Weites wildes Land
vollen, festen Brüste. Dann streckte sie die Hände nach ihm aus. »Ich liebe dich, Logan.« Doch diesmal liebte er sie nicht, sondern befriedigte nur rasch seine Gelüste. Schnell sprang er dann auf und versetzte ihr einen Klaps aufs Hinterteil. »Komm, Josie, zieh dich an. Wir müssen die Stadt erkunden.« Sie gehorchte, obwohl sie sich im Stich gelassen fühlte. Aber sie tröstete sich damit, daß sie ja noch alle Zeit der Welt hatten, um sich wirklich zu lieben. Es würde noch viele andere Gelegenheiten geben.
* * *
Sie verließen Palmerston in einem Karren, den Logan zusammen mit zwei Pferden und Reiseproviant gekauft hatte. Aus Gründen der Sicherheit und um sich nicht zu verirren, waren sie gemeinsam mit etwa zwanzig Goldsuchern vom Schiff und einigen Frauen aufgebrochen. Josie fühlte sich an ihre erste Reise ins Landesinnere zur Cambray-Farm erinnert. Sie vermißte Ned und betete, daß er in seiner Schule glücklich war. Sie wollte ihm jede Woche schreiben, und sie hoffte, daß jemand so freundlich sein würde, ihm die Briefe zu geben. Doch die Reise zur Cambray-Farm im milden Wetter war verglichen mit dieser alptraumartigen Fahrt durch die sengende Hitze ein Spaziergang gewesen. Insekten peinigten sie, und immer wieder geschah ein Unfall. Die Wege waren holperig, voller Schlaglöcher und zerfurcht von den Ochsenkarren, die am Ende der Regenzeit darüberfuhren und Fahrrillen hinterließen, die die Sonne dann fest in die Erde brannte. Eine Kutsche stürzte um, eine Frau wurde herausgeschleudert und brach sich den Arm. Schon am ersten Abend verlor Logans Karren ein Rad, doch glücklicherweise kamen ihnen einige Männer zur Hilfe, so daß sie die anderen noch vor Einbruch der Dunkelheit eingeholt hatten. Sie schlugen an einem ausgetrockneten Bach neben einigen Wasserlöchern, die sich wie eine Kette gelblicher Perlen entlang des Ufers erstreckten, ihr Lager auf, wogegen Josie nichts einzuwenden hatte. Ihre Reisebegleiter waren herzlich und hilfsbereit, und es war eine solche Erlösung, endlich aus dem holperigen Wagen herauszukommen. Doch als sie am nächsten Tag weiter durch die sengende Hitze dieses endlosen Landes fuhren, ritten die Männer, die Pferde hatten, einfach davon, und das Ehepaar in der Kutsche gab auf und kehrte nach Palmerston zurück. »Folgen Sie einfach dem Pfad«, riet ihnen ein Goldsucher. »Aber nicht zu weit«, lachte er, »denn er führt an den Telegraphenleitungen entlang bis nach Adelaide.« Als sie sich weiter vorankämpften, erzählte Josie Logan von Charlotte Hamilton, die Tausende von Meilen von der Ostküste her auf dem Landweg hierher gekommen war. Jetzt war ihr klar, was für eine mörderische Reise das gewesen sein mußte. Aber Logan glaubte ihr kein Wort. »Du bist so vertrauensselig, Josie. Nur du würdest ein solches Märchen glauben.« »Aber so war es«, widersprach sie. »Charlotte hat mir erzählt, sie hätten auch ihr Vieh so übers Land getrieben.« »Blödsinn! Sie haben das Vieh mit dem Schiff hierher gebracht. Wie glaubst du, ist das erste Vieh in dieses Land geschafft worden? Ihr Engländer habt es mit Schiffen über den Ozean befördert.« »Wir Engländer«, lachte sie, aber eigentlich war ihr nicht zum Lachen zumute. Solche Seitenhiebe verteilte er immer, wenn nicht alles nach seinen Wünschen verlief. Entsetzt hatten sie beide die Nachricht aufgenommen, daß sie bis Katherine noch drei schreckliche Tage auf diesem Weg weiterfahren mußten. Bei dem Wort »Engländer« wurde Josie wieder an ihren Sohn erinnert. Sie fragte sich, ob Ned sich wohl als Engländer oder als Australier betrachten würde, wenn er erst einmal erwachsen war.
* * *
Pine Creek war eine scheußliche Stadt und bestand nur aus einer Ansammlung von Hütten, doch in Katherine, das sie nach weiteren fünfzig Meilen erreichten, war es noch viel schlimmer. Als der Wagen die Straße hinunterfuhr, versanken seine Räder tief im feinen Staub. Ihnen fielen fast die Augen aus dem Kopf, denn sie mußten an den Straßenrand fahren und sechs hochmütig schnaubende Kamele mit ihrem afghanischen Treiber vorbeilassen, der beim Lächeln gelbe Zähne bleckte. Das Land war mit Gruben und aufgeschütteten Hügeln übersät: Baumstümpfe und verrottete Förderkörbe lagen herum, und auf den Goldfeldern hingen an Stangen und den letzten kärglichen Bäumen zerrissene Flaggen, die so fehl am Platze wirkten wie Girlanden auf einem Friedhof. Da die furchtbare Reise nun hinter ihnen lag,
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