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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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zu beklagen, und sank, ihre kostbare Jacke als Polster unter dem Kopf, in den warmen Dünen rasch in einen tiefen Schlummer. Manchmal hörte er sie nachts aufschreien oder sogar weinen. Doch auch Alpträume würden ihn nicht dazu bringen, sie zu wecken, denn in ihrer Lage hatte sie jede Minute Schlaf bitter nötig. Als sie schließlich auf Menschen stießen, hatte sie schon längst aufgehört, sich Gedanken um ihr Aussehen zu machen. Wegen der Gluthitze badeten sie immer wieder im Meer, und da sie ihre Kleider anschließend in der Sonne trocknen ließen, fielen diese allmählich in Fetzen. Und so sahen sie jetzt aus wie zwei Vagabunden. Sibell bemerkte sie zuerst. »Da vorn sind Leute«, rief sie und fiel sofort in Laufschritt. Als sie näher kamen, sahen sie zwei nackte schwarze Frauen bei einem, wie es schien, rituellen Tanz im Sand. Rhythmisch schwangen sie die Hüften und beobachteten mit gesenktem Kopf die Form ihrer Schatten. Als sie die Fremden auf sich zukommen sahen, hielten sie inne. »Langsam«, rief Logan dem Mädchen zu. »Gehen Sie ganz ruhig auf sie zu. Wir wollen sie doch nicht verschrecken.« Das Mädchen blieb stehen, bis er sie eingeholt hatte. »Keine Angst«, raunte er ihr zu. »Strecken Sie die Hände aus, damit sie sehen, daß wir freundlich sind und keine Waffen bei uns tragen.« Er ließ den Segeltuchsack in den Sand gleiten und ging mit ausgebreiteten Händen auf die Frauen zu.»Kommen Sie zurück«, rief das Mädchen ihm nach. »Sie dürfen nicht weitergehen.« »Warum denn nicht?« fragte er, ohne den Kopf zu wenden. »Die beiden sind nackt, Mr. Conal.« »Herr im Himmel!« schnaubte er. »Nun stellen Sie sich doch bloß nicht so dämlich an!« Lächelnd trat er auf die beiden Frauen zu. Sie waren noch jung, und ihre festen schwarzen Körper glänzten in der Sonne. Mit einer Verbeugung grüßte er sie laut und deutlich: »Guten Morgen.« Die beiden brachen in ein nicht enden wollendes Kichern aus. Aus ihren schwarzen Gesichtern leuchteten große weiße Zähne. »Sprechen Sie englisch?« fragte er. Doch er erntete nur eine erneute Lachsalve. Gleichzeitig musterten die Frauen neugierig dieses seltsame Paar bleicher Menschen. Logan versuchte, das Gespräch nicht abreißen zu lassen. »Was haben Sie da?« fragte er, wobei er auf ihre handgeflochtenen Hanfbeutel deutete. Sie verstanden ihn und zeigten ihm die kleinen, geschlossenen Muscheln. »Und was ist das?« fragte er mit einem ratlosen Achselzucken. Anstelle einer Antwort widmeten sich die beiden Frauen wieder hingebungsvoll ihrer Beschäftigung, die ein Tanz zu sein schien. Mit schwingenden Hüften stampften sie die Füße fest in den feuchten Sand. Auf diese Weise beförderten sie weitere Muscheln an die Oberfläche, die sie zunächst anklopften und dann in den Beutel beförderten. Logan ahnte, daß es sich um etwas Eßbares handeln mußte. Unter großen Mühen brach er eine Muschel auf und fand in ihrem weißschimmernden Inneren tatsächlich etwas Fleisch. Doch erst, nachdem er es von der Schale gelöst und in den Mund gesteckt hatte, bemerkte er, daß an ihm jede Menge Sand klebte. Währenddessen starrten ihn die schwarzen Frauen verwundert an, und er nickte ihnen zu. »Ihr habt recht«, sagte er. »Man sollte es zuerst waschen.« Wieder lachten sie, wahrscheinlich über seine Dummheit. Aber Logan versuchte, die aufgelockerte Stimmung zu nutzen. Er fing an, einige Häuser in den Sand zu zeichnen, und versuchte, in Zeichensprache zu erfragen, ob sie Gebäude der Weißen kannten. Währenddessen machte ihm das Schweigen seiner Begleiterin zu seiner Verlegenheit bewußt, daß die Frauen nackt waren. Doch die Eingeborenen betrachteten nur seine Zeichnungen und blickten sich dann fragend an. Schließlich klatschte die größere der zwei in die Hände und wies aufs Landesinnere. »Da haben Sie's«, sagte Sibell. »Das habe ich doch gleich gesagt. Im Inland.« »Ach, halten Sie doch den Mund! Wo im Inland?« Noch während er sprach, fiel ihm auf, daß sie auf einen furchterregend aussehenden Aborigine wiesen, der sich auf der höchsten Düne aufgebaut hatte und einen langen Speer in der Hand hielt. Der Schwarze machte eine rasche Kopfbewegung, und die beiden Frauen griffen hastig ihre geflochtenen Beutel und verschwanden zwischen den Büschen. Dann bedeutete er den Fremden, näher zu kommen. Der Himmel hinter der nackten, schwarzen Gestalt war von solch tiefem Blau, daß Logan meinte, er könnte ihn mit den Händen greifen, und einige Sekunden

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