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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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kaum gehemmt fühlen musste, mitten in die Freuden einer frischgebackenen Mutter hineinzuplatzen. Er bog in den überfüllten Besucherparkplatz ab, offensichtlich gab es viele Kranke in Mid-Yorkshire. Natürlich war die Mehrzahl derer, die die Kranken besuchten, nicht allzu traurig, wenn sie eine Entschuldigung für ihr Zuspätkommen fanden, aber wem Andy Dalziel nur vierundzwanzig Stunden gegeben hatte, dem war jede Sekunde kostbar. Er bog zur Haupteinfahrt ab, ignorierte das Schild
Parkplatz nur für Personal
und zwängte seinen Golf zwischen einen BMW und einen Maserati.
    Er stieg aus und betrachtete eine Weile lang den Maserati, nicht aus Neid, auch wenn es ein schönes Gefährt war, sondern weil er sich an etwas erinnert fühlte. Dann fiel ihm Ellie ein, die von ihrem Gespräch mit Cress Maciver und über die Schwierigkeiten der geschlechtlichen Vereinigung in einem solchen Vehikel erzählt hatte. Er sah, was sie meinte.
    Es konnte nicht viele Maserati in Mid-Yorkshire geben, dachte er. Neugierig inspizierte er den Namen des Parkplatzes.
    V.J. R. S. Chakravarty, neurologische Abteilung. Nun, es war vom Gesetz nicht verboten. Natürlich nur solange Cress nicht seine Patientin war.
    Auf dem Weg durch einen langen Gang zur Entbindungsstation kamen ihm zwei in ein Gespräch vertiefte Männer entgegen. Den einen erkannte er sofort als Tom Lockridge. Der andere war ein großer, schlanker, äußerst gut aussehender Asiate.
    So gebannt war Lockridge von dem Gespräch oder, da anscheinend nur er redete, seinem Monolog, dass er Pascoe erst wahrnahm, als sie sich fast schon gegenüberstanden. Und er schien auch nicht sehr erfreut zu sein, als er ihn endlich bemerkte.
    »Dr. Lockridge«, sagte Pascoe. »Haben Sie etwas Zeit?«
    »Ich hab zu tun«, sagte Lockridge und wollte bereits weitergehen.
    Doch der andere war ebenfalls stehen geblieben und schien, falls Pascoe ihn richtig einschätzte, nicht unglücklich über die Gelegenheit, sich von seinem Gefährten loseisen zu können.
    »Kümmere dich nicht um mich, Tom«, sagte er. »Hab vor meiner Runde noch einiges zu erledigen. Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr sagen konnte.«
    Mit einem strahlenden Lächeln, das Pascoe galt und das bei einer empfänglicheren Person zu Herzrasen geführt hätte, schlenderte er davon. Er bewegte sich ungemein geschmeidig. Pascoe hatte eine seiner Eingebungen.
    »Wer war das?«, fragte er.
    »Vic Chakravarty.«
    »Der Neurologe?«
    »Richtig. Sie kennen ihn?«, fragte Lockridge. Er klang aufrichtig interessiert.
    »Nein, nur welche, die mit ihm verkehren«, sagte Pascoe und lächelte verstohlen über die verborgene Prägnanz des Verbs.
    Kurz schien es, als wollte Lockridge noch etwas hinzufügen, doch dann änderte er seine Meinung. »Also, Inspector, was wollen Sie von mir?«
    »Ich bin mit Pal Macivers Tod befasst«, begann Pascoe, ohne auf die Degradierung einzugehen. »Und frage mich …«
    »Bedaure, über Mr. Maciver kann ich nun wirklich nicht reden«, unterbrach Lockridge.
    »Warum nicht?«, sagte Pascoe überrascht.
    »Arzt-Patienten-Verhältnis, Sie wissen schon.«
    »Aber das ist doch absurd. Ich erinnere mich – Sie haben doch selbst gesagt, dass er nicht mehr Ihr Patient war. Die einzige Beziehung, die Sie zu ihm haben, war die des anwesenden Gerichtsmediziners. Wenn Sie mit mir nicht reden können, wie lassen sich dann Ihre in Rechnung gestellten Gebühren rechtfertigen?«
    »Ja, natürlich, tut mir leid. Das ist was anderes, kann man leicht durcheinander bringen. Aber ich habe alles, was mir aufgefallen ist, in meinem Gutachten aufgeführt«, sagte Lockridge abwehrend.
    »Ja, ein sehr gutes Gutachten«, sagte Pascoe. »Warum war er eigentlich nicht mehr Ihr Patient? Wollte er nicht mehr? Oder Sie?«
    »Er. Er war Privatpatient, Sie verstehen, unsere Beziehung war daher sehr flexibel, kein Formularkram mit dem staatlichen Gesundheitsdienst. Hab ihn beruflich aber sowieso kaum gesehen, war also nichts Weltbewegendes, als er meinte, er möchte zur Abwechslung mal woandershin. Privat sind wir uns dann später sogar häufiger begegnet, wahrscheinlich wollte er beide Bereiche einfach getrennt halten. Das wollen viele so, verstehen Sie.«
    »Aber nicht Mrs. Maciver?«
    »Nein. Es stört sie nicht. Sie ist noch immer bei mir. Aber was soll das alles?«
    »Nichts, nur dass ich eigentlich Mrs. Maciver danach fragen wollte. Ich muss mit ihr reden, bald, und wollte Sie fragen, ob sie mittlerweile in der Lage ist, einige

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