Weizenwampe
ihr normales Erwachsenengewicht von 55 bis 60 Kilo ab Mitte Vierzig angestiegen war. Bei weitgehend unveränderten Lebensgewohnheiten brachte sie mittlerweile 82 Kilo auf die Waage. »So schwer war ich noch nie«, stöhnte sie.
Als Professorin für moderne Kunst bewegte sich Celeste in der Großstadt, wo dieses Gewicht ihr besonders peinlich war. Deshalb hörte sie aufmerksam zu, als ich ihr meinen Ernährungsansatz erklärte, der mit einem Verzicht auf alle Weizenprodukte einherging.
In den ersten drei Monaten nahm sie 9,5 Kilo ab und war danach überzeugt, dass das Programm funktionierte. Schon jetzt musste sie Kleider hervorkramen, die ihr mindestens fünf Jahre nicht mehr gepasst hatten.
Celeste blieb weiter dabei und gab zu, dass die neue Ernährungsform ihr schnell zur zweiten Natur geworden war. Sie hatte keinen Heißhunger, brauchte nur selten eine Kleinigkeit zwischendurch und kam von einer Mahlzeit zur anderen in der Regel gut zurecht. Gelegentlich musste sie aus beruflichen Gründen auf eine Hauptmahlzeit verzichten, doch auch solche längeren Essenspausen waren gut zu ertragen. Ich erinnerte sie an gesunde Zwischenmahlzeiten wie Nüsse, Leinsamencracker oder Käse, aber auch das brauchte sie normalerweise nicht.
14 Monate nach dem Umstieg auf weizenfreie Ernährung kam Celeste lächelnd in meine Praxis. Sie wog nur noch 57 Kilo, ein Gewicht, das sie nach ihrem vierzigsten Geburtstag nie mehr erreicht hatte. Insgesamt lag sie nun 25 Kilo unter ihrem Höchstgewicht, und ihre Taille war 30 Zentimeter schmaler geworden, von 99 auf 69 Zentimeter Umfang! Sie konnte nicht nur jedes Kleid tragen, sondern fühlte sich auch in der Kunstszene wieder wohl. Endlich musste sie ihren Bauch nicht mehr unter lockeren Tops oder mehreren Lagen Stoff verstecken, sondern konnte stolz im engen Cocktailkleid von Oscar de la Renta aufmarschieren – ganz ohne störende Pölsterchen.
Aus offizieller Sicht sind über zwei Drittel aller Amerikaner übergewichtig oder adipös, weil wir träge Vielfraße sind. Wir hocken auf unserem fetten Hintern, sehen unablässig Reality TV, verbringen viel zu viel Zeit im Internet und bewegen uns zu wenig. Dabei trinken wir ständig zuckerlastige Softdrinks und essen zu viel Fast Food und andere Fertiglebensmittel, von denen wir nie genug bekommen.
Natürlich fordern solche Gewohnheiten irgendwann gesundheitlich ihren Tribut. Aber ich kenne genug Menschen, die mir versichern, dass sie sich ernsthaft an die offiziellen Ernährungsempfehlungen halten, keinen »Müll« essen, jeden Tag eine Stunde Sport treiben und trotzdem unablässig zunehmen. Dabei halten sich viele an die aktuellen Vorgaben der Ernährungspyramide (sechs bis elf Portionen Getreide pro Tag, davon mindestens vier in Form von Vollkornprodukten) und der Krankenkassen. Der Grundtenor all dieser Ernährungsvorgaben? »Esst mehr gesundes Vollkorn!«
Sind die Gesundheitsapostel am Ende mit den Weizenbauern und den Saatgut- und Pflanzenschutzmittelherstellern im Bunde? Es ist viel einfacher. »Esst mehr gesundes Vollkorn« ist die logische Folge der jahrzehntelangen Verteufelung des Fetts durch die Ärzteschaft. Seit epidemiologische Beobachtungen nahelegten, dass eine erhöhte Fettzufuhr mit einem höheren Cholesterinspiegel und einem höheren Risiko für Herzerkrankungen einhergeht, rät man uns, weniger Fett zu essen und insbesondere gesättigte Fette zu meiden. Die eingesparten Fettkalorien wurden prompt durch Getreideprodukte ersetzt, und dieser Übergang erhielt durch den Slogan Vollkorn ist besser als Weißmehl weitere Nahrung. Die Faustformel Wenig Fett, viel Vollkorn erwies sich für die Lebensmittelindustrie zudem als überaus gewinnbringend, denn sie erzeugte eine wahre Lawine an Fertigprodukten, deren Grundzutaten meist nur wenige Cent wert sind. Mittlerweile sind Weizenmehl, Maisstärke, Fruktose-Glukose-Sirup, Saccharose und Lebensmittelfarbe die Hauptzutaten der Fertigkost in den inneren Gängen moderner Supermärkte (in den Außengängen sind eher die vollwertigen, frischen Lebensmittel wie Gemüse, Fleisch und Milchprodukte zu finden). Der Ertrag der großen Lebensmittelkonzerne schnellte in die Höhe. Allein die Firma Kraft erwirtschaftet einen jährlichen Gewinn von 48,1 Milliarden Dollar. Das ist seit Ende der 1980er Jahre ein Anstieg um 1800 Prozent. Ein erheblicher Teil dieses Gewinns stammt aus dem Geschäft mit Snacks auf Weizen- und Maisbasis.
So, wie das Geschäft der Tabakindustrie auf dem
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