Weites wildes Land
sprechen. »Vielleicht will sie mich nicht.« »Du hast nichts zu verlieren, wenn du sie einfach fragst.« »Ich habe darüber nachgedacht, aber ich glaube nicht, daß es einen Sinn hat. Sie gehört nicht hierher. Sie paßt einfach nicht zu uns, und sie wird es wahrscheinlich auch nicht lange aushalten.« »Wen kümmert das? Wenigstens hättest du dein Vergnügen gehabt, solange es dauert.« Zacks Antwort kam blitzschnell. Er versetzte seinem Bruder einen Fausthieb, so daß dieser gegen ein Wasserfaß taumelte. »Das hätte ich schon letzte Nacht tun sollen«, sagte er. Und da sich auf einmal alle Männer, die hofften, eine ordentliche Prügelei zu sehen zu bekommen, um sie scharten, packte er Cliff beim Kragen, zog ihn hoch und schleppte ihn hinter einen Schuppen. »Warum mußt du nur so ein Mistkerl sein?« »Ich hab' doch nur Spaß gemacht«, knurrte Cliff und rieb sich das Kinn. Er war nicht unbedingt versessen darauf, sich mit Zack zu schlagen, weil er wußte, daß er den kürzeren ziehen würde. »Du nimmst alles viel zu ernst, das ist es. Und wenn du so in Sibell verliebt bist, dann steh auch dazu und heirate sie.« »Fang nicht wieder damit an. Schau lieber, ob du Paddy Lynch auftreiben kannst. Ich habe gehört, er möchte eine Metzgerei eröffnen. Er war ein Freund unseres alten Herrn, vielleicht kann er uns weiterhelfen.« Zack versuchte, seine Aufmerksamkeit auf die Viehverkäufe zu lenken und der dröhnenden Stimme des Auktionators zuzuhören. Er lauschte dem Geräusch des Hammers und beobachtete, wer was kaufte und zu welchem Preis. Aber seine Gedanken kreisten um seine eigenen Probleme. Vorausgesetzt, daß es ein gutes Rinderjahr wurde, was immer Glückssache war, konnte er der Familie die Black Wattle Farm erhalten. Schließlich war der Mangel an Bargeld nur vorübergehend. Die Viehverkäufe in diesem Jahr würden wieder Geld in die Kasse bringen, und dann würde die Farm endlich auf eigenen Füßen stehen und nicht mehr auf Charlottes Mittel angewiesen sein. Gerade noch rechtzeitig! Cliff und er hatten sich geeinigt, eine weitere Farm zu erwerben, sobald Black Wattle sich selbst trug. Dann würde jeder von ihnen Herr über seinen eigenen Besitz sein. Die doppelte Menge Land würde ihnen auch helfen, im Wettbewerb mit den riesigen Rinderfarmen im Territory, die alle in britischer Hand waren, zu bestehen. Allerdings war dieser Plan, den auch Charlotte unterstützte, von ihrem Geld abhängig. Da es dieses Geld nicht länger gab, standen ihnen nur noch zwei Möglichkeiten offen: den Kauf eines weiteren Besitzes zu verschieben, bis sie das Bargeld aufgetrieben hatten – doch Zack wußte, daß die Preise für Land bis dahin gestiegen sein würden –, oder eine Hypothek auf Black Wattle aufzunehmen. Das wollte sorgfältig überlegt sein. Und genauso sorgfältig würde er nachdenken, ehe er sich eine Frau nahm. Was konnte er Sibell schon bieten? Eine Frau brauchte ihr eigenes Heim. Konnte er ihr zumuten, das Haus mit Maudie zu teilen? Außerdem würde sie ein abgeschiedenes Leben führen müssen, wenn er erst einmal seine eigene Farm besaß. Oft würde er wochenlang fort sein. Würde Sibell ein Anwesen verwalten können? Konnte er ihr zutrauen, daß sie wie Maudie in Abwesenheit ihres Mannes alles im Griff hatte? Das hatte er mit seiner Bemerkung, sie gehöre nicht hierher, gemeint. Dabei galt seine Sorge Sibell. Sie hatte etwas Besseres verdient, und er wünschte, er könnte aufhören, an sie zu denken. Sie war so zauberhaft; sie erinnerte ihn an den süßen Duft des Frangipani-Baums. Doch dann mußte er lächeln. Der Frangipani hatte zwar eine zarte Blüte, aber seine dicken Äste waren sehr widerstandsfähig. Wenn man einen abbrach und einpflanzte, schlug er sofort neue Wurzeln und wuchs binnen eines Jahres meterhoch. Warum, zum Teufel, war sie nur ausgerechnet nach Black Wattle gekommen und hatte sein Leben durcheinander gebracht?
* * *
Als sie zurückkamen, saß Sibell – noch hübscher als sonst in einer gestärkten weißen Bluse – mit der Frau des Wirts, Kate Stirling, auf der Veranda vor dem Hotel. Durch die offene Tür konnten sie sehen, daß es in der Gaststube hoch herging, doch keiner der Gäste wagte es, auch nur einen Blick auf die Damen zu werfen, solange die gewaltige Katie Wache hielt. Mit einem finsteren Blick auf Cliff Hamilton ging Kate ins Haus. »Sie haben es ihr erzählt!« sagte Cliff anklagend zu Sibell. »Das war gar nicht mehr nötig«, gab Sibell zurück. »Sie
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