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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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dumm. Wir merken es, wenn ein Typ uns mag, und meistens kennen wir auch den Grund: Ja, wir wissen, dass wir attraktiv sind, und ja, wir bemerken es, wenn die Typen uns begaffen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Gespräche ich allein im letzten Monat hatte, bei denen ich auf die Stirn der Typen starren musste, weil sie die ganze Zeit meine Titten anglotzten. Und ja, ich muss zugeben, dass ich die Dinger manchmal absichtlich einsetze, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ich habe das auch bei dir versucht, aber du bist der erste Typ, bei dem das nicht funktioniert. Der Erste, der nicht einfach nur starrt.« Sie zuckte mit den Achseln und blickte zur Straße hinaus. »Du bist seit Jahren der erste Typ, der viel mehr Interesse hat, mit mir zu reden, als meinen Busen zu vermessen.«
    »Aber ich bin doch …« Wie sollte ich das erklären? »Ich halte mich einfach nur an meine Regeln. Ich versuche, dich wie eine Persönlichkeit zu behandeln. Mit Achtung.« Die Alternative hätte bedeutet, dass ich sie wie die Körper in der Leichenhalle betrachtet hätte. Wie eine Puppe, mit der ich hätte spielen können, und so etwas durfte ich auf keinen Fall denken.
    »Mit Achtung«, wiederholte sie. »Und soll ich dir was sagen – du hast keinen Schimmer, wie selten so etwas vorkommt.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, also hielt ich den Mund. Wir schwiegen, während der Sonnenuntergang den Himmel orangefarben anmalte. Schließlich ergriff ich zögernd das Wort.
    »Also … heißt das, wir hatten ein paar Dates?«
    Marci lachte laut. »Du meine Güte, du bist vielleicht ein Trottel!«
    »Na ja, woher soll ich das wissen, wenn du es mir nicht verrätst?«
    »Sogar mein Dad hat dich als meinen Freund bezeichnet, bevor er weggefahren ist. Alle glauben, dass zwischen uns was läuft. Mir ist völlig unverständlich, wie du das übersehen konntest.«
    »Oh«, sagte ich. »Dein Freund, ja?«
    Sie zog die Knie an und stützte das Kinn darauf. »Genau.«
    »Dann bist du wohl meine Freundin.«
    »So sieht’s aus.«
    Ich dachte nach. »Dann müsste ich dir einen kitschigen Kosenamen geben. Wie wäre es mit Schnucki oder Marcimaus?«
    »Ich glaube, so weit müssen wir nicht gehen.«
    »Oder Zuckerschneckchen?«
    »Wenn du mich so nennst, suche mich mir so schnell einen anderen Begleiter für den Homecoming-Ball, dass dir schwindlig wird. Vergiss nicht, dass ich schon fünf Typen abgewiesen habe.«
    »Fünf«, wiederholte ich. Warum suchte sie sich dann den Einzigen aus, der davon geträumt hatte, sie zu töten?
     
    Ich überließ es Marci, unseren Tanzabend zu organisieren, und überlegte mir inzwischen, wie ich Niemand eine Falle stellen konnte. Ich fuhr zu William Astrups Haus und kundschaftete es aus. Die Polizei hatte es noch nicht freigegeben, und in den Nachrichten war noch nichts gelaufen, deshalb stand das Haus leer, und ich konnte ungestört im Garten herumstrolchen. Vorn wuchs eine große Hecke, hinten lag der Wald, und in der Nähe des Hinterausgangs gab es zahlreiche gute Verstecke. Welches wäre das beste? Wenn Niemand nicht völlig unsichtbar war – angesichts ihres Namens gar nicht so abwegig –, würde sie in einer harmlosen Verkleidung auftauchen. Eine Pizza ausliefern? Ein Paket? Hallo, mein Auto ist kaputt, und mein Handy funktioniert hier nicht. Darf ich mal bei Ihnen telefonieren ? Was es auch war, es spielte sich vermutlich gleich am Vordereingang ab. Also musste ich dort Wache halten.
    Ich untersuchte die vordere Hecke. Wenn nötig, konnte ich mich dort stundenlang verbergen, ohne entdeckt zu werden. Hätte ich eine Waffe besessen, hätte ich mich einfach dort hinsetzen und den Erstbesten erschießen können, der mit einem großen Seesack auftauchte. Immer vorausgesetzt, eine Feuerwaffe funktionierte bei Niemand überhaupt. Bei Crowley hatten Kugeln nicht viel ausgerichtet, doch der war auch viel stärker und brutaler gewesen. Niemand war eine raffinierte Killerin, die feines Werkzeug benutzte und sich Zeit ließ. Möglicherweise war sie auch gar nicht in der Lage, die Gestalt zu verändern oder sich zu regenerieren. Auch Forman hatte das nicht gekonnt.
    Vielleicht zeigte eine Pistole bei ihr Wirkung, am besten eine Waffe mit Schalldämpfer. Ich konnte sie erschießen, ehe sie auch nur auf den Klingelknopf drückte, und schnell wieder verschwinden. Die Beweise würden verschwinden. Nichts als ein Häufchen schmieriger Asche bliebe auf der Veranda zurück. Ich konnte sie erledigen, solange mir die

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