Welch langen Weg die Toten gehen
aussehender junger Mann, der sich mit Vögeln auskennt, wie sollte ich Sie nicht willkommen heißen?«
»Danke«, sagte Hat. »Vielen Dank.«
Er meinte es wirklich so. Er konnte zwar nicht von sich behaupten, dass es ihm gut ging, aber er fühlte sich auf jeden Fall besser als seit Wochen.
Sie gingen durch die Tür hinaus, durch die er hereingekommen war. Sie machte sich nicht die Mühe, sie abzusperren. Der Aufwand hätte sich sowieso nicht gelohnt, da das Fenster für die Vögel offen stand.
Sie gingen um das Cottage herum. Miss Mac stützte sich mit der rechten Hand auf ihren Stock, mit der anderen hatte sie sich bei Waverley untergehakt, während sie über einen tief gefurchten Weg zu dem Wagen gingen, der etwa fünfzig Meter vor ihnen an der schmalen Landstraße geparkt war.
Falls Hat hätte raten sollen, welchen Wagen Waverley fuhr, dann hätte er wahrscheinlich auf einen soliden Kleinwagen getippt, auf einen Peugeot 307 zum Beispiel oder vielleicht auf einen Golf. Seine erzwungene Abwesenheit vom CID musste seinen detektivischen Spürsinn getrübt haben. Denn glitzernd im morgendlichen Sonnenlicht stand ein rötlich brauner Jaguar S-Typ.
»Um auf Ihr Angebot zurückzukommen, mich mitzunehmen«, sagte er, »mein Wagen steht an der alten Stangdale Road, wenn das zufällig auf Ihrem Weg liegen sollte.«
»Mit Vergnügen, Mr. Hat«, sagte Waverley. »Mit Vergnügen.«
2
Die Kafkas zu Hause
E inige Kilometer im Süden, in der Nähe des pittoresken kleinen Dorfs Cothersley, verlieh die Morgendämmerung dem Nebel, der noch immer über Cothersley Hall hing, den verschwommenen goldenen Glanz, den einfallslose Dokumentarfilmer gern über ihre nächste schlampige Einstellung legten. Einen Augenblick lang hätte ein Betrachter an der Westseite des Gebäudes glauben können, er befinde sich im ausgehenden siebzehnten Jahrhundert, einige Jahre nach der Errichtung des prächtigen Herrenhauses, so dass der Efeu bereits genügend Zeit gefunden hatte, sich daran emporzuranken. Aber ein kurzer Spaziergang zur südlichen Gebäudefront, bei dem der lange und vorwiegend mit Glas verkleidete östliche Anbau ins Blickfeld geriet, hätte ihn stutzen lassen. Und wenn er weitergegangen und einen Blick durch die Glasscheibe geworfen und dabei einen Tisch mit einem flimmernden Computermonitor entdeckt hätte, der neben einem Indoor-Swimmingpool aufgestellt war, hätte er sich, falls er nicht mit der Fähigkeit der Politiker ausgestattet war, widersprechende Beweise zu ignorieren, die traurige Wahrheit eingestehen müssen, dass er sich noch immer im einundzwanzigsten Jahrhundert befand.
Ein Mann in einem schwarzen Morgenmantel aus Seide saß am Tisch und starrte auf den Monitor. Er sah nicht auf, als die Tür zum Haupthaus geöffnet wurde und Kay Kafka erschien, in einen großen weißen Morgenmantel gewickelt, auf dessen Rücken Wenn Sie mich mitnehmen, stellen wir es Ihnen in Rechnung aufgedruckt war. In den Händen hielt sie ein Tablett, auf dem ein Korb mit Croissants, einer Butterschale, zwei Porzellantassen und einer Thermos-Kaffeekanne standen.
Sie stellte das Tablett auf den Tisch. »Guten Morgen, Tony.«
»Er ist wieder da.«
»Junius?« Das war das Tolle an Kay. Man musste bei hier nicht lang herumreden. »Das Gleiche wie früher?«
»Mehr oder weniger. Nennt sich jetzt NewJunius. Ist wieder eingebrochen und hat Botschaften und einen Hyperlink hinterlassen.«
»Ich dachte, das sollte inzwischen unmöglich sein.«
»Reis in einem Beutel zu kochen galt auch mal als unmöglich. Sein Stil wird nicht besser.«
»Du klingst relativ entspannt.«
»Warum nicht? In manchen Dingen kann ich ihm mittlerweile sogar zustimmen.«
»Und die wären?«
»Wenn er meint, um ein guter Amerikaner zu sein, gehöre mehr dazu, als Geld zu verdienen.«
»Hast du das Joe in letzter Zeit mal vorgeschlagen?«, fragte sie beiläufig.
»Das weißt du doch, Ende letzten Jahres, nachdem sich nach dem elften September der Staub wieder einigermaßen gelegt hat. Damals war alles völlig im Unklaren, deshalb haben wir über alles gesprochen.«
»Und danach hat Joe gesagt, dass alles wieder seinen gewohnten Gang geht, richtig?«
»Nein. Da hast du Joe falsch verstanden. In vielem teilt er meine Meinung. Wir sehen uns nur nicht oft genug, das ist alles.«
»Er ist nur einen Flug entfernt«, sagte sie leise.
Sie hatte keine große Lust, sich auf diese Diskussion einzulassen. Joe Proffitt, Chef der Ashur-Proffitt Corporation, gehörte nicht
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