Wellenzauber
lang spürte er einen Blick auf sich ruhen, wie aus weiterFerne. Ein Gefühl berührte sein Herz, eine Sehnsucht oder …
»Cin cin!«, rief Lorella laut, und alle am Tisch stimmten mit ein.
Tagelang musste Martha auf Sina einreden, um sie zu überreden, einen weiteren Versuch zu wagen. »Lorella ist eine Schlange«, sagte sie frei heraus. »Die hat zwei und zwei zusammengezählt und will jetzt mit allen Mitteln ein Wiedersehen zwischen euch verhindern. Wenn sie Federico schon nicht haben kann, dann soll ihn auch keine andere haben.«
Kerstin, die bei dem Gespräch dabei war, tippte sich gegen die Stirn. »Bekloppt.«
»Richtig«, erwiderte Martha. »Und Sina darf nicht darauf reinfallen.«
Aber Sina fühlte sich entmutigt, und sie verbrachte ihre Zeit lieber am Strand als bei dem sinnlosen Unterfangen, der Vergangenheit hinterherzulaufen. Das Problem war nur: Jedes Mal, wenn sie im kristallklaren Meer badete, verlor sich ein kleines Stück von ihrem alten Hass auf Federico, und die leere Stelle in ihrem Innern wurde mit Liebe aufgefüllt.
11. Kapitel
»Es ist wie verhext«, sagte Sina und kaute lustlos an ihrem Frühstücksbrötchen. »Jetzt sind wir schon eine Woche auf der Insel, und ich schaffe es einfach nicht, Federico zu sehen.«
»Verhext kommt hin.« Kerstin machte sich über eine große Portion Rührei mit Speck her. Sie hatte auf Sardinien ihren gesunden Appetit wiedergefunden. »Und die Hexe hat auch einen Namen: Lorella Ward.«
Sina nickte unglücklich. »Gestern habe ich die beiden aus der Ferne gesehen. Sobald ich näher kam, hat Lorella Federico in irgendein Geschäft gedrängt. Es war mir einfach zu peinlich, hinterherzugehen. Außerdem möchte ich ihn allein wiedersehen.«
»Klar, aber dann müssen wir diese blonde Miss Sardinien wohl erst von der nächsten Steilklippe werfen.«
Sina wollte lachen, doch es kam nur ein trockenes Schluchzen aus ihrer Kehle.
Es war zum Verzweifeln. Während ihre Sehnsucht nach Federico von Tag zu Tag wuchs, ahnte er vermutlich noch nicht einmal, dass sie sich ganz in seiner Nähe befand. Und je mehr Zeit verstrich, desto verzagter wurde Sina. Was, wenn sowieso alles sinnlos ist? fragte sie sich oft. Es war doch möglich, dass Federico nichts mehr von ihr wissen wollte, dass er sie längst vergessen hatte.
Oder, schlimmer noch: Dass er sie gar nicht mehr erkennenwürde. Sina wusste nicht, was sie in dem Fall tun würde, sie ahnte nur, ihr Leben wäre danach nicht mehr dasselbe.
Martha Tommasini war da anderer Meinung. Sie behauptete nach wie vor, Federico liebe Sina noch immer.
Sina wurde aus dieser Frau nicht schlau. Kerstin, die Martha inzwischen kennengelernt hatte, ging es genauso. »Sie ist nett und ganz der mütterliche Typ. Aber sie führt etwas im Schilde«, hatte gestern Abend ihr Kommentar gelautet. Da waren die Freundinnen von einem Abendessen mit Martha zurück in die Villa Margherita gefahren.
Jetzt sah Kerstin, wie Sina plötzlich mit den Tränen kämpfte, und kam schnell wieder auf den Abend mit Martha zu sprechen. »Ihre Ansichten sind ja teilweise vorsintflutlich«, regte sie sich auf. »Von wegen, Väter haben im Kreißsaal nichts zu suchen und so.«
Sina nickte. Sie war froh über die Ablenkung. »Du kannst es ihr nicht verdenken. Martha hat den Beruf vor fast fünfzig Jahren erlernt. Damals war vieles anders. Und die Babys sind auch auf die Welt gekommen.«
Kerstin runzelte nachdenklich die Stirn. »Mag ja sein, aber bei uns in Sankt Marien wäre sie heute ein echter Dinosaurier.«
»Vergiss nicht, dass sie eine Freundin von unserem Chef ist. Zu ihrer Zeit hat sie bestimmt hervorragende Arbeit geleistet.«
Kerstin hob die Hände, wie um sich zu ergeben, was ein Kellner missverstand und sofort herbeieilte. Sie nutzte die Gelegenheit und bestellte sich ein paar Butterhörnchen und einen Obstsalat.
»An den Service könnte ich mich gewöhnen«, sagte sie mit einem zufriedenen Seufzer und lehnte sich zurück. Vorbeiwar es mit ihren Beschwerden über die steifen Bediensteten.
Sina musste sich ein Grinsen verkneifen. So schnell konnte man sich ändern.
»Ach, Kerstin, was wäre ich nur ohne dich.«
»Ein Trauerkloß, ist doch klar. Du hättest ja nie was zu lachen.«
»Stimmt. Und ich würde mich schrecklich einsam fühlen.«
»Frag mich mal! Wenn ich mir vorstelle, ich müsste mit meinem gebrochenen Herzen jetzt allein im deutschen Dauerregen sitzen … Puh! Nicht auszudenken. Dann doch lieber in der Sonne Sardiniens. Da bleibt
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