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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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Bewunderung zu zeigen. Buddy lag im Sitz und schlief mit offenem Mund.
    Erst als sie vor dem Haus hielten und Ray verkündete, sie dürfe auf absehbare Zeit nicht mehr fliegen, war es mit Alices Selbstbeherrschung vorbei. Aber Tante Beas Bemerkung war es, die das Fass schließlich zum Überlaufen brachte.
    »Alice, mein Kind, du musst einsehen, dass es Regeln gibt, gegen die man nicht verstoßen darf«, meinte sie, um die Wogen zu glätten. Sie war zwar enttäuscht, doch es würde schließlich noch andere Picknicks geben. Viel mehr beunruhigte sie das Verhältnis zwischen Alice und Ray. Als sie aufseufzte, fühlte sich Alice, als hätte man sie geschlagen. »Wir haben unseren Platz im Leben, Alice, und die Männer haben ihren. So ist es nun einmal. Und wenn du die Regeln verletzt, musst du eben die Folgen tragen.«
    »Aber das hat doch nichts mit dem Fliegen zu tun, Onkel Ray«, flehte Alice, und ihre Unterlippe zitterte gefährlich.
    »Du hast deine Tante blamiert und dich zum Gespött des ganzen Bezirks gemacht. Vielleicht lernst du jetzt, wie man sich benimmt.«
    Es kostete Alice drei ganze Monate harter Arbeit und Überredungskunst, bis Ray endlich nachgab und ihr erlaubte, wieder Flugstunden zu nehmen. Sie wusste, dass sie das zum Teil Joker zu verdanken hatte. Doch die größte Enttäuschung war, dass sie eigentlich an ihrem sechzehnten Geburtstag den ersten Soloflug hatte absolvieren wollen – aber der war nur sechs Wochen nach dem Rennen.

Kapitel elf
    Alice hatte Schmetterlinge im Bauch, als sie auf Jokers Anwesen zugaloppierte. Trotz des ungewöhnlich kühlen April-morgens schwitzte sie bereits, und sie umklammerte die Zügel fester als gewöhnlich. Die letzten Monate waren die längsten in ihrem Leben gewesen. Selbst als sie endlich wieder die Erlaubnis gehabt hatte zu fliegen, war immer wieder etwas dazwischengekommen. Doch heute sollte ihr erster Soloflug stattfinden.
    Sie rutschte auf Sherrys Sattel zurecht und vergewisserte sich, dass das Logbuch wohlbehalten in ihrer Jeanstasche steckte. Dann klopfte sie zum wohl Tausendsten Mal auf ihre Brusttasche, wo der so oft gelesene Brief von Ben beruhigend knisterte. Ben war ein seltsamer Junge. In den letzten beiden Jahren waren sie einander wieder näher gekommen. Ben änderte sich von Minute zu Minute. Er konnte ausgelassen mit den Zwillingen herumtollen, und dann war er wieder ernst und nachdenklich und schrieb Gedichte. Sie konnte kaum fassen, dass er bald vierzehn werden würde. Lächelnd dachte sie daran, wie überrascht sie gewesen war, als sie ihm spontan von einem Traum erzählt hatte. Anstatt sie zu hänseln, hatte er sie bewundernd angesehen. Am nächsten Tag hatte sie auf ihrem Kopfkissen den Brief und ein winziges Sträußchen cremefarbener Strohblumen gefunden und Tränen gelacht, als sie seine unbeholfenen Versuche in der Dichtkunst las.
    Werd nicht zu schnell erwachsen
Werd nicht zu schnell groß
Dann bleiben wir zusammen
Und ziehen in ein Schloss
    PS: Irgendwie ging das mit dem Reim nicht richtig auf. Tut mir Leid. Alles Liebe, Ben.
    Dieses Gedicht war ihr Talisman geworden, und sie hoffte, dass es ihr heute wieder Glück bringen würde. Sie konnte sehen, wie die Cessna funkelnd in der Morgensonne auf Jokers Startbahn stand und darauf wartete, dass sie ihren ersten Soloflug absolvierte. Rasch setzten Pferd und Reiterin den Weg fort. Nachdem Alice von Sherrys seidenweichem Rücken geklettert war, sperrte sie sie in ihre übliche Koppel.
    »Wünsch mir Glück«, flüsterte sie. Sherry schnaubte, als Alice in den Hangar zu ihrem Lehrer eilte. Unterwegs band sie ihr störrisches schwarzes Haar wieder zusammen, das sich aus dem Gummiband gelöst hatte. Über ihr schwebte eine einsame Krähe.
    »Bereit für deinen ersten Soloflug?«, begrüßte sie Joker. Alice grinste ihn an.
    Als die nötigen Überprüfungen durchgeführt waren und Alice die letzten Anweisungen erhalten hatte, stieg sie ins Flugzeug. Sie hatte damit gerechnet, nervös oder zumindest aufgeregt zu sein, doch die Routine beruhigte sie. Sie hatte keine Mühe, sich sämtliche Abläufe ins Gedächtnis zu rufen, inzwischen waren sie ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Ihr Start war nahezu perfekt. Als sie die Maschine über den Flugplatz rollen ließ, war es nicht anders als in einer ganz gewöhnlichen Flugstunde. Sie vermutete, dass es sich bei den winzigen Gestalten, die inzwischen vor dem Hangar standen, um Joker und die übrigen drei Fluglehrer handelte. Erst als sie nach der

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