Wellentänze: Roman (German Edition)
aufzunehmen. Wenn du mir erklärst, wo ich alles finde, kann ich durchaus in einen Schlafsack klettern.«
Julia schüttelte den Kopf. »Es ist kein Schlafsack vorhanden, fürchte ich, aber ich habe reichlich Bettzeug, es ist bloß so, dass im Wäscheschrank augenblicklich ein ziemliches Chaos herrscht.« Das tat es immer, aber sie fand, dass sie ihm das nicht unbedingt auf die Nase binden musste. »Dadurch, dass jemand anderes hier gewohnt hat, ist einiges durcheinander geraten.« Das zumindest entsprach der Wahrheit.
»Ich komme schon zurecht. Bleib du einfach hier liegen, während ich oben alles regele, und dann mache ich dir einen schönen Drink.«
Julias Instinkte als Gastgeberin fanden diesen Vorschlag entsetzlich, ihr Körper fand ihn jedoch wunderbar. »Und ich mache dir dafür ein Sandwich«, konterte sie, weil sie sich nicht von ihm übertreffen lassen wollte.
Tatsächlich döste sie dann jedoch ein und war, als sie wieder aufwachte, einen Augenblick lang überrascht, ihn zu sehen. »Oh, du bist es! Hast du alles gefunden, was du brauchst?«
»Und ob. Aber jetzt möchte ich mich erst einmal neben dich setzen. Rutsch rüber.«
»Ich wollte dir ein Sandwich machen.«
»Ich habe keinen Hunger. Es sei denn, du möchtest etwas essen?«
Julia schüttelte den Kopf und rückte auf dem Sofa zur Seite. Irgendwie lag sie am Ende dann doch wieder auf dem Sofa, mit einem Kissen unter den Füßen und dem Kopf an Fergus’ Brust. Es war herrlich bequem.
»Also, wo ist die Fernbedienung?«, fragte er. »Im Augenblick läuft nämlich ein ziemlich guter Film.«
Er drückte auf verschiedene Knöpfe der Fernbedienung, bis er den Film fand. Es war ein Film, auf den sie sich ebenfalls gefreut hatte, tatsächlich sogar einer der Gründe, warum sie nicht noch eine Nacht bei ihrer Schwester geblieben war, sondern nach Hause hatte fahren wollen. Sie hatte sich den Film in Ruhe ansehen wollen, ohne den Spott ihres Schwagers ertragen zu müssen. Der Vorspann lief bereits. Julia schlief ein.
»Komm, ins Bett mit dir.« Julia spürte, wie sie aufrecht hingesetzt wurde. »Ich habe dir eine Wärmflasche gemacht. Du brauchst dir nur noch die Zähne zu putzen und ins Bett zu gehen.«
»Ich habe mir die Zähne schon geputzt, als ich gebadet habe, und ich habe seither nichts gegessen. Genau genommen«, gestand sie stirnrunzelnd, »bin ich halb verhungert!«
»Was hättest du denn gern?«
»Ein Käsesandwich und ein Glas Milch. Bitte.«
»Wird alles im Bett serviert. Na komm.«
Während sie geschlafen hatte, hatte eine sanfte Revolution stattgefunden: Julia war aus ihrer Rolle der Versorgerin verdrängt worden und fand sich nun in einer völlig neuen Rolle wieder: Jemand versorgte sie. Sie mühte sich die Treppen hinauf und legte sich ins Bett. Während sie ihre Kissen in die richtige Position brachte, eine Aufgabe, die ziemlich viel Zeit erforderte, fragte sie sich, wie sie das Ganze fand. Wunderbar, lautete ihr Urteil, als Fergus ihr einen Teller mit Sandwiches und ein Glas Milch ans Bett brachte.
»Jetzt brauchst du mir bloß noch eine Geschichte vorzulesen«, meinte sie und lächelte ihn über den Milchbecher hinweg an.
»Kein Problem. Was liest du gerade? Das hier?« Er griff nach dem Wälzer, den sie einige Stunden zuvor weggeräumt hatte. »Wie passend, da es draußen gerade schneit. Also dann, mach es dir bequem.«
»Fergus, ich habe einen Witz gemacht!«
»Aber ich nicht. Jetzt halte den Mund und hör zu. Ich werde auch nicht beleidigt sein, wenn du einschläfst.«
Was sich als ein überaus glücklicher Umstand erwies.
Julia wurde von einem Geräusch in der Küche geweckt. Fergus war vor ihr auf, verflixt! Dass sie beim Klang seiner Stimme – er las wirklich sehr gut – eingeschlafen war, zeigte das ganze Ausmaß ihrer Schwäche und war nur mit ihrem Zustand zu entschuldigen. Aber noch im Bett zu liegen, während ihr Gast schon auf war, das war unverzeihlich. Sie stieg aus dem Bett und beäugte ihren Morgenmantel, der verführerisch auf dem Stuhl lag. Sie ignorierte seinen Sirenengesang. Fergus sollte sie nicht für immer als eine Weihnachtsmanngestalt in Erinnerung behalten. Sie zog die Samt-Leggings an und das weite Hemd, derzeit ihre besten Umstandskleider, bürstete sich das Haar und schminkte sich mit großer Sorgfalt. Gestern Abend war sie ein schwerfälliger Klotz gewesen, den man von hinten bis vorn bedienen musste. Heute Morgen würde sie eine dynamische junge Frau sein, die ihr Schicksal absolut in der
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