Weizenwampe
denn sie werden nur vom wahren Schuldigen begleitet, den AGEs. Wurst und Schinken enthalten besonders viele AGEs und werden zudem häufig noch zusätzlich gebraten. Fleisch ist demnach nicht von Natur aus schlecht für uns, sondern wird erst durch Zubereitungsweisen ungesund, die zu erhöhter AGE-Bildung führen.
Abgesehen vom grundsätzlichen Verzicht auf Weizen – ein gemäßigter Verbrauch anderer Kohlenhydrate ist gestattet – empfehle ich daher, exogene AGE-Quellen, insbesondere Wurst und Schinken, längere Zeit bei hohen Temperaturen (über 175 °C) erhitztes Fleisch und alle frittierten Speisen möglichst zu meiden. Wann immer möglich, sollten Sie rotes oder medium gebratenes Fleisch bevorzugen (vielleicht ist Sushi doch eine Alternative?). Auch Dünsten und Dämpfen, also die Zubereitung mit etwas Wasser anstelle von Fett, hält die AGE-Entstehung in Grenzen.
Dennoch steckt die AGE-Forschung nach wie vor in den Kinderschuhen, und viele Fragen sind offen. Nach allem, was wir bisher über die potenziellen Langzeitwirkungen der AGEs auf Gesundheit und Alterung wissen, halte ich es jedoch nicht für voreilig, darüber nachzudenken, wie Sie Ihre persönliche AGE-Exposition senken können. An Ihrem 100. Geburtstag werden Sie mir vielleicht dafür dankbar sein.
Sie erinnern sich: Die »komplexen« Kohlenhydrate im Weizen sind eine spezielle Form des Amylopektins, nämlich Amylopektin A, das sich vom Amylopektin aus anderen Kohlenhydraten wie Bohnen oder Bananen unterscheidet. Das Weizen-Amylopektin ist die Form, die das Enzym Amylase am schnellsten verdauen kann. Das erklärt, warum Weizen den Blutzucker rascher ansteigen lässt als andere Kohlenhydratlieferanten. Die schnellere, gründlichere Verdauung des Amylopektins aus Weizen bedeutet, dass der Blutzucker in den zwei Stunden nach dem Verzehr von Weizenprodukten besonders hoch ist, was wiederum eine verstärkte AGE-Bildung bewirkt. Aus dem Wettkampf, wer am schnellsten die meisten AGEs hervorbringt, wäre Weizen nahezu immer unangefochtener Sieger, weit vor anderen Kohlenhydratlieferanten wie Äpfeln, Orangen, Süßkartoffeln, Speiseeis und Schokoriegeln.
Sowohl der Mohnkuchen als auch die Gemüsepizza sorgen also für die Bildung einer Extraportion AGEs. Das bedeutet letztlich, dass Weizen uns aufgrund seiner speziellen Wirkung auf den Blutzucker schneller altern lässt. Die erhöhte AGE-Bildung nach Weizenverzehr lässt Altersflecken und Falten, Nierenprobleme, Demenz, Arteriosklerose und Arthrose schneller nahen.
Der Wettlauf um die Glykierung
Es gibt einen leicht verfügbaren Test, an dem man zwar nicht das biologische Alter ablesen kann, der uns aber das Tempo der biologischen Alterung durch Glykierung verrät. Zu wissen, wie schnell oder langsam unsere Proteine im Körper verzuckern, ist ein Hinweis darauf, ob unsere biologische Alterung schneller oder langsamer verläuft als die Jahresuhr. Zwar gestattet eine Biopsie der Haut oder aus inneren Organen ebenfalls die Bestimmung der AGE-Menge, aber verständlicherweise möchte sich kaum jemand derartige Gewebeproben zu diesem Zweck entnehmen lassen. Zum Glück haben wir alternativ einen einfachen Blutwert, anhand dessen sich die AGE-Belastung ermitteln lässt, nämlich das Hämoglobin A1c (HbA1c), das normalerweise ein Kontrollwert für Diabetiker ist. HbA1c kann auch als einfacher Anhaltspunkt für die Glykierung angesehen werden.
Hämoglobin ist ein komplexes Protein in den roten Blutkörperchen, das für den Sauerstofftransport zuständig ist. Wie alle anderen Proteine im Körper ist auch Hämoglobin empfänglich für die Glykierung, also Veränderungen am Molekül durch Glukose. Diese Reaktion verläuft prompt und ist wie andere AGE-Reaktionen unumkehrbar. Je höher der Blutzucker, desto höher ist auch der Prozentsatz des verzuckerten Hämoglobins.
Rote Blutkörperchen haben eine Lebenserwartung von 60 bis 90 Tagen. Der Anteil verzuckerter Hämoglobinmoleküle im Blut gibt daher Auskunft darüber, wie hoch der Blutzucker in den letzten 60 bis 90 Tagen gestiegen ist. Das ist hilfreich, um zu prüfen, wie gut Diabetiker ihren Blutzucker im Griff haben, aber auch für die Diagnostizierung von Diabetes.
Bei einem schlanken Menschen mit einer normalen Insulinreaktion beträgt der HbA1c nach einer begrenzten Aufnahme von Kohlenhydraten etwa 4,0 bis 4,8 (das heißt, 4,0 bis 4,8 Prozent des Hämoglobins sind verzuckert). Das wäre also das Maß für die unvermeidliche, normale, geringgradige
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