Welch langen Weg die Toten gehen
ich einschreiten müssen, gleichgültig, welche Folgen dies nach sich zieht. Und, übrigens, eine dieser Folgen wird sein, dass Sie Ihre Arbeit verlieren, da ich der Schulbehörde klar und deutlich zu verstehen geben werde, dass Sie diese Beziehung zu Helen bereits begonnen haben, als sie noch Schülerin am Weavers war.«
Jase sagte, dass er vor Angst die Hosen gestrichen voll hatte – seine Worte –, aber was ihm noch mehr Angst einjagte, war, dass er sich selbst zu Kay sagen hörte, das interessiere ihn einen Dreck, sie soll tun, was sie nicht lassen könne, und wenn es für ihn auch bedeuten sollte, dass er den Job verliert und wieder ganz von vorn anfängt, sei Helen die einzige Frau für ihn, und er werde sie heiraten, komme, was da wolle.
Er sagte, Kay saß lange schweigend da, blickte ihn nur an, so still und durchdringend, dass er schon glaubte, sie wollte ihn in einen Frosch verwandeln.
Und dann sagte sie: »Okay, in diesem Fall sollten Sie, wenn sie Sie zum Tee einlädt, lieber kommen.«
Pal gab ein lautes Lachen von sich und sagte, »so kenne ich sie! Nur das Beste für ihre geliebte kleine Helen. Guter Deckhengst, muskulös, wunderbar dressiert, die Garantie für erstklassige Fohlen. Das Einzige, womit sie nicht gerechnet hat, war, wie fidel du werden kannst, wenn dir der tägliche Hafer vorenthalten wird.«
Dann lachte Pal, freundlicher diesmal, und sagte, »Nein, kein Grund, so besorgt aus der Wäsche zu schauen, mein Junge. Ich weiß, hier geht’s nur darum, ein wenig seinen Spaß zu haben, solange meine Schwester außer Gefecht ist, nichts Schlimmes also. Und es wird nichts an der Schule herumerzählt werden. Dolores und ich werden schweigen wie ein Grab.«
Es lief also alles so weiter wie vorher auch, bis zum letzten Mal.
Wir waren immer auf dem Parkplatz am Sportzentrum verabredet, hinten am Fluss, wo es dunkel ist. Jase und ich stiegen bei Pal ein, und er fuhr uns dann zum Moscow House, sein Wagen war also der einzige, der auf der Anfahrt gesehen werden konnte.
Diesmal allerdings ließ sich Pal nicht blicken. Schließlich stieg ich bei Jase ein, damit wir besprechen konnten, was wir tun sollten. Ich versuchte Pal auf seinem Handy anzurufen, aber das war ausgeschaltet. Dann versuchte ich es im Laden, aber da ging keiner ran. Danach rief Jase auf meinem Handy bei Pal zu Hause an. Er sprach mit Sue-Lynn, die auch keine Ahnung hatte, wo Pal steckte. Daraufhin fuhren wir zur Avenue, passierten langsam die Einfahrt zum Moscow House, falls Pal aus irgendeinem Grund direkt hierher gefahren sein sollte. Aber es war sehr neblig, auch sonst war das Haus von der Straße aus kaum zu erkennen. Wir drehten um und kamen zurück, und als wir uns diesmal der Einfahrt näherten, sahen wir einen Polizeiwagen einbiegen.
Das beunruhigte Jase so sehr, dass er zum Sportzentrum zurückfuhr und mich auf dem Parkplatz absetzte. Er wollte in den Club und herumtelefonieren, um Pal vielleicht doch noch aufzuspüren. Er sagte, er sei sich sicher, dass alles in Ordnung wäre, aber es war ihm anzusehen, wie sehr ihn das Ganze mitnahm. Mir sagte er, ich solle einfach nach Hause fahren, wo immer das auch sein mochte. Fast hätte ich ihm gesagt, es sei das Pfarrhaus in Cothersley, nur um seine Miene zu sehen, aber das wäre ziemlich blöd gewesen. Ich stieg in meinen kleinen Fiat. Normalerweise zog ich mich im Wagen um und kratzte das Make-up vom Gesicht, falls es ruhig war auf dem Parkplatz, aber in dieser Nacht machte ich mir ebenfalls Sorgen, weshalb ich beschloss, noch mal zur Avenue zu fahren.
Ich kam gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie ein Krankenwagen mit heulender Sirene zum Moscow House einbog. Oben am Haus konnte ich das Blaulicht eines Polizeiwagens erkennen. Ich parkte um die Ecke, stieg aus und ging zurück. Ich wusste, dass viele Prostituierte in der Avenue herumhingen, also dachte ich mir, dass eine Frau, die dort allein unterwegs war, nicht besonders auffallen würde. Aber es sah aus wie ausgestorben, erst dann wurde mir klar, dass sich die Prostituierten sofort aus dem Staub gemacht haben mussten, als der erste Polizeiwagen auftauchte, weil es mit dem Geschäft an diesem Abend vorbei war.
Mein Gott, es war unheimlich, aber ich wollte wissen, was los war. Am Tor war ein Polizist postiert. Als er mich sah, zuckte er vor Schreck richtig zusammen, er hatte noch mehr Angst als ich, was mich dann doch etwas aufbaute. Ich gab meine Dolores-Stimme zum Besten und tat so, als gehöre ich zu den Mädels auf der
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