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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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wieder aufs Fliegen. Falls sie nicht aufhörte, über Robert nachzugrübeln, würde sie nie nach Hause kommen.
    Zumindest musste sie nicht mehr gegen den Wind anfliegen, doch dieser wurde immer stärker und rüttelte und schüttelte die Maschine, dass Alice all ihr Können aufbringen musste, um den Kurs zu halten. Das blendende Weiß der Wolken hatte sich in ein bedrohliches Grau verwandelt, und die Gewitterfront zog rasch auf Billabrin zu. Wenn das Unwetter losbrach, stand ihr ein unruhiger Flug bevor. Ängstlich sah sie auf die Uhr. Zwanzig vor vier. In knapp drei Stunden würde es dunkel werden, aber Alice kannte sich in dieser Gegend gut aus und wusste, dass sie trotz des Windes und des sich verfinsternden Himmels rechtzeitig zu Hause sein würde. In der Ferne durchzuckte ein Blitz den Himmel. Alice rutschte in eine bequemere Sitzposition, flog weiter und wischte die lautlosen heißen Tränen weg, die ihr die Wangen hinunterkullerten. Wieder blitzte es. Das Funkgerät sprang an, und Alice erschrak, als sie zufällig mithörte, wie Robert und Fraser das Roden des nächsten Baumstumpfes erörterten.
    »Was treibst du denn da, Bluey? Bist du etwa eingepennt? Jetzt gib schon Gas, damit wir das verdammte Ding rauskriegen und für heute Schluss machen können.«
    »Ich versuche ja mein Bestes, Kumpel. Aber auf dieser Holperpiste geht’s nicht schneller. Also hetz mich nicht, Blödmann.«
    »Doch. Ich lechze nämlich nach einem Drink. Und außerdem geht mir der Wind auf die Nerven.«
    Alice schaltete das Funkgerät ab, denn sie konnte den Schmerz nicht ertragen, der sie wie Tausende von Dolchstichen durchfuhr, als sie Roberts Stimme hörte. »Bluey, so habe ich ihn nie genannt«, dachte sie bedrückt. Dann aber stellte sie das Funkgerät wieder an. Bei diesen Wetterverhältnissen war es besser, mit Funk zu fliegen. Sie musste sich beruhigen und vernünftig sein, anstatt sich von ihren Gefühlen leiten zu lassen.
    Währenddessen redeten die beiden jungen Männer weiter. »Dieser Baumstumpf ist ein ziemliches Ungetüm, aber ich denke, das schaffen wir mit ein paar Anläufen, ohne dass es gleich den Traktor zerlegt. Ich ziehe einfach mal kräftig daran.«
    »Sei kein Idiot, Mann. Allein kriegst du das nicht hin. Ich bin in ein paar Sekunden bei dir.«
    »Hältst du mich für bescheuert, Bluey? Den Traktor lass ich dich fahren.« Alice musste über Frasers Neckereien lachen. Als Schweigen am Funk entstand, vermutete sie, dass die beiden Männer über die Aufgabenverteilung nachdachten. Dann ergriff Fraser wieder das Wort.
    »Okay, Bluey, immer mit der Ruhe. Bleib stehen, Kumpel. Bleib stehen!« Plötzlich stellten sich Alice die Nackenhaare auf, denn das Kreischen eines durchdrehenden Motors dröhnte durch den Lautsprecher.
    »Mein Gott, das ganze Ding fällt auf mich drauf!«, schrie Robert. »Zurück, Fraser. Verdammt, fahr zurück!« Der Funkkontakt brach ab.
    Mit einem Schlag wurde Alice aus ihren traurigen Grübeleien gerissen. Aufgeregt griff sie nach dem Funkgerät. »Bowen Farm, hier ist X-Ray Delta X-Ray. Fraser, ich komme zurück.« Das Herz klopfte Alice bis zum Halse. Sie riss die Maschine herum, schob das Steuerhorn nach vorne und flog in rasendem Tempo zurück zur Landebahn. Dabei stellte sie sich vor, wie Robert, bis zur Unkenntlichkeit zermalmt, unter dem Traktor lag. Während sie die Maschine anflehte, schneller zu fliegen, musste sie gegen die verzweifelte Angst ankämpfen, sie könnte zu spät kommen. Das Fliegen gegen den Wind kostete sie wertvolle Zeit, doch schließlich landete sie und brachte das Flugzeug schliddernd zum Stehen.
    Fraser sprang aus dem Geländewagen und eilte zu Robert hinüber. Der Traktor hatte sich rückwärts überschlagen, sodass Robert vom Sitz geschleudert worden war. Nun lag er auf dem Rücken, sein rechtes Bein war unter der Motorhaube eingeklemmt. Der gewaltige Baumstumpf, der wie ein bösartiger Wachposten auf einem kahlen grauen Hügel aufragte und seine riesigen Wurzeln emporreckte, hatte sich keinen Millimeter von der Stelle gerührt. Robert war aschfahl vor Schmerzen.
    »Mein Gott, Kumpel, hier wirst du mich nie rauskriegen«, stöhnte er.
    »Das klappt schon, keine Sorge«, keuchte Fraser. Er wagte nicht, sich Robert zu nähern, während er die Situation rasch einschätzte. Wenn er den Traktor nicht wegschob, würde Robert sterben. Und so, wie das Fahrzeug dort lag, bestand nur wenig Hoffnung, dass es ihm gelingen würde, es allein von dem zerschmetterten Bein

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