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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Neunten die besten Noten und habe ungefähr einmal pro Woche Mathe geschwänzt, wenn du dich erinnerst.« Sie lachte. »Das war eine Schwänzrate von zwanzig Prozent.«
    »Kristen ist aber nicht einfach nur eine gute Schülerin. Sie hat in allen Fächern Bestnoten, sie belegt zusätzlich mehrere Wahlfächer und ist außerdem die Redakteurin der Schülerzeitung. Sie wird nicht gleich am ersten Schultag schwänzen.«
    »Das wird sie, wenn wir die Redaktionssitzung der Schülerzeitung mitzählen«, wandte ich ein.
    »Den normalen Unterricht verlassen, um freiwillige Zusatzaufgaben zu erledigen, zählt nicht als Schwänzen«, entschied Marci. »Es wird nicht Kristen sein, und ich glaube, auch Ashley wird nicht die Erste sein. Sie ist keine Streberin, aber sie ist auch nicht besonders rebellisch. Wir suchen eine echt wilde Frau.«
    »Wie wär’s mit einem wilden Mann?«, fragte ich, als weitere Schüler hereinkamen. Unter ihnen war Rob Anders, den ich für einen Rüpel hielt, obwohl das eigentlich nicht zutraf, denn er wusste genug über mich, um Angst zu haben, aber zu wenig, um den Klugscheißer zu spielen. Er hasste mich, war aber wie die meisten Mitschüler nicht in der Lage, mir zu schaden. Natürlich war ich nicht unverwundbar, aber Rob Anders war zu feige, um weit genug zu gehen. Seine Ahnungen, was mich anging, reichten gerade aus, um sich irgendwann mal mit dem Satz Ich hab’s ja gleich gesagt in Pose zu werfen, falls jemals herauskäme, dass ich zwei Leute getötet hatte. Bis dahin war er aber einfach nur ein unbeherrschter Flegel. Selbst jetzt, da es leicht gewesen wäre, herüberzukommen und mich anzustänkern, verzichtete er darauf. Wahrscheinlich schreckte ihn vor allem Marcis Gegenwart ab. Kein Typ, der bei Verstand war, wollte vor ihr als Schwachkopf dastehen.
    Durch die offene Tür erhaschte ich einen kurzen Blick auf Max, der draußen vorbeiging – immer noch klein und pummelig, immer noch mit Brille, aber irgendwie verändert. Er ließ den Kopf hängen und schien bedrückt. Dann war er aus dem Blickfeld verschwunden.
    »Rob vielleicht?« Marci hatte bemerkt, dass ich den Mitschüler beobachtete, der an der Tür stehen geblieben war. Sie dachte kurz nach und schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Dass er dich im letzten Jahr am Lagerfeuer geschlagen hat, war total hirnrissig, und seine Mom hat ihn den Sommer über angeblich wie eine Sklaventreiberin gescheucht. Er wird sich heute einwandfrei benehmen und allen zeigen, dass er sich geändert hat. Der oder die Richtige ist noch nicht aufgetaucht.«
    »Hallo, Leute.« Brad Nielsen ließ sich direkt vor mir neben Rachel auf den Stuhl fallen. »Was läuft so?« Früher als Kinder hatten wir öfter zusammen gespielt, aber wir hatten schon seit Jahren nichts mehr gemeinsam unternommen. Er war ganz nett, doch auf einmal hasste ich ihn – sehr leidenschaftlich sogar, fast unerträglich heftig. Für wen hielt er sich eigentlich, dass er in meine Gruppe eindrang und mit meinen Mädchen redete?
    Ich holte tief Luft und zwang mich zur Ruhe. Genau deshalb hatte ich den Kontakt mit anderen gemieden. Ich wollte nicht so denken. Wie schnell war ich von Nervosität zu Eifersucht gesprungen? Eine Kleinigkeit nur – er hatte sich hingesetzt –, und schon kochte ich vor Wut. Warum konnte ich nicht ganz normale Beziehungen haben, ohne jeden, den ich traf, als Besitz oder Konkurrenten zu betrachten? Ich atmete tief durch, zählte langsam bis zehn, während er redete, und wartete, bis ich wieder ruhig war.
    »Habt ihr das von Allison gehört?«, fragte er mit ernster Miene. Die Mädchen beugten sich neugierig vor.
    »Allison Hill?«, fragte Marci.
    »Genau.« Brad wandte sich an mich. »Weißt du es auch noch nicht?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Was ist passiert?«
    »Sie hat sich umgebracht.« Brad schluckte schwer. »Sie haben sie heute Morgen gefunden – die Pulsadern aufgeschlitzt, genau wie Jenny Zeller.«
    Rachel hielt sich die Hand vor den Mund und riss die Augen weit auf, Marci öffnete fassungslos den Mund.
    »Du machst Witze«, sagte sie. »Was soll der Mist?«
    »Es kam im Radio, als ich zur Schule fuhr«, erklärte Brad.
    »Sie hat mich gestern Abend angerufen«, murmelte Rachel mit Tränen in den Augen. »Fünfmal hat sie angerufen. Sie ist mir auf den Keks gegangen. Ich hatte ja keine Ahnung!«
    Ein weiterer Selbstmord. Ich sah mich um und bemerkte erst jetzt die betroffenen Gesichter der anderen Schüler: gerunzelte Stirnen, geschürzte

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