Weites wildes Land
Waschen.« »Wo kann ich so jemanden finden?« »Glaube, ich kann einen für Sie auftreiben.« Er hielt die Hand auf. »Ein Shilling wäre genug.« Puckering bezahlte den Shilling und kehrte dann zum Polizeirevier zurück, um die Akten und Tagesberichte einzusehen, die offen auf dem Tresen lagen. »Der Laden sollte abgeschlossen sein, wenn niemand da ist«, murmelte er. Doch dann erinnerte er sich an den Schimmel im Haus und schüttelte den Kopf. Schon jetzt trat ihm in der feuchtheißen Luft der Schweiß aus allen Poren. Also beschloß er, zum Prince of Wales zurückzukehren und sich dort ein Zimmer zu nehmen, bis sein Haus gründlich gesäubert und gelüftet worden war. Als er sich endlich wohnlich in seinem Hotelzimmer eingerichtet hatte, war seine Stimmung auf dem Tiefpunkt angelangt. Worauf hatte er sich, zum Teufel, nur eingelassen? Er durfte gar nicht daran denken, daß er seinen letzten Posten aufgegeben hatte, weil die Disziplin dort einiges zu wünschen übrig ließ! Hier war es noch viel schlimmer. Sofort wollte er um eine Unterredung mit dem Gouverneur nachsuchen – oder besser dem Verwalter, wie er im Territory hieß, weil es sich ja nicht um einen eigenständigen Staat, sondern nur um ein von Südaustralien verwaltetes Gebiet handelte. Den Nachmittag verbrachte er damit, einen Brief an den Verwalter zu schreiben, in dem er um ein Gespräch bat. Er schlug die Punkte vor, die erörtert werden sollten, wozu auch die sofortige Einstellung zusätzlicher Beamter gehörte. Der junge Mann vom Telegraphenamt hatte ihm den Wohnsitz des Verwalters gezeigt; ein malerisches Gebäude, das als »das Haus mit den sieben Giebeln« bekannt war. Es stand in einer schützenden Lichtung an einem Abhang mit Blick auf die Bucht. Da Puckering es für unpassend hielt, den Brief selbst zu überbringen, bat er Digger Jones um einen zuverlässigen Dienstboten, der ihn abgeben sollte. »Zur Zeit hat das keinen Sinn«, sagte Digger. »Der Verwalter ist nicht zu Hause. Er ist mit einem Freund zum Goldsuchen gegangen. Runter zum Pine Creek, etwa hundert Meilen entfernt.« Also beschloß der Colonel, die Stadt zu erkunden, und kleidete sich dazu in Zivil. Allerdings stattete er vorher noch der Hotelbar einen Besuch ab, um sich ein wenig Mut anzutrinken. Wie das Schild am Hoteleingang versprach, war der Whisky überraschend gut. Also stand er, als der dämmrige, wolkenverhangene Nachmittag von der abendlichen Dunkelheit abgelöst wurde, immer noch am Fenster und betrachtete bekümmert seinen merkwürdigen neuen Wirkungskreis. Randalierende Säufer torkelten durch die Straßen. Reiter galoppierten in halsbrecherischer Geschwindigkeit an ihnen vorbei. Eine Prügelei brach aus, Schüsse wurden abgefeuert, und aus den Saloons drang Klaviergeklimper. Chinesen eilten mit gesenkten Köpfen vorüber. Die Hände hatten sie in ihren weiten Ärmeln verborgen, und einige wurden von ihren Frauen begleitet. Wie Puckering entsetzt feststellen mußte, trippelten sie auf eingebundenen Füßen einher. Weit und breit war kein Polizist zu sehen, niemand, um den Mob im Zaum zu halten, niemand, außer ihm selbst, einem einsamen Mann in einer großen, lärmenden Bar. Männer mit buschigen Bärten, in Flanellhemden und derben Hosen, polterten an ihm vorbei und drängten sich um den Tresen. Sie würdigten Puckering kaum eines Blickes. Zwar bemerkten sie den hochgewachsenen, kräftigen Mann mit dem kurz geschnittenen grauen Haar und der unverwechselbaren militärischen Haltung, aber er beeindruckte sie nicht weiter. Nach Palmerston kamen alle möglichen Menschen. Manche wurden von der Gier nach Gold, manche vom Gesetz gejagt. Deswegen kümmerte man sich am besten nicht um Fremde. Neugier machte sich nämlich meist nicht bezahlt. Früh am nächsten Morgen fand Puckering einen arbeitseifrigen jungen Chinesen namens Tom Phong am Polizeirevier vor, der im warmen Nieselregen auf ihn wartete. Er schickte ihn sofort an die Arbeit. Da sich die Polizeibeamten immer noch nicht blicken ließen, saß der Colonel den ganzen Vormittag untätig im Polizeirevier herum; niemand sprach vor, niemand hatte eine Beschwerde vorzubringen. Offenbar mieden die Bewohner dieser Stadt das Revier wie ein Pestasyl. Also würden seine Polizisten sich selbst auf die Suche nach Verbrechern machen müssen, wie Frauen, die an der Quelle Wasser schöpfen. Und nach seinen Beobachtungen der letzten Nacht zu schließen, sprudelte diese Quelle sehr ergiebig. Er hatte Opiumhöhlen, Schwarzbrennereien
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