Wellentraum
Verfügung stand und der Stadtrat niemand anderen gefunden hat, der es mit diesem Arschloch Whittaker aufnehmen kann.«
Calebs Lippen zuckten. »Ja, Ma’am.« Er zog den hässlichen Hartschalenstuhl heran und bat sie mit einer Geste, sich zu setzen. »Was kann ich für Sie tun?«
Sie ließ sich darauf fallen, während sie ihn aus harten, dunklen Augen fixierte. »Sie können mir sagen, was zum Teufel hier vorgeht. Jeder Trottel, der heute seinen Kaffee bei uns getrunken hat, behauptet, dass eine fremde Frau gestern Abend auf der Landspitze vergewaltigt wurde.«
Caleb biss die Zähne zusammen. »Es gab einen Überfall, ja. Woher die Verletzungen der Frau stammen, konnte noch nicht eindeutig geklärt werden.«
Antonia sah finster drein. Ganz offensichtlich war sie damit nicht zufrieden.
»Ein Sommermädchen?«
Die Inselbevölkerung setzte sich aus den Einheimischen zusammen, die das ganze Jahr über dort lebten, Sommerfrischlern, die Jahr um Jahr die warme Jahreszeit auf der Insel verbrachten, und Touristen. Die Grenzen waren manchmal fließend, aber die Einheimischen achteten noch darauf.
»Sie ist zum ersten Mal hier«, entgegnete Caleb.
Antonia nickte.
»Na, wenigstens keine von uns.«
Caleb schluckte seinen Ärger herunter. Antonia kannte Maggie nicht, ermahnte er sich. Ein Überfall auf einen Touristen traf das Sicherheitsgefühl und die Brieftaschen der Inselbewohner; ein Überfall auf einen der Ihren traf ihr Herz.
»Aber es lässt uns trotzdem nicht besonders gut dastehen«, fügte Antonia düster hinzu. »Es lässt uns nicht
sicher
dastehen.«
Und die öffentliche Sicherheit, so legte ihr Tonfall nahe, fiel in seinen Verantwortungsbereich.
Zufällig war er mit ihr einer Meinung.
»Ich arbeite daran«, sagte Caleb.
»Hm. Ich habe gehört, dass Sie die halbe Insel lahmgelegt haben.«
Caleb lehnte sich zurück. Er würde den Köder nicht schlucken. »Ich habe die Ocean View Road und die Old Wharf Road gesperrt sowie den nördlichen Wanderweg. Das ist wohl kaum die halbe Insel.«
»Ich hatte heute Vormittag ein paar Touristen von der Fähre im Café, die sich darüber beschwert haben, dass sie auf der Landspitze kein Picknick machen können.«
Er hob die Augenbrauen. »Es gießt wie aus Kübeln. Servieren Sie ihnen ihr Frühstück und schicken Sie sie hinterher zum Andenkenladen, bis es aufklart.«
Antonia stieß ein bellendes Lachen aus. »Schon erledigt.«
Er stand wieder auf. »Wenn das dann alles ist …«
Antonia rührte sich nicht. »Ich mag Sie«, sagte sie unerwartet. »Das hätte ich nicht gedacht. Ich mag Ihren Vater nicht, und ich konnte nie etwas mit Ihrer sonderbaren Mutter anfangen. Aber wenigstens Sie wissen, wie wir die Dinge hier anpacken.«
»Verstehe«, erwiderte Caleb trocken. Er war schon lange darüber hinweg, sich von Bemerkungen über seine Eltern verletzen zu lassen. »Das heißt allerdings nicht, dass ich deshalb meinen Job anders machen werde.«
»Schon gut. Und was wollen Sie als Nächstes unternehmen?«
Fragte sie als Bürgermeisterin von World’s End, die sich über eine lästige Ermittlung informieren wollte? Oder war sie einfach neugierig?
»Ich muss die Häuser in der Umgebung abklappern und fragen, ob jemand gestern Abend etwas auf der Landspitze gesehen oder gehört hat.«
»Gestern Abend waren alle auf der Jahresabschlussfeier.«
Nicht alle. Nicht Maggie.
Und auch nicht der Hurensohn, der sie angegriffen hatte.
»Sie könnten mir helfen«, schlug Caleb vor. »Machen Sie eine Liste von all denen, die dort waren und an die Sie sich noch erinnern.«
Antonia ließ ihn nicht aus den Augen. »Ich schätze, das könnte ich tun. Sie sollten später ins Restaurant kommen. Und mit Regina reden.«
Das hatte er vorgehabt. Er wollte mit einer Menge Leute reden. »Hat sie etwas gesehen? Etwas gesagt?«
Antonia schnaubte wieder. »Glauben Sie etwa, dieses Mädchen redet mit mir?«
»Dann …«
Antonias Gesicht nahm ein ungewöhnliches Rot an. »Ich dachte nur, dass Sie sie vielleicht sehen wollen.«
Wollte sie etwa kuppeln? Allein die Möglichkeit belustigte ihn, schmeichelte ihm vielleicht auch ein wenig. Und machte ihn verlegen.
»Ich muss wirklich mit ihr reden. Mit einer von Ihnen«, korrigierte er sich. »Heuern Sie immer noch Leute für den Sommer an?«
»Wir brauchen immer Leute. Die Jugendlichen von hier können sich ein bisschen Geld mit dem Fangen von Hummer verdienen, denn Leute von auswärts wissen nun mal nicht, wie die Arbeit geht. Sucht
Weitere Kostenlose Bücher