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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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wäre ich bei der Sache. »Sie geht zu einem Ball? Cool.« Alle Opfer waren kampflos gestorben, fast immer in ihren Häusern. Also hatten sie den Killer freiwillig hereingelassen. Gewöhnlich bedeutete dies, dass die Opfer den Mörder kannten. Da es so viele Opfer waren, musste es aber einen anderen Grund geben. Offenbar benutzte Niemand eine Verkleidung, die kein Opfer als bedrohlich empfand und die anscheinend jeder sofort für glaubhaft hielt.
    »Ja, zu einem Tanzabend.« Marci betonte jedes Wort. »Dem Homecoming-Ball. Hast du schon davon gehört? Eine Tanzveranstaltung am kommenden Freitag.«
    »Oh, ach ja, Homecoming. In der Schule hängen ja überall Plakate.« Ich hatte angenommen, Niemand könne Gesicht und Körper verändern wie Crowley, doch der konnte das nur, wenn er jemanden getötet hatte. Er hatte den Opfern buchstäblich die Körper gestohlen. Der Handlanger stahl keine Körper, und die paar Körperteile, die er mitnahm, zerstörte er später. Wie verkleidete er sich?
    »Rachel geht mit Brad hin«, fuhr Marci fort, »und wir dachten, wir gehen alle zusammen, aber ich habe noch keinen Partner.«
    Das riss mich aus meinen Gedanken. »Wirklich nicht? Aber du bist doch … ich meine, dich haben doch sicher schon vor Wochen viele gefragt.«
    Marci starrte mich mit offenem Mund an, als wisse sie nicht, was sie sagen solle. Anscheinend hatte ich etwas Dummes von mir gegeben und musste versuchen, es wieder in Ordnung zu bringen.
    »Ich meine, du bist … echt lustig«, sagte ich. »Alle mögen dich, du hast mehr Freunde als jeder andere. Warum hat dich denn noch niemand eingeladen?«
    »Oh …« Jetzt wirkte auch sie ein wenig verunsichert. »Bis jetzt bin ich sogar schon fünfmal gefragt worden. Fünfmal. Ich habe immer Nein gesagt.«
    »Willst du denn nicht hingehen?«
    »Doch, ich möchte sogar sehr gern hingehen.«
    Mit großen Augen starrte ich sie an und wartete auf die Erklärung. Mädchen waren so seltsam. Sie erwiderte meinen Blick, verdrehte die Augen und betrachtete den dunkelnden Himmel. »Muss ich dir denn wirklich alles vorkauen?«
    Endlich fiel der Groschen: Sie wollte, dass ich sie einlud.
    »Ich …«
    »Ja?« Sie wandte sich wieder mir zu. »Willst du etwas sagen?«
    »Willst du …«
    »Kommt in deinem unglaublich schwerfälligen Kopf endlich etwas in Bewegung?«
    »Warte mal.«
    »Oh, und wie ich gewartet habe.«
    »Willst du wirklich …« Ich brachte den Satz nicht zu Ende.
    »Hingehen …«, half sie mir.
    »… zum Homecoming-Ball gehen?«
    »Und zwar mit …«
    »Mit mir?«
    »Erstaunlich, wie viel Hilfe du brauchst, um die paar Worte herauszubringen.«
    »Ich bin durcheinander«, gab ich zu.
    »Sieht ganz so aus. Lass es mich erklären: Erstens, ja, ich gehe gern mit dir zum Homecoming-Ball. Danke, dass du mich gefragt hast. Zweitens: Was, zum Teufel, ist dein Problem?«
    »Was?«
    »Du bist jeden Tag stundenlang hier, du magst mich offensichtlich, ich mag dich offensichtlich auch, und wir verbringen so wenig Zeit getrennt voneinander, dass du überhaupt nicht dazu kommst, eine andere einzuladen, ganz zu schweigen davon, mit einem Mädchen erst mal eine Weile zu flirten, um so eine Einladung zu ermöglichen. Wie lange hättest du eigentlich noch gewartet, wenn ich es nicht zur Sprache gebracht hätte?«
    »Ich … ich bin nicht so der Typ für Ballsäle.«
    »Also überhaupt nicht?«, fragte sie. »Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, und du hast nicht einmal daran gedacht?«
    »Es … es tut mir leid.«
    »Du bist der verrückteste Typ, der mir je begegnet ist.«
    Ich holte tief Luft. »Das ist es ja gerade«, antwortete ich. »Ich bin der verrückteste Typ, der dir je begegnet ist. Ich bin das genaue Gegenteil von dir: Du hast viele Freunde, ich habe überhaupt keine. Du bist hübsch, ich sehe seltsam aus. Du bist beliebt, interessant und witzig, und ich … ich arbeite in einer Leichenhalle. Ich bin besessen vom Tod und studiere zum Vergnügen Serienkiller. Typen wie ich gehen nicht zum Ball, und wenn doch, dann gehen wir nicht mit Mädchen wie dir dorthin.« Ich musste sicher nicht erklären, wie daneben ich tatsächlich war. Das konnten die Menschen doch erkennen, wenn sie mich nur ansahen.
    Marci schien erstaunt. »Denkst du wirklich so über dich selbst? Und über mich?«
    »Dass du schön bist?«
    »Dass ich über dir stehe und … zu gut für dich bin. Hör mal, John, wie soll ich das jetzt ausdrücken?« Sie leckte sich die Lippen. »Mädchen sind nicht

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