Weizenwampe
Weizen auf Knochen und Gelenke.
Zöliakiepatienten leiden häufig unter Osteopenie und Osteoporose, die mit oder ohne Darmsymptome bis zu 70 Prozent der Menschen mit Zöliakieantikörpern betreffen. 27, 28 Da Osteoporose bei Zöliakie so häufig ist, kamen bereits Vorschläge auf, alle Osteoporosepatienten einem Zöliakiescreening zu unterziehen. In einer Studie der Bone Clinic der Universität Washington entdeckte man bei 3,4 Prozent der Teilnehmer mit Osteoporose eine bisher nicht diagnostizierte Zöliakie – im Vergleich zu nur 0,2 Prozent der Teilnehmer ohne Osteoporose. 29 Wenn Zöliakiepatienten mit Osteoporose kein Gluten mehr zu sich nehmen, verbessern sich sofort die Marker für die Knochendichte, und zwar ganz ohne Osteoporosemedikation.
Die geringere Knochendichte liegt an einer behinderten Nährstoffaufnahme, insbesondere von Vitamin D und Kalzium, aber auch an vermehrten Entzündungen, welche die Ausschüttung demineralisierender Zytokine anregen, zum Beispiel von Interleukinen. 30 Eine weizenfreie Ernährung bewirkt also sowohl eine geringere Entzündungsneigung als auch eine bessere Nährstoffaufnahme.
Das Ausmaß der knochenschwächenden Wirkung wird durch einzelne Horrorgeschichten belegt, zum Beispiel von jener Frau, die zwischen ihrem 58. und 79. Lebensjahr volle zehn Spontanbrüche erleiden musste. Erst als sie alt und verkrüppelt war, wurde endlich die Diagnose Zöliakie gestellt. 31 Im Vergleich zu gesunden Menschen haben Zöliakiepatienten ein dreifach erhöhtes Knochenbruchrisiko. 32
Das Problem derer, die zwar Gliadinantikörper aufweisen, aber keine Darmsymptomatik haben, gilt auch für Osteoporose. In einer Studie fand man bei zwölf Prozent der Osteoporosepatienten Gliadinantikörper, aber keine Zöliakiesymptome, was für eine »latente« Zöliakie oder Weizenintoleranz sprach. 33
Weizen kann auch an anderen entzündlichen Prozessen des Skelettsystems beteiligt sein. Unter rheumatoider Arthritis (auch: chronische Polyarthritis) versteht man schmerzhafte Gelenkentzündungen durch Autoimmunprozesse, die an Händen, Knien, Hüften, Ellenbogen und Schultern zu einer Verkrüppelung der Gelenke führen und mit Weizenunverträglichkeit einhergehen können. In einer Studie an Patienten mit rheumatischen Gelenkentzündungen, die nicht an Zöliakie litten, verbesserte sich die Symptomatik bei einer glutenfreien, vegetarischen Diät bei 40 Prozent der Teilnehmer. Gleichzeitig gingen auch die Gliadinantikörper zurück. 34 Vielleicht ist Weizengluten nicht der ursprüngliche Auslöser der Erkrankung, doch möglicherweise verstärkt Gluten die Entzündungsneigung bei Gelenken, die durch andere Krankheiten wie rheumatoide Arthritis vorgeschädigt sind.
Meiner Erfahrung nach reagieren auch Gelenkentzündungen, die nicht mit Zöliakieantikörpern einhergehen, häufig auf Weizenverzicht. Die Besserung schier unerträglicher Gelenkschmerzen zählt für mich zu den augenfälligsten gesundheitlichen Veränderungen, die ich im Laufe meiner Tätigkeit gesehen habe. Da diese Menschen in der Regel nicht durch die bisher bekannten Zöliakieantikörper zu ermitteln sind, sind solche Ergebnisse nur anhand des subjektiven Empfindens der Patienten zu überprüfen. Dennoch sind sie ein Hinweis auf Phänomene, die im Kampf gegen Arthritis äußerst vielversprechend erscheinen.
Ist das außerordentlich hohe Risiko von Zöliakiepatienten für Osteoporose und entzündliche Gelenkerkrankungen demnach nur die Spitze des Eisbergs, der unter der Oberfläche weitgehend aus Weizenessern ohne Zöliakie oder Glutenantikörpern besteht? Ich hege den Verdacht, dass Weizen in der Tat bei jedem Menschen, der ihn isst, direkt und indirekt Knochen und Gelenke angreift. Bei Zöliakiepatienten oder Menschen mit positiven Glutenantikörpern ist diese Schädigung nur massiver.
Also vielleicht doch lieber auf Weizen verzichten als auf das eigene Hüft- oder Kniegelenk?
Was ein gestörtes Säure-Basen-Gleichgewicht für die Gesundheit bedeutet, wird erst ganz allmählich klar. Aber ein gewisses Verständnis über den Einfluss des pH-Werts auf chemische Reaktionen gehört zu den Grundlagen der Chemie und wird schon in der Schule vermittelt. Kleine pH-Veränderungen können eine Reaktion stark beeinflussen. Das gilt selbstverständlich auch für den menschlichen Körper.
»Gesundes Vollkorn« wie Weizen ist für einen Großteil der Übersäuerung durch die Ernährung verantwortlich. Neben gesunden Knochen scheint eine eher basische
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