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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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fiel. Nach einem Blick auf den Konkurrenten neben sich, machte Sherry auf Alices Befehl einen Satz vorwärts und galoppierte mit den anderen, gefolgt von einer dicken ockergelben Staubwolke, die Rennbahn entlang. Rasch ließen Ross und Reiterin das Gewühl der alkoholisierten Teilnehmer hinter sich, und Alice erkannte rasch, dass sie sich mit den sechs Besten ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferte. Aufregung ergriff sie, als sie weiterpreschte. Das Gesicht gut verborgen unter dem breitkrempigen Hut und alle ihre Gedanken auf die Ziellinie gerichtet, schob sie sich auf den fünften Platz vor. Als sie die Markierung der halben Strecke passierten, stieß der Teilnehmer neben ihr fast mit Sherry zusammen, sodass die Stute heftig zur Seite schlingerte. Alice stabilisierte das Pferd und raste, begleitet vom ohrenbetäubenden Donnern der Hufe und angefeuert von den Zuschauern, weiter.
    Fast lag sie flach auf Sherrys Hals und hob das Hinterteil aus dem Sattel, als sie Sherry zu noch schnellerem Tempo antrieb. Während sie sich der Zielgeraden näherte, überholte Sherry erst das vierte und dann auch das dritte Pferd. Kaum zu fassen, aber inzwischen war sie an zweiter Stelle. Wenn Sherry diese Geschwindigkeit hielt, bestand noch eine Chance auf Sieg. Alice richtete all ihre Sinne auf den Abstand zwischen Sherry und dem erschöpften schnaubenden Rappen vor sich. Die Lücke wurde immer kleiner. Nun ritten die beiden Kopf an Kopf. Inzwischen hatte sich eine große Menschenmenge versammelt und feuerte die beiden Pferde an, die Seite an Seite auf die Zielgerade zurasten. Alice stand aufgerichtet in den Steigbügeln und flehte Sherry an, nur noch ein klein wenig schneller zu laufen. Ein Schrei erhob sich, als Pferd und Reiterin eine halbe Kopflänge vor dem großen Rappen über die Zielgerade flogen. Alice bekam vor Aufregung kaum Luft. Sie hatte es geschafft. Sie hatte gewonnen.
    Sie zügelte Sherry, ließ sich auf die Schulter des Pferdes sinken und fragte sich, wer wohl mehr schwitzte, sie oder das Tier.
    »Das war ein tolles Rennen, mein Junge«, sagte da eine Stimme. »Ich wusste schon immer, dass dieses Pferd es in sich hat. Wie hast du die kleine Alice bloß dazu gebracht, dich reiten zu lassen?« Schlagartig ernüchtert blickte Alice hinunter und in die Augen von Hal Tyson. Im nächsten Moment verfing sich ein Windstoß in ihrem Hut und wehte ihn achtlos zu Boden. Zu spät. Hastig fasste Alice sich an den Kopf, als schon die letzte Haarnadel herausrutschte, sodass ihr das pechschwarze Haar offen über die Schultern fiel. Erstaunt riss Hal die Augen auf.
    »Ach, du heiliger Strohsack. Du bist eine verdammt gute Reiterin, du kleiner Frechdachs. Aber du weißt ja bestimmt, dass du disqualifiziert werden wirst«, fügte er hinzu, als sich einer der Preisrichter einen Weg durch die Menschenmenge rings um Alice bahnte. Die Glückwünsche erstarben ihm auf den Lippen.
    »Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, Mädchen, dass du so etwas tust«, brüllte Onkel Ray Alice an, während er Sherrys Anhänger verriegelte. »Lernst du es denn nie?«
    Alice hörte höflich zu und war fest entschlossen, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, während Onkel Ray ihr erklärte, was für eine Todsünde sie begangen hatte. Sie hatte zwar damit gerechnet, Aufsehen zu erregen, aber eine derartige Missbilligung und so viele abfällige Bemerkungen von Seiten der übrigen Besucher hatte sie nicht erwartet.
    Ray war außer sich vor Wut, denn Alice hatte seiner Ansicht nach Schande über die Familie gebracht. Und so achtete er nicht auf Beas leisen Einwand, er übertriebe es vielleicht ein wenig, und bestand darauf, dass sie sofort ihre Sachen packten und abfuhren. So würden sie nicht nur auf den Rest des Urlaubs verzichten müssen, sondern auch den Ball verpassen, an dem Bea ihr neues Kleid hatte vorführen wollen. Nur die Erinnerung an das Glücksgefühl im Moment ihres Sieges hinderte Alice daran, während Onkel Rays langer Tirade und der in eisigem Schweigen verbrachten Rückfahrt nach Billabrin in Tränen auszubrechen. Schließlich hatte sie in fairem Wettkampf gegen alle übrigen Teilnehmer gesiegt. Selbst die Disqualifizierung, die über Lautsprecher verkündet worden war, bedeutete eine Art Anerkennung.
    Wenigstens war Ben mit einem blauen Auge davongekommen, denn Alice hatte darauf bestanden, seinen Anteil an dem Plan herunterzuspielen. Verstohlen drückte er ihre Hand, während die Zwillinge den Blick gesenkt hielten und nicht wagten, ihre

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