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Wellentraum

Wellentraum

Titel: Wellentraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Pappbechern.
    Caleb zog die Luft ein. War er tot oder noch am Leben?
    Etwas an dieser langen, knochigen Gestalt … »Whittaker?«
    Hinter ihm kreisten und krächzten die Vögel. Waren es Warnschreie? Oder Rufe der Not?
    Der Mann hob den Kopf von der Brust. Selbst im Schatten sah sein Gesicht sehr blass aus. Seine Augen brannten fiebrig in ihren Höhlen. Caleb wehrte sich gegen ein Frösteln.
    »Der Mann ist krank«, sagte Bart. »Er braucht Hilfe.«
    Vielleicht.
    Er wirkte nicht verletzt. An seiner khakifarbenen Hose und seinem Hemd fanden sich keine Spuren von Blut – seinem oder dem eines anderen.
    »Mr. Whittaker, können Sie mich hören?«
    Das Gesicht des Anwalts verzerrte sich. »Natürlich kann ich Sie hören«, antwortete er in seinem üblichen genervten Ton. »Ich bin krank, nicht taub.«
    Caleb atmete weiter. Er musste sich am Riemen reißen. Nicht jeder, dem er begegnete, wollte sich gleich auf eine Hauptrolle in
Der Exorzist
bewerben. »Können Sie aufstehen?«
    »Ich bin auch nicht betrunken«, gab Whittaker zurück. Er kam ungelenk auf die Füße, indem er sich an der Steinwand hinter ihm abstützte. Nur eine Sekunde lang schwankte er. Sein Blick suchte den von Caleb. »Helfen Sie mir«, flüsterte er.
    Die Härchen auf Calebs Armen und in seinem Nacken sträubten sich. »Was wollen Sie?«
    Wie viel hatte er gehört?
    Whittaker blinzelte hektisch. »Für den Anfang könnten Sie mir zu Ihrem Wagen helfen. Ich will nach Hause.«
    Caleb versuchte, die Lage abzuschätzen. Dies war seine Chance, noch einmal einen Blick in Whittakers Haus zu werfen. Alles, was er dafür tun musste, war, einen Mann in sein Auto zu lassen, der vielleicht von einem seelenfressenden, blutrünstigen Dämon besessen war.
    Kein Problem. Er hatte schon Mörder auf dem Rücksitz seines Streifenwagens sitzen gehabt. Er war mit anderem Bösen, das ein menschliches Gesicht trug, fertig geworden. Er hatte sogar die Wüstenhölle des Irak überlebt.
    Ohne Whittaker aus den Augen zu lassen, ging er um ihn herum zum Bordstein und schloss den Jeep auf.
    Whittaker weigerte sich, auf dem Rücksitz Platz zu nehmen. »Ich bin kein Krimineller.«
    »Mitfahrer nur auf dem Rücksitz«, sagte Caleb. »Dienstvorschrift.«
    »Sie könnten eine Ausnahme machen.«
    »Für mich hat er auch keine gemacht«, sprang Bart seinem Sohn unerwartet bei.
    Caleb hakte die Daumen in die Hosentaschen ein. »Wollen Sie mitfahren oder nicht?«
    Whittaker brummte etwas und stieg ein.
    Erleichtert schlug Caleb die hintere Wagentür zu. Dämon oder nicht, er glaubte nicht, dass der Anwalt das Metallgitter zwischen Vorder- und Rückbank überwinden konnte.
    Außerdem war Caleb bewaffnet. Whittaker nicht.
    Er war kampferprobt. Whittaker nicht.
    Er war vorbereitet – zum Henker, er
suchte
richtiggehend Streit. Und Whittaker, dieser arme Hurensohn, hatte wahrscheinlich keine Ahnung und dem Ding, das von ihm Besitz ergriffen hatte, nichts entgegenzusetzen.
    Wenn der Anwalt überhaupt besessen war.
    Caleb setzte sich hinters Steuer und ließ den Fond im Rückspiegel nicht aus den Augen. Whittaker sackte zusammen; offenbar war er zu schwach, um aufrecht zu sitzen. Sein Vater erhob sich über dem Bordstein wie der Totempfahl eines Mannes, den eine Kettensäge zurechtgestutzt hatte. Sie sahen beide krank, steif, unnatürlich aus.
    Aber noch immer menschlich.
    Caleb sah nach unten, als er den Schlüssel im Zündschloss drehte. Vielleicht tat er Whittaker Unrecht.
    Und vielleicht, dachte er grimmig, beging er gerade den größten Fehler seines Lebens.
     
    Tans Blick bohrte ein Loch in den dicken Schädel des Menschen. Wie es ihm gefallen würde, von ihm Besitz zu ergreifen. Dann würde Tan nicht mehr hinten mitfahren. O nein. Er konnte tun … Er lächelte breit. Was immer er wollte.
    Er öffnete den Mund und atmete die Geruchsmischung aus Schweiß und Alkohol ein. Kostete. Probierte.
    Der Wille des Mannes brannte wie Kupfer auf Tans Zunge, so geschmacklos und hell wie das Schwert eines Engels.
    Tan presste die Lippen aufeinander.
    Vielleicht würde er nicht gleich den einen Körper gegen den anderen austauschen. Sein derzeitiger Wirt war ihm noch immer von Nutzen. Gefügig. Tan wollte keine Energie damit verschwenden, sich einen rebellischen Wirt zu unterwerfen, wenn seine Mission erst zur Hälfte erfüllt war.
    Beide Selkies mussten tot sein und ihre Felle zerstört.
    Tan musste rasch handeln, bevor die Mer sein Tun entdeckten.
    Er erschauerte. Oder bevor die Hölle die

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