Wellentänze: Roman (German Edition)
wir verheiratet wären, könntest du das Kind nicht stillen«, bemerkte Julia.
Fergus’ Feindseligkeit schmolz dahin. »Du willst das Kind stillen, ja? Das freut mich zu hören. Offensichtlich ist es für das Baby viel besser.«
»Das scheint jedenfalls die allgemeine Meinung zu sein.« Tatsächlich hatte Julia sich noch keine großen Gedanken über die verschiedenen Füttermethoden gemacht, da es so viele andere Dinge gab, die sie zuerst regeln musste, aber jetzt begriff sie, dass das Stillen des Babys ihr eine Macht gab, die Fergus nicht infrage stellen konnte. Sie sah ihn nachdenklich an. Es gab keinen Zweifel daran, dass seine Bereitschaft, ihr bei dem Baby zu helfen, tröstlich war. Da ihre Mutter im Lake District wohnte und ihre Schwester mit ihren eigenen kleinen Kindern alle Hände voll zu tun hatte, würde sie sich manchmal vielleicht ziemlich einsam fühlen.
Als hätte er gespürt, dass sie ein wenig nachgiebiger gestimmt war, fuhr Fergus fort: »Und sag mir Bescheid, wenn im Haus irgendetwas anfällt, das noch erledigt werden muss.« Sein Blick streifte einen Stapel Plastikboxen, die in einer Ecke der Küche standen.
»Es gibt nicht viel zu tun«, versicherte Julia ihm. »In diesen Schachteln sind lauter Dinge, die ich weggepackt hatte, damit meine Mieterin mehr Platz hatte.«
»Wo willst du das Baby unterbringen?«
»Es ist kein Pferd und auch kein Hamster, es kann bei mir im Haus wohnen!«
»In deinem Schlafzimmer?«
»Für den Anfang, ja. Natürlich.«
»Und hast du Platz für ein Kinderzimmer?«
»Ich habe oben einen kleinen Raum, der sich dafür eignen würde, ja.« Julia mahnte sich im Stillen zur Vorsicht, falls Fergus darum bat, den Raum sehen zu dürfen. Nicht nur, dass sich dort überflüssige Möbel und Plastiktüten voller alter Kleider stapelten, die sie eigentlich schon lange zur Kleidersammlung hatte geben wollen, dort lag auch ihre Aktentasche mit wichtigen Papieren, die sie eigentlich nicht hätte besitzen dürfen. »Das Zimmer muss nur frisch gestrichen werden. Und ich brauche keine Hilfe bei der Einrichtung«, setzte sie hastig hinzu. »Das kann ich nämlich sehr gut.«
»Was ist mit dem Zuspachteln und Beischleifen, wie gut kannst du das?«
Sexistischer Kerl, dachte sie, behielt ihre Meinung aber für sich. »Hervorragend. Meine Moltofillarbeiten sind preisverdächtig.«
»Oh? Vielleicht könntest du dann auch gleich mein Haus auf Vordermann bringen. Handwerkliches ist im Grunde nicht mein Ding.«
»Was hättest du denn getan, wenn ich dich gebeten hätte, das Kinderzimmer zu tapezieren?«
»Ich hätte jemanden dafür engagiert oder ein Buch zurate gezogen.«
»Du bist der typische Intellektuelle!«
Seine Augen wurden schmal, und Julia musste zugeben, dass er eine Menge Sexappeal besaß. »Vielen Dank.«
»Es war nicht als Kompliment gemeint.«
»Ich weiß.«
Julia entdeckte, dass ihr Atem plötzlich schneller ging. Es brachte sie ziemlich aus der Fassung, wenn Fergus sie so ansah. Sie stand auf. »Fühlst du dich auch wirklich wohl hier in der Küche? Oder sollen wir nebenan Feuer machen? Ich weiß, es ist erst Oktober, aber es ist ein scheußlicher Abend.«
Ein überraschter Ausdruck huschte über Fergus’ Züge. »Darf ich das Feuer für dich anzünden?«
Julia wurde bewusst, dass sie Fergus praktisch eingeladen hatte, den ganzen Abend bei ihr zu verbringen, obwohl er wahrscheinlich vorgehabt hatte, nach Hause zu fahren und sich einen Dokumentarfilm über Kernphysik oder die Auswirkungen von Mikroorganismen auf den Kosmos anzusehen. Jetzt war sie es, die schmale Augen machte, fest entschlossen, verlorenen Boden zurückzuerobern. »Nur dass du’s weißt, Fergus Grindley, das Anzünden von Feuer gehört zu den Dingen, die ich am besten kann.«
»Das bezweifle ich nicht«, erwiderte er. »Aber ich bin ein hoffnungsloser Fall, wenn es darum geht, Kakao zu kochen.«
»Kakao? Das ist ein bisschen bieder, findest du nicht?«
»Ich nehme nicht an, dass du etwas Stärkeres zu trinken haben möchtest? Dachte ich’s mir doch. Also wirst du den Kakao machen müssen, während ich das Feuer in Gang bringe. Es sei denn natürlich«, fügte er trocken hinzu, »du hast ein Buch mit einem Rezept für Kakao da. Dann würde ich blendend zurechtkommen.«
Julia gestand mit einem himmelwärts gewandten Blick ihre Niederlage ein. »O Gott! Haben sie dir denn in dieser schnieken Schule überhaupt nichts Nützliches beigebracht?«
»Nein«, antwortete Fergus kläglich.
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