Welch langen Weg die Toten gehen
Als er ging, ließ er einen Briefumschlag bei meiner Kleidung. Es waren zweihundert Pfund drin.
Ich war wütend und geriet mit Pal darüber in Streit. Ich fragte ihn, wofür er mich denn halte. Er sagte mir, das Einzige, was zählt, sei, wofür ich mich selbst halte. Wenn ich darauf bestehe, sagte er, würde er seinem Freund das Geld zurückgeben, aber wenn er ein Mädchen finden würde, das ihm für jedes Vögeln ein paar Hunderter gebe, würde er nicht zweimal überlegen. »Nur zu«, sagte ich und warf ihm das Geld hin. Und er warf es mir zurück und sagte mir voller Wut, ich soll nicht dämlich sein. Und ich sagte: »Wo ist denn der Unterschied?«, und er meinte, er hätte nichts dagegen, als Aufreißer bezahlt zu werden, aber er hege keinerlei Ambitionen, als Zuhälter zu agieren. Wir mussten beide darüber lachen.
Danach wurde es, na ja … nicht zur Routine, aber doch ziemlich regelmäßig, und auch nicht des Geldes wegen, obwohl das ganz nett war … aber immer, wenn Dolores Lust darauf hatte. Dolores war ein Teil von mir, klar, aber nur ein Teil, und ich, die Dolly Upshott, hatte mit Dolores überhaupt nichts zu tun. Pal besorgte mir ein Handy, damit seine Freunde – es waren zwei oder drei, mehr nicht – mich kontaktieren und eine Nachricht hinterlassen konnten, und ich konnte sie dann anrufen, wenn mir der Sinn danach stand. Manchmal tat ich es, manchmal auch nicht. Aber mit Pal, da hatte ich immer Lust.
Sorry, ich langweile Sie ziemlich, was? Sie wollen Informationen, keine Analysen. Das Problem ist nur, Dolores schert sich einen Dreck darum, was Sie sich denken, aber Dolly fände es schön, wenn Sie sie verstehen.
Na, jedenfalls nahm mich Pal manchmal mit zum Moscow House. Er erzählte mir, dass es jetzt endlich zum Verkauf ausgeschrieben sei und es nie auffallen würde, wenn sein Wagen davor auftauchte. Es war ziemlich unheimlich in diesem alten Haus, in dem viele Möbelstücke mit Tüchern verhängt waren, aber für Dolores machte es das alles noch viel aufregender. Schließlich war das ihr ureigenstes Terrain, auch wenn Dolly einmal fast dazwischengegangen wäre, als Pal erzählte, dass sein Vater hier Selbstmord begangen hatte. Für ihn allerdings war es eigentlich kein Selbstmord, er beharrte darauf, dass seine Stiefmutter irgendwie dafür verantwortlich war. Wenn er über sie sprach, wurde er immer sehr wütend, aber auch, wie mir auffiel, sehr erregt, weshalb ich manchmal das Gespräch absichtlich auf sie lenkte.
Dann fragte er mich, ob ich was dagegen hätte, wenn er jemanden mit zum Moscow House brächte. Ich hatte was dagegen. Es war unser Ort.
Aber als er erklärte, es sei nicht so wie mit den anderen, es sei keiner, der mich anrufen oder sich mit mir im Hotel treffen und einen Umschlag hinterlassen würde, das hier sei was Persönliches, ein Mitglied der Familie, wurde Dolores’ Interesse geweckt, und ich sagte, »warum nicht?«.
So lernte ich Jason kennen. Jase. Sie kennen ihn? Natürlich. Er ist Pals Schwager, bei den Ermittlungen zu dem Fall müssen Sie ja die gesamte Familie kennen gelernt haben. Er ist fabelhaft, was? Und der Sex erst! Pal sagte mal: »Um Gottes willen, Jase, mach langsamer, sonst komm ich mir noch wie ein alter Mann vor!« In dieser Hinsicht war es also einfach großartig. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass da noch was anderes dahintersteckte.
Dann, eines Abends, lagen wir alle drei da, wund gevögelt – sorry, klingt schrecklich, was? Aber es war wirklich so. Und die beiden Jungs waren nicht nur wund gevögelt, sondern auch abgedriftet – sie gewöhnten sich nämlich an, sich ein oder zwei Linien Koks reinzuziehen, das ging auf Pals Kosten. Er bot mir auch was an, aber Dolores hatte kein Interesse. Der Sex reichte ihr, und außerdem, wenn sie so drauf waren, quasselten sie, als wäre sie gar nicht da, was einfach saukomisch ist, wenn man Männern zuhört, die glauben, sie wären allein.
Diesmal begann Pal über Kay zu reden, das ist seine Stiefmutter. Entschuldigung, das wissen Sie ja. Nicht wie sonst, wenn er voller Wut auf sie war, eher so eine Art versonnenes Erinnern.
Er hatte sich nämlich, als er noch ein Teenager war, immer vorgestellt, dass sie auf ihn stehe, es hatte auch einige Gelegenheiten gegeben, bei denen sie ganz allein waren und er glaubte, er könnte sie haben, aber er war einfach zu nervös gewesen, um es überhaupt zu versuchen.
Und Jason sagte, da habe er aber einiges verpasst, auf einer Skala von eins bis zehn würde er
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