Weites wildes Land
Perth zurück. Wenn sie diesem Wunsch nachkam, würde sie ihm die Möglichkeit geben, böswilliges Verlassen als Scheidungsgrund geltend zu machen. Und in dieser rauhen Gegend, wo die Rechtsprechung noch in den Kinderschuhen steckte, hätte er die Scheidung durchgebracht, noch bevor sie überhaupt etwas davon erfuhr. Unter den Goldsuchern befanden sich mehrere Rechtsanwälte von zweifelhaftem Ruf, die ihm für ein paar Körner Gold sicher mit Rat und Tat zur Seite stehen würden.
* * *
Josie war glücklich in Palmerston und schmiedete bereits Pläne, die Stadt zu ihrem ständigen Wohnsitz zu machen. Ihr hübsches kleines Steinhaus lag an der Grenze zum Chinesenviertel inmitten eines Geländes, auf dem tropische Bäume und Büsche standen und wo es von lieblich zwitschernden Vögeln nur so wimmelte. Nach Katherine kam es ihr hier wie der Himmel auf Erden vor. Sie hatte zwei Schlafzimmer, eine Küche im Haus und im Waschhaus im Anbau sogar eine richtige Badewanne. Doch am schönsten waren das Wohnzimmer mit den Fenstern zur Straße und die hübsche kleine Veranda, wo sie abends sitzen und die traumhaften Sonnenuntergänge beobachten konnte. Das Haus gehörte einem älteren Chinesen namens Wang Lee, den sie recht reizend fand und der sie ihren Nachbarn, allesamt Chinesen, vorgestellt hatte. Zunächst hatte Josie sich vor ihnen gefürchtet, doch sie entpuppten sich als zufriedene, freundliche Leute, deren Gedanken sich allem Anschein nach hauptsächlich um Essen drehten. Ständig standen sie mit Päckchen von Gemüse und Eiern vor ihrer Tür. Und mit der Begründung, daß Gemüse hier im wahren Überfluß wuchs, hatte Wang Lee ihr persönlich eine Chinesin besorgt, die Josie bei der Bestellung des Gartens helfen sollte. Im Gegensatz zu den Geschichten, die Josie von den anderen Bergarbeiterfrauen auf dem Weg von der Anlegestelle am Fluß nach Palmerston gehört hatte, war die Stadt ein recht angenehmer Ort und keineswegs ein Sündenpfuhl Sicher gab es in der Umgebung des Hafens ein verrufenes Viertel mit Bordellen und anrüchigen Schnapsbuden, und in ihrer Nachbarschaft befand sich das geheimnisvolle Chinesenviertel, aber allmählich entstanden im Zentrum der Stadt neue Geschäftsgebäude, und auch zwei neue Hotels wurden gerade gebaut. Neugierig hatte Josie sich darangemacht, die Stadt zu erkunden. Der Hitze begegnete sie, indem sie ihre Haushaltspflichten auf den frühen Morgen verlegte und sich ein Mittagsschläfchen angewöhnte. Auf ihre Spaziergänge nahm sie einen Sonnenschirm mit, und sie hielt Rast im Schatten dichter Bäume. Schon bald war sie in der Stadt überall bekannt. Während ihrer ersten Ehe hatte sich eingebürgert, daß Josie die Finanzen der Familie verwaltete, und dies setzte sie auch mit Logan fort. Der hatte nichts dagegen einzuwenden, da sie eine sparsame Wirtschafterin war. Für sein ständig anwachsendes Bankkonto verfügten sie beide über eine Vollmacht. Einmal hatte Josie der Versuchung nicht widerstehen können und an Ned einen Scheck von zwanzig Pfund ins Internat geschickt. Doch sie hatte sich vorgenommen, Logan später davon zu erzählen. Zu ihrer Freude erfuhr sie von ihrem Bankbeamten, daß der Scheck eingelöst worden war. Ein erster Schritt, sagte sie sich zufrieden. Dank erwartete sie nicht; für sie zählte nur, daß ihr Lebenszeichen nicht zurückgewiesen worden war. Es machte ihr nichts aus, daß sie sich den Weg zu seinem Herzen erkaufen mußte, solange er nur wahrnahm, daß es sie noch gab. Sie freute sich schon auf den Tag, da er ihre Einladung annehmen und seine Ferien bei Logan und ihr in Palmerston verbringen würde. Welcher Junge konnte schon einer Schiffsreise widerstehen? Dann könnte er sich allmählich mit Logan vertraut machen, der einen guten Vater abgeben würde, zumindest einen besseren, als Jack für den Jungen gewesen war. Eines Tages kam Wang Lee vorbei. »Gefällt es Ihnen in meinem Haus?« erkundigte er sich. »Ich fühle mich hier sehr wohl«, antwortete sie. »Und dazu dieser wunderschöne Garten mit all den blühenden Bäumen! Fast so, als wohnte ich in einem Park.« »Gut. Dann müssen Sie es kaufen«, erklärte er. »Dieses sehl hübsche Haus muß velkauft welden.« »Das kann ich nicht. Von Kauf war nie die Rede; ich habe es nur gemietet.« Aber er schüttelte den Kopf. »Sehl tlaulig. Haus muß velkauft welden. Bessel, Sie kaufen schnell. Bald ist es zu spät.« Josie wußte, daß sie Glück gehabt hatte, das Haus zu finden, und wollte es
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