Weites wildes Land
daß sie fast von allein laufen.« Doch zumindest waren sie jetzt wieder unterwegs. Mit der Erklärung, sie wären vom Pech verfolgte Goldsucher, besuchten sie eine andere Farm. Dort wurden sie von dem Besitzer und seiner Frau, die immer froh waren, Fremde zu sehen, in einer strohgedeckten Holzhütte bewirtet. Allerdings gab es auf dieser Farm einen reichhaltigen Viehbestand, und die Brüder erfuhren, daß das Grundstück der Leute weiter reichte, als das Auge sah. »Trotzdem verstehe ich nicht, warum man sich so etwas antut«, sagte Joe zu seinem Bruder nach ihrem Aufbruch. »Wer will schon so leben? Mit all der Plackerei?« Sie waren von den Leuten im besten Einvernehmen geschieden, denn Joe hatte sich durch ihr Lob geschmeichelt gefühlt. Sie bewunderten die Brüder dafür, daß sie das letzte einsame Stück Weg durch den Gulf gemeistert hatten, wenn dabei bedauerlicherweise auch ihre Ausrüstung verloren gegangen war. »Außerdem hätten sie uns vielleicht wiedererkannt, wenn wir uns mit ihnen angelegt hätten«, meinte Joe. »Oder d-d-der K-Kerl hätte uns e-e-rschossen«, ergänzte Joshua. »N-nicht ein einziges Mal hat e-er d-d-den verdammten Re-Revolvergurt abgelegt.« Damit hatte Joshua recht. Der Farmbesitzer war die ganze Zeit mit seinem Gurt, an dem zwei bedrohlich wirkende Revolver baumelten, herumgelaufen und hatte noch dazu die Pistolentaschen aufgeknöpft gelassen. Joe gefiel der Mann: Ihr Gastgeber war mit allen Wassern gewaschen, ein Buschbewohner, mit dem man sich nicht gern anlegte. »Wir müssen uns Waffen besorgen«, sagte Joe, während er von einem Stück Napfkuchen abbiß, das ihnen ihre Gastgeberin für den Weiterritt mitgegeben hatte. Dies erwies sich bei ihrer nächsten Begegnung als Kinderspiel. Sie stießen auf zwei echte Goldsucher, die ihr Lager in einem Wasserlauf aufgeschlagen hatten. Diesmal hielten sie es wie die Schwarzen und nahmen einen Beobachtungsposten ein. In der Hoffnung, daß sich die Männer anschließend aufs Ohr legen würden, warteten sie, bis die beiden mit dem Essen fertig waren. Doch es kam noch besser – sie waren Trinker. Schon bald waren sie sturzbetrunken, und Joe wußte, daß es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sie umfallen würden. Und so kam es auch. »Ihr werdet mit einem solchen Brummschädel aufwachen, daß ihr euer Lebtag keinen Tropfen mehr anrührt«, kicherte Joe. Mit einem selbstgeschnitzten Knüppel zogen sie jedem der Kerle eins über den Kopf. Dann durchwühlten sie das Lager nach Waffen, Munition, Lebensmitteln und Wasser und ließen die Pferde frei. »Reiten w-w-wir jetzt nach P-P-Palmerston?« fragte Joshua kläglich. Er hatte es satt, durch diese öde Wildnis zu streifen. »Nein, ich habe doch schon gesagt, wir halten uns nach Westen. Dem goldenen Westen, der Küste, über die ich in einem Buch gelesen habe. Hier ist es viel zu heiß, und außerdem kreucht und fleucht hier jedes erdenkliche Viehzeug herum. Und du hast ja gehört, was diese Goldsucher sagten. Dort in der Gegend soll es Gold geben.« »Dann willst d-d-du also auch G-G-Gold suchen?« »So kann man es nennen, mein Freund. Sie buddeln, und wir kassieren's ein. Wir halten uns an die Gegend südlich von Palmerston und warten ab, was uns über den Weg läuft.« Und so kamen sie zur besten Ausbeute ihrer langen, erbärmlichen Reise: zwei Taschen voller Gold. Joe hatte nicht die geringste Vorstellung, was sie wert waren, doch er hoffte, sich damit ein Boot kaufen zu können, sobald sie die Küste erreicht hatten. Es tat ihm leid, daß er den Constable hatte erschießen müssen, denn dadurch hatten sie die gesamte Gesetzesmacht gegen sich aufgebracht. Selbst wenn sie vorgehabt hätten, nach Palmerston zu reiten, war das nun unmöglich geworden. Ein für allemal. Sie hielten sich geradewegs nach Westen, mieden die Wege und nahmen an, daß sie in wenigen Wochen die Provinz Western Australia erreicht haben würden. Zumindest mußte es nach Joes Berechnung und nach beiläufigen Bemerkungen, die sie aus dem Farmbesitzer herausgelockt hatten, so sein. »W-w-wie wissen w-wir, wann wir d-d-da sind?« fragte Joshua. »Verdammt noch mal, gar nicht, denn sie haben da keine Linie gezogen. Aber wenn wir einen Verfolgertrupp im Nacken haben, weiß der ganz bestimmt, wann er die Grenze erreicht hat. Dann müssen sie die Jagd nämlich aufgeben.« »Warum?« Das wußte Joe auch nicht genau. Trotzdem war er sicher, daß sie es bis zur Küste schaffen würden. Er hatte viel von den Aborigines gelernt:
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