Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
Vom Netzwerk:
verhärmte Frau, eine ältere Version von Maudie. Sie wusch sich, bürstete sich kräftig das Haar und sah sich dann nach ihrer Tasche um. Doch sie mußte feststellen, daß jemand ihre Kleider ausgepackt, gebügelt und in den Schrank gehängt hatte. Sie errötete. Nun wußten sie alle, wie arm sie war, daß sie nur ein paar Kleider und die nötigste Unterwäsche besaß. Wie demütigend! Doch es war nun nicht mehr zu ändern. Eilig zog sie das blaue Kostüm, Schuhe und Strümpfe an und setzte sich dann an den Tisch. Es war wichtig, daß sie ruhig und gefaßt wirkte, wenn Mrs. Hamilton zurückkam, obwohl sie sich gar nicht so fühlte. Aber wenigstens hatte sie zur Abwechslung gut geschlafen. »Offenbar«, sagte sie sich, »muß ich erst völlig erschöpft sein, damit ich endlich Ruhe finde.«    
     
    * * *
     
    Sie saßen auf der schattigen Veranda mit Blick auf die blühenden Büsche und das Meer von Baumwipfeln jenseits des Pfads. Cocky stolzierte umher, kreischte und prahlte mit seinen Künsten. »Also«, fing Charlotte an. »Glauben Sie wirklich, daß Sie hier draußen arbeiten wollen?« »Wenn Sie mich nehmen.« »Meine Liebe, es geht nicht darum, ob ich Sie nehme. Ich würde mich freuen, wenn Sie blieben.« »Das ist sehr freundlich von Ihnen.« »Das ist es nicht. In meinem Alter hat man ziemlich viel Menschenkenntnis. Und ich glaube, daß der erste Eindruck nicht trügt.« Sibell dachte an Logan. Ihr erster Eindruck von ihm war nicht zu günstig gewesen. Hatte sie damit recht gehabt? »Diese Farm…«, sagte Mrs. Hamilton. »Lassen Sie sich nicht von dem Haus beeindrucken. Eine Farm im Norden kann eine ganz schöne Plage sein. Auch wenn der Sommer jetzt vorbei ist, wird es deswegen noch längst nicht kühler. In den nächsten sechs Monaten werden wir uns vor Hitze, Staub und Fliegen nicht mehr retten können. Sie sind hier mitten in der Einöde. Unsere nächsten Nachbarn leben fünfzig Meilen entfernt, und das sind nur Jim Pratt und seine Männer, die in der Corella-Ebene ihr Lager aufgeschlagen haben. Die nächste Stadt heißt Pine Creek, und das ist einen Tagesritt entfernt. Außerdem ist es nur eine rauhe Goldgräbersiedlung. Außerhalb von Palmerston gibt es keinen Arzt. Deswegen leben auch so wenig Frauen hier. Wenn sie nicht selbst im Busch aufgewachsen sind, haben sie Angst, daß ihren Kindern etwas zustoßen könnte.« »Überhaupt keinen Arzt?« »Dr. Brody reist in der Gegend umher und leistet ganze Arbeit, doch es dauert eine Zeitlang, bis man ihn gefunden hat. Bei Geburten helfen Hebammen; sie kümmern sich auch um die Mütter. Diese Frauen sind ihr Gewicht in Gold wert, denn sie haben große Erfahrung mit Geburten. Sie lassen ihre eigenen Familien allein und reiten tagelang, um sich um die jungen Mütter zu kümmern.« »Sie sind sehr tapfer.« »Da können sie Gift drauf nehmen. Aber was unsere Farm betrifft… Zack sagt zwar, daß Sie eine gute Reiterin sind, meine Liebe, aber Sie müssen wissen, daß Sie das Grundstück nie ohne Begleitung verlassen dürfen.« »Ist es gefährlich da draußen? Ich meine, gibt es wilde Tiere?« »Tiere nicht… Sie haben doch bestimmt genug Grips, um einen Bogen um Bullen oder Wasserbüffel zu machen, und richtige wilde Tiere gibt es hier nicht. Wenn Sie Pech haben, werden Sie von einer Schlange oder einer Spinne gebissen, aber das kann Ihnen überall passieren. Doch Sie könnten sich verlaufen oder einen Sonnenstich bekommen. Und außerdem gibt es hier immer noch wilde Schwarze, ziemlich viele sogar, die von der Jagd leben.« »Heute morgen habe ich einige von ihnen gesehen.« »Ja, die Armen. Ihre Maxime lautet: Wenn du sie nicht schlagen kannst, schließ dich ihnen an. Im großen und ganzen können wir Frauen uns auf die weiblichen Aborigines verlassen. Überhaupt ist es ein sehr freundliches Volk, und die Männer, die in den Eingeborenenlagern auf der Farm leben, machen selten Schwierigkeiten. Manche von ihnen arbeiten als Viehtreiber, aber die anderen halten lieber Abstand.« »Wirklich sehr interessant«, meinte Sibell. Charlotte seufzte. Sie hatte den Eindruck, daß Sibell sie nicht wirklich verstand. »Wahrscheinlich werden Sie sich hier sehr einsam fühlen«, fuhr sie fort. »Ein junges Mädchen wie Sie. Ihnen werden die bunten Lichter fehlen… Sie werden Ihre Freunde vermissen.« »Ich habe keine Freunde.« Charlotte lächelte und sah sie prüfend an. »Das kann ich mir nicht vorstellen.« »Mrs. Hamilton«, sagte Sibell. »Ich habe den Untergang

Weitere Kostenlose Bücher