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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sei für ein paar Tage unterwegs. Ich denke, Kay hatte ihm wieder Avancen gemacht, aber er wollte am Telefon nicht darüber reden. Dennoch sagte er, er würde Daddy schreiben und ihn über die Schlampe aufklären, und er wollte, dass ich ihn dabei unterstütze, falls Daddy sich an mich wenden würde, um nachzufragen. Wie ich schon sagte, ich war bereit, nur allzu gern. Und dann, nur ein paar Tage später, wurde ich ins Direktorat gerufen, und man teilte mir die Neuigkeiten mit.
    Kay hatte sich mit Helen nach Amerika abgesetzt, und Daddy hatte sich den Schädel weggeballert.
    Oh, ich weiß, sie behauptete, die Reise sei mit Daddys voller Zustimmung organisiert worden und sie wäre an Ostern wieder zurück gewesen, trotzdem fiel die Reise ziemlich günstig. Als ich Pal traf, bestätigte er, was ich mir schon gedacht hatte. Etwas war vorgefallen, als er das letzte Mal zu Hause war. Sie war erneut auf ihn losgegangen. Erneut hatte er gedroht, es Daddy zu erzählen, und diesmal hätte er es durchgezogen. Aber er vermutete, dass Kay seine Drohung ernst nahm und ihm zuvorgekommen war und Daddy ihre Version der Geschichte aufgetischt hatte, in der sie Pal als ein Sex-Monster hinstellte.
    Na ja, da mussten bei Daddy die Sicherungen durchgebrannt sein. Normalerweise war er ein ungemein beherrschter Mensch, er machte die Schotten dicht und ließ nichts an sich ran. Aber manchmal, wissen Sie, wenn sich so viel aufgestaut hat, wird die Explosion, wenn es denn dann so weit ist, nur umso gewaltiger. Ich weiß nicht, was in seinem Kopf vorging. Wer kann das schon wissen? Aber ich weiß, dass er zum Schluss allein im Haus war. Kay war fort. Vielleicht glaubte er ihr nicht, dass sie zurückkehren würde. Und sie hatte unsere kleine Schwester mitgenommen.
    Daddy liebte Helen. Mehr als mich und Pal, würde ich sagen. Damit hatte Kay ihn im Griff, mehr noch als mit dem Sex, vermute ich. Sie sorgte schon dafür, dass Helen sie anbetete. Am schlimmsten war es für uns dann aber, als sich die Aufregung wieder etwas gelegt hatte und wir feststellen mussten, dass wir Helen nicht von diesem Miststück loseisen konnten. In seinem Testament hatte Daddy Kay als unseren Vormund bestimmt. Das traf auf Pal nicht zu – er war bereits volljährig, und auch ich hatte nicht mehr lange bis zu meinem achtzehnten Geburtstag. Ich zog sogar zur schrulligen alten Vinnie, damit ich der Schlampe ja nicht in die Klauen geriet. Aber Helen war erst neun. Kay war nach dem Gesetz dazu berechtigt, sie bei sich zu behalten, außerdem wollte Helen gar nicht irgendwo anders sein.
    Pal wollte mit allem an die Öffentlichkeit, um zu beweisen, dass Kay nicht die dafür geeignete Person sei, ließ sich letztendlich aber davon überzeugen, dass sich Anschuldigungen ohne konkrete Belege nur als kontraproduktiv erweisen würden. Besser wäre es, den alternativen Weg einzuschlagen und die anderen unbestreitbaren Einwände vorzubringen, nämlich dass sie als Nicht-Britin beschließen könnte, in die Staaten zu ziehen, wobei Daddy sicherlich nicht gewollt hätte, dass Helen dort drüben aufwuchs. Außerdem, falls Kay erneut heiratete und ihr neuer Ehemann gegen Helen war, wäre es für Kay ein Leichtes gewesen, Helen einfach fallen zu lassen. Ich bin mir nicht sicher, wie das ausgegangen wäre, aber plötzlich heiratete sie ihren Boss Tony Kafka, der, wie sich herausstellte, bereit war, Helen ganz offiziell zu adoptieren. Außerdem sagte er, dass er in vorhersehbarer Zukunft nicht von England wegziehen würde, darüber hinaus gab er ein Garantieversprechen ab, dass Helen ihre Ausbildung ausschließlich im Königreich erhalten würde.
    Damit war Pal endgültig der Wind aus den Segeln genommen. Er hatte immer vermutet, dass sie und Kafka etwas am Laufen hatten, bevor sie Daddy kennen gelernt hatte, und dass das auch nach der Heirat nicht aufhörte. Aber dafür gab’s keine Beweise, und außerdem war es sowieso Schnee von gestern. Klar, Helen wuchs in dem Bewusstsein auf, dass wir die Schurken in dem Stück seien, aber Kay trieb es nicht zu weit, das muss man ihr lassen. Sie hatte nichts zu gewinnen, wenn es zur offenen Konfrontation mit uns gekommen wäre. Wir waren nahe dran, als sie vorschlug, Moscow House zum Verkauf auszuschreiben. Sie hatte dabei keine persönlichen Interessen – nach Daddys Testament gehörte es uns dreien –, aber als Vormund hatte sie die Handlungsvollmacht für Helen. Ich für meinen Teil hätte mich vielleicht darauf eingelassen – nach Daddys

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