Weites wildes Land
eine ernsthafte Prügelei entbrannte, griff die Frau des Hotelbesitzers – eine gewaltige Frau und fast so breit wie hoch – zu einem einfachen Mittel: Sibell zuckte zusammen, als ein Schuß ertönte, und die beiden Raufbolde blieben wie angewurzelt stehen. Die Frau ging zu ihnen hinüber, wobei sie mit dem Gewehr auf sie zielte. »Ich dulde hier keine Schlägereien«, donnerte sie. »Also benehmt euch oder verschwindet.« Daraufhin kehrte wieder Ruhe ein, aber Cliff benutzte die Auseinandersetzung als Vorwand, um sich neben Sibell zu setzen, bis sie seine Aufmerksamkeiten satt hatte und zu Bett ging. Das Zimmer war einfach und sauber und enthielt nur ein Bett, einen Waschtisch und einen Stuhl. Allerdings hatte die Tür kein Schloß. Wegen der vielen Männer und des Lärms, der immer lauter aus der Gaststube hinaufdrang, fürchtete sich Sibell. Sie kletterte ins Bett und ließ die Lampe an. Sie war sich sicher, daß sie nicht würde einschlafen können, aber schließlich fielen ihr doch die Augen zu… Als sie aufwachte, stand Cliff neben ihrem Bett. Sein Oberkörper war nackt, und er war nur mit seiner Hose bekleidet. Zuerst dachte Sibell, es sei bereits Morgen, und sie schüttelte sich, um einen klaren Kopf zu bekommen. Im nächsten Moment jedoch bemerkte sie, daß es draußen vor dem geschlossenen Fenster dunkel war. Das Hotel war totenstill. »Was haben Sie hier zu suchen?« fragte sie. »Pssst.« Er grinste. »Sie wecken ja das ganze Haus auf.« Blitzschnell, so daß er Sibell damit überrumpelte, kam er zum Bett hinüber, schlang die Arme um sie und küßte sie. Sie stieß ihn fort und versuchte, sich aus seinem eisernen Griff zu befreien. Aber er warf sich auf sie, flüsterte ihr etwas ins Ohr und zog ihr die Bettdecke weg. Dann schob er die Hände unter ihr Nachthemd. Sibell biß die Zähne zusammen. Sie sträubte sich aus Leibeskräften, trat und schlug, so fest sie konnte, doch seiner Körperkraft war sie nicht gewachsen. »Komm schon, Sibell«, zischte er. »Das wolltest du doch die ganze Zeit.« »Nein«, fauchte sie zornig. Sie befürchtete, die anderen aufzuwecken. »Lassen Sie mich in Ruhe!« Nun wußte sie, warum Maudie ein Gewehr trug. Allerdings hätte sie nie erwartet, daß Cliff sie überfallen könnte. Maudie hatte Sibell ein paar Mal mit dem Gewehr üben lassen, doch sie hatte sich als hoffnungsloser Fall erwiesen und immer nur danebengeschossen. Und trotz Maudies Vorhaltungen, daß sie es lernen müßte, hatte Sibell ihre Warnungen in den Wind geschlagen. Das war wohl ein Fehler gewesen. Er preßte seine Lippen so fest auf die ihren, daß sie keine Luft mehr bekam. »Bis jetzt hat es dich auch nicht gestört, wenn ich dich angefaßt habe«, sagte er. »Es hat dir gefallen. Sei still, Sibell, ich will Liebe mit dir machen.« Mittlerweile kam Sibell ihre Angst, jemand könnte sie hören, unsinnig vor. Was kümmerte sie das? Sollten sie doch alle zur Hölle fahren! »Cliff Hamilton!« rief sie. »Raus aus meinem Zimmer!« Er rappelte sich gerade vom Bett auf, als Zack in der Tür erschien. »Was geht hier vor?« Cliff stand neben dem Bett und versuchte, sich die Hose hochzuziehen. »Das verdammte Miststück!« zischte er. »Erst bittet sie mich herein, und dann ändert sie ihre Meinung. Die will mich doch nur zum Narren machen.« »Das ist ihr wohl auch gelungen«, bemerkte Zack. »Er lügt!« schrie Sibell, während Cliff sich an Zack vorbeidrückte und verschwand. »Das ganze Haus kann Sie hören«, sagte Zack nur mit ausdrucksloser Stimme. Inzwischen mußten andere Leute von dem Lärm aufgewacht und auf den Flur hinausgetreten sein, denn sie hörte Zack leise sprechen. »Nur ein Familienstreit. Alles in Ordnung. Gehen Sie wieder zu Bett.« Dann wandte er sich wieder an Sibell. »Sind Sie in Ordnung?« »Er ist ein Lügner«, beharrte sie. »Er ist hereingekommen, während ich schlief.« »Ich habe gefragt, ob Sie in Ordnung sind.« »Ja«, antwortete sie und beruhigte sich allmählich wieder. »Ich glaube schon. Wie kann er es wagen, sich einfach auf mich zu stürzen?« Sie zog die Bettdecke über die Schultern. »Und Sie!« richtete sie nun ihre Wut gegen Zack. »Sie stehen nur herum, als ob nichts geschehen wäre!« »Was erwarten Sie von mir? Soll ich eine Prügelei anfangen? Wir würden alle vor die Tür gesetzt.« »Auf jeden Fall ist er ein Lügner.« »Ich weiß«, meinte Zack mit einem Grinsen. »Nun gehen Sie wieder schlafen.« »Wollen Sie mich etwa allein lassen? Ohne Schutz?«
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