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Wellentraum

Wellentraum

Titel: Wellentraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Vereinigung zwischen Ehemann und Ehefrau. Von Atargatis verlassen zu werden hatte ihm nicht nur die Mutter geraubt, sondern seine frühesten Erinnerungen und Vorstellungen von Familie getrübt.
    Er verdiente etwas Besseres. Er verdiente Liebe.
    Oder wenigstens die Wahrheit.
    »Sie waren zu verschieden.« So verschieden, wie sie und Caleb es waren, wurde Margred mit einem stechenden Schmerz bewusst. »Dein Vater hat eine Selkie besessen. Ihre Liebe hatte er nie.«
    Ein Muskel zuckte in Calebs Unterkiefer. »Du glaubst, dass ich dich besitzen will?«
    Er hatte schon mehr von ihr, als sie jemals jemandem gegeben hatte, selbst ihrem lange verstorbenen Gefährten. Ihre Gefühle für ihn erfüllten sie wie eine Schwangerschaft, sie drückten, drängten sich in ihr. Sie fühlte sich geschwollen, zu jemandem – zu etwas – erweitert, das sie fast nicht wiedererkannte.
    Zweifel schlang seine Tentakel um ihr Herz. Konnte sie ihm je das sein, was er brauchte? Konnte sie ihm mehr geben, als seine Mutter seinem Vater gegeben hatte?
    Was würde es mit ihr machen, wenn sie es versuchte?
    Die Angst drückte ihr die Brust zusammen und presste die Luft aus den Lungen. Und was würde es mit ihnen beiden machen, wenn es ihr nicht gelang?
    »Ich glaube«, erwiderte Margred vorsichtig, »dass du hierher gehörst. An diesen Ort. Zu diesen Leuten.«
    »Und du nicht.«
    »Ich bin eine Selkie«, wiederholte sie. Ihre Worte klangen dürftig, selbst in ihren Ohren. »Der Ozean ist unser Element. Sein Zauber liegt uns im Blut. Wir müssen zu ihm zurückkehren oder sterben.«
    »Du kannst nicht zurückkehren. Was, wenn du sowieso sterben wirst?«
    Seine Frage steckte zitternd wie ein Pfeil in ihrem Herzen. Und dennoch war es die falsche Frage.
    Sie sah, wie es ihm klar wurde, wie seine Augen erkalteten, fühlte seinen Körper sich anspannen wie der eines Kriegers vor dem Angriff.
    »Wenn du dein Seehundfell noch hättest«, begann Caleb ruhig, »wenn du ins Meer zurückkehren könntest – würdest du trotzdem hier bei mir bleiben?«
    Würde sie alle Meere und die Ewigkeit aufgeben, um an Land mit diesem einen Mann zu leben, bis sie beide tot waren?
    Ihr Mund wurde trocken. Sie antwortete ihm nicht. Konnte es nicht.
    Aber das war schon alles, was er wissen musste.

[home]
    18
    N a, das ist ja gut gelaufen«, sagte Caleb zum Abschied zu dem Lügendetektorspezialisten, der nun in seinem Büro logierte – dem einzigen Ort auf der Insel, der nicht ohnehin schon von der staatlichen Spezialeinheit mit Beschlag belegt wurde.
    Er log.
    Und nicht zum ersten Mal an diesem Morgen. Aber obwohl Calebs rechter Arm in einer Blutdruckmanschette steckte und Elektroden an den Fingern seiner linken Hand angebracht waren, obwohl Gummischläuche um seine Brust liefen und eine digitale Anzeige Auskunft über den Wahrheitsgehalt jedes seiner Worte gab, würde der Prüfer keinesfalls eine Geschichte über eine siebenhundert Jahre alte Meerjungfrau glauben, die von einem Dämon gejagt wurde.
    Sam Reynolds stand in der Tür des kleinen Pausenraums, der die Kaffeemaschine und den Kopierer beherbergte. »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er. »Drei Stunden am Lügendetektor hätten sogar meine Mutter zum Schwitzen gebracht. Meinen Test haben Sie schon bestanden.«
    Caleb hob die Augenbrauen. »Sind die DNA -Ergebnisse schon da?«
    Der Detective schnaubte. »Für wen halten Sie uns – das FBI ?«
    »Und warum dann der plötzliche Gesinnungswandel? Oder sind Sie mir so dankbar, dass ich Sie in meiner Gefängniszelle statt am Strand habe übernachten lassen?«
    Reynolds zuckte mit den Schultern. »Sie haben uns die DNA -Probe gegeben. Sie haben sich freiwillig zum Lügendetektortest gemeldet. Wenn Sie schuldig wären, hätten Sie uns Sand sieben lassen. Also sind Sie entweder dumm wie Bohnenstroh oder unschuldig.«
    Caleb war nicht in der Stimmung, sich einwickeln zu lassen. Die Frau, die er liebte, wollte ihn verlassen, er war am Morgen von der Lagebesprechung ausgeschlossen worden, und der diensthabende Sergeant traute ihm nicht einmal zu, dass er den Verkehr regeln konnte.
    Er rieb sich den Nacken, während sein Blick von dem auf Hochtouren arbeitenden Kopierer zu den Papierstapeln auf der Ablage wanderte. »Was machen Sie da?«
    Reynolds schob ein weiteres Blatt Papier nach. »Ich kopiere Ihre Notizen zu dem Fall.«
    Caleb runzelte die Stirn und sah zu Edith Paine. Das Spiegelbild ihres Computermonitors – hellweiße Spielkarten auf grünem Untergrund –

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