte zum dritten Mal Sherrys Sattelgurt zurecht.
»Bestimmt wird jemand Sherry erkennen. Was ist mit Onkel Ray und Tante Bea?«
»Hör auf, Panik zu verbreiten, Ben! Du machst mich damit nur noch nervöser«, zischte Alice. »Tante Bea nimmt mit den anderen Müttern an der Modenschau teil und wird den Großteil des Tages damit beschäftigt sein. Außerdem hast du ja selbst gehört, wie Onkel Ray sagte, er wolle in diesem Jahr unbedingt beim Heuballenwerfen gewinnen. Anschließend geht er bestimmt wie immer zum Bierausschank, weil er Durst hat. Dieses Rennen schauen sie sich also ganz sicher nicht an.«
»Es wird schief gehen«, beharrte Ben. »Und wenn du gewinnst, werden sie ohnehin rauskriegen, wer du bist. Dann bekommen wir beide jede Menge Ärger.«
»Das ist mir egal. Ich will einfach nur gewinnen, um es ihnen allen zu zeigen«, gab Alice trotzig zurück, steckte den Fuß in den Steigbügel und sprang elegant auf Sherrys Rücken. Als sie Bens besorgten Blick bemerkte, fügte sie hinzu: »Wir schaffen das, Ben. Wenn ich gewinne, lasse ich mir etwas einfallen!« Sie tätschelte Sherrys Hals und warf einen Blick auf die Rennbahn, wo sich die übrigen Teilnehmer allmählich aufreihten. Wie sie gehofft hatte, herrschte ein fröhliches Tohuwabohu, in dem sich niemand wirklich verantwortlich fühlte und alle durcheinander schrien. Sherry, die Alices Anspannung spürte, tänzelte zur Seite.
»Ganz ruhig, altes Mädchen«, sagte Alice und zügelte die Stute. »Ich warte noch ein paar Sekunden und schlüpfe dann dazwischen, kurz bevor es anfängt. Sie rückte sich den breitkrempigen Buschmannhut tiefer in die Stirn und zog das Band fest unter dem Kinn zusammen. »Wünsch mir Glück, Ben.«
»Mach sie alle fertig, Schwesterchen.« Ben steckte die Hände in die Taschen und drückte die Daumen, während Alice die nervöse Sherry rasch durch die Menschenmenge zum Start manövrierte.
In letzter Minute senkte Alice den Kopf und trieb Sherry an, sodass sie die Position erreichten, kurz bevor der Startschuss
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