Weites wildes Land
nicht einmal das Wort an sie. Charlotte hielt das Gespräch in Gang, plauderte über Angelegenheiten, die die Farm betrafen, und das Mädchen hörte still zu. Da er ihr gegenübersaß, bemerkte er, daß der Gecko, der über der Decke lief, sie ängstigte. Aber er erklärte ihr nicht, daß es hier überall Geckos gab und daß sie völlig harmlos waren.
Fünftes Kapitel
Auch der Colonel in Palmerston hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Nachdem er das Hotel verlassen hatte, ging er zuerst zur kleinen Commercial Bank, um ein Konto zu eröffnen. Aber er mußte feststellen, daß die Bank geschlossen war. Ein Passant erklärte ihm den Weg zur Bank of Scotland. »Die Burschen von der Commercial Bank sind alle im Urlaub, wahrscheinlich auf Goldsuche. Ihre Bücher haben sie bei der anderen Bank hinterlegt.« Zwar fand Puckering das sehr merkwürdig, aber es stellte sich als richtig heraus. »Wir schließen immer abwechselnd«, erzählte ihm ein Schalterbeamter fröhlich. »Deswegen müssen Sie sich keine Sorgen machen. Wir haben alle Unterlagen unserer Kollegen, und ihr Geld bewahren wir in unserem Safe auf.« »So erwischen Bankräuber wenigstens gleich zwei Banken auf einen Streich«, bemerkte der Colonel. »Gott behüte! Sagen Sie doch nicht so etwas!« rief der Schalterbeamte aus. »Sonst bringen Sie die Leute noch auf dumme Gedanken.« Danach stattete der Colonel dem Polizeirevier einen Besuch ab. Doch er fand es offen und unbesetzt vor. Das Revier bestand nur aus einer kleinen Holzhütte, in der sich eine hohe Theke befand. Als er das Gebäude durchquerte und zum Hinterausgang wieder verließ, stieß er auf ein Häuschen, an dem ein Schild mit der Aufschrift »Wohnung« angebracht war. Ein alter Mann schnitt das Gras rund um das Häuschen mit einer Sichel. »Wer wohnt hier?« fragte Puckering. Der alte Mann betrachtete mit wäßrigen Augen seine Uniform. »Sie sind bestimmt der neue Boß.« »Der Polizeipräsident«, verkündete Puckering. »Das habe ich mir gedacht. Sie können reingehen. Es ist offen.« »Wo sind denn die Polizeibeamten?« Der alte Mann zog eine Pfeife aus der Hemdtasche. »Wollen wir mal sehen. Der Sergeant, Jim Morris, ist auswärts. Ein paar Eingeborene haben ein halbes Dutzend japanische Perlenfischer am anderen Ende der Bucht ins Jenseits befördert, und er ist losgeritten, um mal nach dem Rechten zu sehen. Der Wachtmeister, Bobby Slater, ist krank. Im Krankenhaus. Hat sich die Malaria geholt.« »Vielen Dank. Und die anderen beiden Beamten?« »Ach die! Die haben sich aus dem Staub gemacht. Ist schon eine Weile her, wenn ich mich recht erinnere.« »Wo ist das Gefängnis?« »Der Bau? Folgen Sie dem Pfad hier durch den Busch. Das lange Steinhaus, das ist es; platzt aus allen Nähten. Drum lassen die Wärter alle Weißen über Nacht raus, damit es weniger Schwierigkeiten gibt.« Als er bemerkte, wie der Colonel die Stirn runzelte, fügte er hinzu: »Es heißt, sie wollen ein größeres Gefängnis bauen; drüben in Fanny Bay. Aber bis jetzt ist noch nichts draus geworden.« »Ich verstehe«, meinte Puckering, der davon nicht wenig überrascht war. »Mein Gepäck sollte beim Polizeirevier abgegeben werden. Ist es schon angekommen?« »Aber selbstverständlich. Ich habe es für Sie ins Haus geschleppt.« Er kam langsam und öffnete die Eingangstür. »Hier muß mal ein bißchen saubergemacht werden, finde ich.« Puckering ging über die baufällige Veranda ins Haus, wo ihm der beißende Gestank nach Schimmel heftig in die Nase stieg. »Du meine Güte«, rief er aus, stürzte zu den Fenstern und riß sie auf. Im Licht erkannte er, daß die Wände schwarz von Schimmel waren und die Bodendielen weiße Flecken aufwiesen. Ratten huschten hinter die Schränke, und die Tür zum Schlafzimmer wurde von einem riesigen Spinnennetz versperrt. »Diese Bruchbude ist ja widerlich!« schimpfte er. »Nicht gerade luxuriös«, gab der alte Mann zu. »In diesem Klima darf man ein Haus nicht verrammeln. Aber der Schimmel läßt sich abwaschen.« Verzweifelt sah Puckering sich um. Hier konnte er unmöglich einziehen. Und offenbar würde er anfangs die niedrigen Pflichten eines Wachtmeisters versehen müssen. Jemand mußte schließlich dafür sorgen, daß das Revier besetzt war. »Wo kann ich jemanden bekommen, der hier saubermacht?« »Schätze, am besten besorgen Sie sich einen chinesischen Diener. Der kümmert sich schon darum. Und behalten Sie ihn. Die Chinesen verstehen sich aufs Kochen und aufs
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